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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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Vom Christmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0084

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157

Vom Christmarkt.

158

uns doppelt stark das Herz rührt. Alexander Zick
hat es uns auf seine Weise dargestellt und mit all
der zierlichen Anmut ausgestattet, die ihm zu Ge-
bote stand. So wird dieses dramatische Aschen-
brödel nun auch in die Salons eingeführt und dort
mit seiner unbegreiflichen Treue Staunen erwecken.
Zicks Zeichnungen unterscheiden sich von denen,
die wir schon früher von ihm sahen, durch nichts.
Das niedliche Figürcheu, welches wir vorm Jahre
als Sakuntala begrüssten, tritt ungealtert und unver-
ändert in romantisch rit-
terlicher Umgebung zu
uns; ja so sehr beherrscht
den Künstler der einmal
gewonnene Typus, dass
selbst die böseKunigunde
von Thurneck in der
gleichen Gestalt er-
scheint. Die Schilderun-
gen der Ritterkämpfe und
der pomphaften Aufzüge
sprechen für ein tüch-
tiges Konipositionstalent
des beliebten Zeichners;
die ganze Ausstattung ist
gediegen und reich, so
dass auch dieses Werk
dem modernen Salon zur
Zierde gereichen wird.

Nachdem wir nun
Zur vollen Genüge den
«aben für die Grossen das
Wort geredet, erübrigt es.
der Jugendliteratur noch
ein paar Spalten zu wid-
men, ohne deren Berück-
Slchtigung einem Christ-

marktbericht das Wich- ^^^^^^^^

t'Kste fehlen würde. NatdiUa.

111.
L. Seit unsere Künstler wissen, wie Ludwig
«chter in seinen Zeichnungen für die eigenen Kin-
der den ersten Schritt zu späterem Ruhine gethan;
Seit Meister, wie .1. r. Werner in den „Blumen-, Vogel-
Ulld Kindergeschichten". /'. Thumamn in «einem Buche
»Pur Mutter und Kind", W. Friedrich in „Unserem
a"sglück" sich wie zur eigenen Erholung und Er-
hebung in der Welt der Jugend ergingen: seitdem
' "'" rieb eine Reihe namhafter Kunstgenossen, m

GH r* * 1

zeitweilig oder für immer, diesem Gebiete zuge-
U:""11 Zu ihnen gesellt rieh heute der treffliche,

Karl Gehrts, welcher Dieffenbachs Goldenes Märchen-
buch ') mit einem vollen Hundert seiner Zeichnungen
ausgestattet hat. Den drei Abteilungen des Werkes
lässt er je ein Eingangsbild vorausgehen: Darstel-
lungen des Märchens, einer lichten Engelsgestalt,
der Sage, die sinnenden Auges in die Vorzeit schaut,
und Till Eulenspiegels, des Vertreters der lustigen
Schwanke. Die ganzseitigen Bilder mit den eigen-
artigen, fasst knorrigen Umrisslinien sind teils bunt-
farbig, teils Federzeichnungen mit darübergelegten

einfarbigen, grauen, brau-



nen oder grünen Schatten.
Manche sind umrankt von
stilisirten Tiergestalten,
Blumen- und Blattorna-
menten, in denen sich die
Gehrtssche Phantasie wie
immer äusserst fruchtbar
erweist. Recht gut gelin-
gen dem Künstler die ker-
nigen Gestalten der klas-
sischen Helden und die
runzeligen Urgreise mit
den Barbarossaphysio-
gnomien, sowie „die Rie-
sen und Drachen in Wald
und Feld"; am liebsten
aber ergeht sich sein
köstlicher Humor wieder
in der Schilderung des
Zwergenvolkes, wie es
polternd und schreiend
durch den Engpass von
Wurzeln und Gezweig
mit allem Huckepack sich
stösst und drängt oder
wie es in rührend klagen-
den Gebärden seinem
Jammer Luft macht. Dem
Herausgeber rechnen wir es zu besonderem Verdienste
an, dass er aus dem alten ewigfrischen Jungbrunnen
deutscher Märchen und Sagen wieder manches Er-
freuliche und Erquickliche zu Tage gefördert hat, was
noch nicht zu aller Auge und Ohr gedrungen ist.
Unter den jüngeren Künstlern, welche sich als
Illustratoren bereits einen Namen erworben haben,
folgt auch /•". Beut dem neuen Zuge und verwertet
seinen Griffel zur Lust und Lehre unserer Jugend.
In zwanzig Blättern, auf denen sich je zwei bis drei



Ans Kuötel, Preusseua Heer
(Glogau, Klemming).

1) Verlag von Beim
 
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