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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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Feddersen, Martin: Über polychrome Plastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0102

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.

Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HERAUSGEBER:
UND

CARL VON LUTZOW

WIEN

Heugasse 58.

ARTHUR PABST

KÖLN
Kaiser-Wilhelmsring 24.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. IL Jahrgang.

1890/91.

Nr. 11. 1. Januar.

Die Kunstclironik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Ver-
lagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse n. s. w. an

ÜBER POLYCHROME PLASTIK.

Von Martin Feddkrskn.

Die meisten Künstler, und auch das Publikum,
tollen heute noch nichts von der Bemalung der
1 lastik wissen, obgleich Aveder die Künstler und
noch viel weniger das Publikum irgend einen stich-
haltigen Grund gegen diese Bemalung angeben
können. Die Künstler haben ja allerdings insofern
einigen Grund, sich vor der Sache zu scheuen, als
8le dieselbe nicht machen können; aber mich dünkt,
es stünde ihnen besser an, gebe ihnen ein besseres
Zeugnis ihres künstlerischen Strebens, das, was sie
"eute nicht machen können, zu lernen. Bisher waren
aie alten Künstler den heutigen Vorbilder, nach denen
8le sich fleißig umgesehen haben, auf die sie auch
mitunter gescholten haben, dass sie nämlich durch
lese Vorgänger erdrückt würden, dass die Berühmt-
heit der Alten ihnen den besten Lebensnerv, den
Sinn des Volkes für die heutige Kunsi abschnitte.
eute kommt nun etwas auf in der Kunst, was man
ttmerhinein funkelnagelneues Problem nennen kann,
,nd wie stehen im großen und ganzen die Kunstler
leser Frage gegenüber? Man sollte glauben, dass sie
°h wie ein Mann begeistert für die Sache erheben
irden, denn wie gesagt, hier ist ein neues Feld,
s freilich von den Alten schon einmal besetzt war,
8 aber jetzt doch neu bearbeitet werden muss, und
sie sich demnach einmal ganz als frei Behauende
'"stier zeigen könnten. Und wie stehen sie nun
lieser Fra
Ram

halten
Hache

ra8e gegenüber? Gerade»! kindisch furcht-

wagen sie sich keinen Schritt vorwärts, EO]

Sie siel] an du Hergebrachte, aller].
8 Bedenken vorbringend. Die Farbe soll die

plastische Linie unterbrechen, soll von der Betrach-
tung der Form ablenken, die Plastik soll durch die
Bemalung an die Wachsfiguren des Panoptikums er-
innern, und schließlich wird der höchst armselige
Trumpf von dem „keuschen Marmor" ausgespielt.

Man sollte glauben, dass man zur Rechtfertigung
der farbigen Plastik nichts weiter anzuführen brauchte,
als dass die Natur, welche die Plastik doch nach-
ahmen will, nirgends farblos ist, und dass demnach
die Werke der Plastik auch unbedingt farbig sein
müssten.

Dr. Treu sagt in seinem Vortrage: „Sollen wir
unsere Statuen bemalen", der im allgemeinen sehr
gut ist und dem ich nur hie und da einiges zu ent-
gegnen habe, vollkommen richtig:

„Man denke sich einmal, unsere Tage hätten die
Kunst der Plastik neu zu erfinden; würden wir von
selbst auf eine so blasse Abstraktion von Natur
und Leben als ausschließliches Gesetz für eine leben-
dige und reiche Kunst geraten, die doch eben das
Leben nachahmen soll? Alle wirklich naiven Kunst-
epochen haben eine solche Schranke nicht gekannt
und wir sollten uns, nachdem uns dies bewusst ge-
worden, dennoch freiwillig einer solchen Regel unter-
werfen, bloß um ein Jahrhundert altes Vorurteil noch
ein Jahrhundert weiter zu schleppen?"

•Ja. wenn wir so weit wären, dann wäre ja alles
mit einem Male gut, dann würden wir gewiss ohne
weiteres die Natur so darstellen, wie wir sie sehen
wir würden gewiss nicht daran zweifeln, ein Recht
dazu zu haben, aber leider sind wir nun nicht mehr
so naiv, das Erkannte auch zu befolgen, wenn es
im Widerspruch mit dem steht, was wir bisher ge-
lernt haben. In der Plastik soll nur die reine Form
 
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