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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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221

Vermischte Nachrichten.

222

Fleury, wie der Vossischen Zeitung geschrieben wird, sein
tiefes Bedauern über die eingetretene Spaltung der Pariser
Künstlerschaft, die im Gegenteil alle Ursache habe, ein-
trächtig vorzugehen, da die künstlerische Vorherrschaft von
Paris durch München bedroht sei. Die Münchener Aus-
stellungen entwickelten sich seit vier Jahren immer mehr,
sie zögen schon 2000 Aussteller an, ihr Charakter werde
immer internationaler und Paris müsse Anstrengungen machen,
um seinen Platz zu behaupten.

—s. Monumentaler Brunnen, in Magdeburg. Der große,
von mächtigen Neubauten umgebene Platz, auf welchen die
beiden bedeutendsten Stralien Magdeburgs, der Breiteweg
und die Kaiserstraße in ihrer Vereinigung ausmünden — die
sogenannte Gabelung — ist jetzt endlich mit einem großen
monumentalen Werke versehen worden, einem prächtigen,
künstlerisch reich durchgebildeten Brunnen, dessen feierliche
Enthüllung vor einigen Tagen stattgefunden hat. Derselbe
ist ein Elirendenkmal für den vor neun Jahren verstorbenen,
uni die Entwickelung von Magdeburg und dessen Befreiung
von beengenden kleinstädtischen Fesseln hochverdienten Ober-
bürgermeister Hasselbach, dessen nächste Angehörige der
Enthüllungsfeier ebenfalls beigewohnt haben, und verdient
wegen seiner künstlerischen Komposition und trefflichen
Durchführung eine nähere Besprechung. Das Werk ist nach
der jetzt herrschenden Geschmacksrichtung in reichem Barock-
stil ausgeführt. Ein breitgegliederter, massig gehaltener
Unterbau wird von vier mächtigen, je 2 m hohen Gestalten
U1»geben, welche in feinem Sandstein ausgeführt, die In-
dustrie und den Handel, die Landwirtschaft, den Maschinen-
bau, die Kunst und Wissenschaft allegorisch darstellen. Sie
entstammen dem Meißel des Bildhauers Bergmeier in Berlin,
eines hervorragenden Schülers von Reinhold Begas, und sind
von großer Feinheit der Linienführung und sorgfältiger Aus-
führung. Eine kraftvolle bärtige Männergestalt hält die
Embleme der Maschinentechnik; ein junges schönes Mädchen
""t Blumen und Früchten repräsentirt die Landwirtschaft;
e»ie andere jugendliche weibliche Gestalt von großer sinniger
Schönheit neigt das anmutsvolle Haupt über einen mächtigen
*°lianten; mit scharf beobachtendem und erwägendem Blick
sc"aut der den Handel darstellende Jüngling in das Weite
nirgends eine unschöne Linie oder gezierte Bewegung,
jnäehtige Körper in durchaus anatomisch richtiger Behand-
"Jng, mit freiem, edlem Faltenwurf; jede Gestalt für sieb
allein bedeutend und groß, und doch sich harmonisch dem
'""zen unterordnend Zwischen denselben sind halbrunde

ecken aus dunklem Marmor angebracht, in welche Löwen-
'"llfl', welche oberhalb aus der Fläche hervortreten, ihr

" 'er Hießen lassen werden, Welch« in breiter Fläche aus
' "" Becken in das Bassin niederströmen wird. Der obere

*'' des Unterbaues ist geschmückt mit dem trefflichen
j' ""'«kteristischen Bronxerelief Basselbachs nach der von

undrjeger ausgeführten, im hiesigen Etathanse befindlichen

sto dßg Dahingeschiedenen, mit dem Reliefwappen der

, u't, dem turinbewehrten Stadtthor und der darüber stehen-

s.li" kranzhaltenden Maid; auf der anderen Seite befindet

c' die Widmungsinschrift. Auf dem Unterbau erhebt sich

eh

gedrungenen Verhüllnisten ls in hoch ein Obelisk, wel-
, ,'" '''» metallenes vergoldetes Ornament aufgesetzt worden
, ' bestimmt dazu, später elektrische! Licht über den weiten

p zu verbreiten. Das den ganzen Brunnen umgebende
^ ^Bassin vrürd dernnfiohst in einem kunstvoll ausgeführten
I,,','.'"1' seinen Abschluss erhalten. Trot« der umgebenden
,„'' "'"p'ndi-ii Bausermassen wirkt das Werk nicht Idainiich,
„^ ^'"'1 durch dieselben nicht gedruckt; es kann rielmafar
^enugtliuung konttatiri werden, dass Magdeburg um

ein schönes und bedeutendes monumentales Kunstwerk reicher
geworden ist und dass der Gabelungsplatz, welcher in Zu-
kunft Hasselbachplatz heißen wird, jetzt ein Städtebild von
großer wirkungsvoller Schönheit bietet.

S. Fünfzigstes W inckclmannsfest der archäologischen
Gesellschaft in Berlin. Am Geburtstage Winckelmanns, den
9. Dezember, beging die archäologische Gesellschaft im
großen Saale des Architektenhauses zum fünfzigsten Male
die Feier ihres Winckelmannsfestes. Der Saal war durch
die lorbeerbekränzte Büste Winckelmanns, durch drei Ab-
güsse und eine Nachbildung des betenden Knaben, durch
zwei Nachbildungen der Nike des Päonios mit Postament,
von denen die eine die früher angenommene, die andere die
jüngst erwiesene Gestaltung des letzteren veranschaulichte,
durch eine Reihe von Gipsabgüssen antiker Bildwerke, in denen
Schöpfungen des Kresilas vermutet werden, endlich durch
prächtige Photographien klassischer Ortlichkeiten von Gott-
heil in Königsberg und durch Probetafeln aus dem demnächst
erscheinenden Hefte der „Antiken Denkmäler" des deutschen
archäologischen Instituts geschmückt. Vor Beginn der Fest-
vorträge überreichte Se. Excellenz der Kultusminister Herr
r. Goßler dem ersten Vorsitzenden, Herrn Curthts, die von
Sr. Majestät verliehene große goldene Medaille für Wissen-
schaft und dem Archivar, Herrn Tn«ndelt• nlntrg, das Patent
als Professor. Darauf eröffnete Herr Curthts die Reihe der
Vorträge mit einem eingehenden Überblick über die Ent-
wickelung der archäologischen Studien von den Anfängen
eines Cyriacus und Martin Kraus an bis auf die Gegenwart,
wobei er insbesondere auch des Anteils gedachte, den die
Berliner archäologische Gesellschaft daran genommen hat
und noch nimmt. — Darauf lenkte Herr Conxe die Aufmerk-
samkeit der Versammlung auf eine neue Ergänzung des
betenden Knaben der königl. Museen, welche auf Bestellung
für Herrn van Branteghern in Brüssel unter Leitung von
Rudolf Siemering durch Herrn Bildhauer Edmund Gomansky
hier ausgeführt ist. — Herr Mammaen erinnerte daran, dass
er vor einigen Jahren auch am Winckelmannsfeste über den
römisch-germanischen Limes einen Vortrag gehalten und da-
bei es habe aussprechen müssen, dass die gehegte Hoffnung
auf einheitliche Durchforschung dieser Wallanlagen sich
zerschlagen habe. Um so mehr freue er sich, an dem heu-
tigen festlichen Tage es ankündigen zu dürfen, dass
durch erneute Bemühung insbesondere des Herrn Kultus-
ministers die fünf beteiligten Staaten sich über die Ein-
berufung einer vorberatenden Konferenz geeinigt hätten, die
in nächster Zeit in Heidelberg zusammentreten werde. Die
neuerweckte Hoffnung auf gemeinschaftliche und volle Durch-
führung der großen deutschen Arbeit werde allen Anzeichen
nach diesmal nicht täuschen. — Zum Schluss sprach Herr
Furttrtinglcr über eine Reihe von Werken, welche auf den
Künstler Kresilas zurückzuführen seien, insbesondere über
die Porträtbüste des l'erikles, die verwundete Amazone, den
Kasseler Diadunienoskopf, den sogenannten 11 unebener Dio-
medes, die Athena Velletri, die Medusa Rondanini u. a.
Alle diese Wrerke zeigen in der Bildung der Augen, der
Gliederung der Stirn, den Maßen der Köpfe, der Stilisirung
des Haare», dem Qesichtsansdrnck und der Gewandbehand-
lung so starke ObetfflTtsKrnmnngen, dass sie nur durch die
Individualität tintM Künstlers erklärt weiden können. Die
•htung der Werke bestätigt, was H. von Brunn aus
litterarischen Quellen über den Künstler bereits erkannt
hatte, einerseits in Äußerlichem seine Abhängigkeit von
I'olyklet, andererseits seine innere Verwandtschaft mit Myron.
 
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