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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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Wurzbach, Alfred von: Der Stecher W.
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5367#0226

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439

Nekrologe. — Personalnachriehten. — Sammlungen und Ausstellungen.

440

11 Kinderengeln sieht das P sehr fragwürdig aus, und
was das W der Kopie betrifft, so sind wir hier in
demselben Falle, in dem wir uns gegenüber anderen
W befinden; es ist mindestens sehr fraglich, ob es
das W des Wenzel ist.

Wir haben es also hier eher mit einem ganz
neuen Meister, dem Meister „Vielleicht", aber gewiss
nicht mit dem Meister PW zu thun, der schließlich
ein Schweizer wäre, aus dem plötzlich ein Kölner
geworden ist, der burgundische Motive behandelt
hat. Ich will nicht von der heil. Ursula (L. 57)
sprechen, einem Blatte, welches unmöglich eine
Kopie Wenzel's sein kann, aber hinter dem Origi-
nale der Goldwägerin (L. 61) und der Lautenschlä-
gerin (L. 67) den Stecher des Schweizerkrieges und
den Meister der runden Spielkarten zu suchen, ist
doch eine etwas starke Zumutung. Lehrs trägt nicht
einmal Bedenken, den Hennin, den diese beiden
letztgenannten Damen tragen, um drei Decennien
länger auf ihren Häuptern sitzen zu lassen, als dies
genau besehen möglich wäre. Als der Schweizer
PW um 1500 arbeitete, gab es speziell diese For-
men des Hennin längst nicht mehr. Violet-le-Duc,
der in derartigen Kostümfragen eine Autorität ist,
sagt ausdrücklich (III, p. 23b): „Ces hennins qui
commencent ä paraltre en 1395, persistent jusqu'en
1470" und (p. 242): „C'est de 1470 ä 1475 que les
hennins disparaissent."

Man fragt nun, wie kommt das Zeichen W auf
Stiche, die so verschieden sind, dass sie unmöglich
von einer Hand herrühren können? Bezeichnet es
verschiedene Stecher, die ihren Namen mit W be-
ginnen konnten? Möglich; wahrscheinlicher ist es
aber, dass das W nur den Verleger bezeichnet; dieser
kann der beliebte Wenzel gewesen sein, oder auch ein
anderer, aber das ist gewiss, dass aus dem Vorkom-
men des Buchstaben W auf einem Kupferstiche nicht
der Schluss gestattet ist, dass er auch von Wenzel
von Olmütz gestochen sei, welche Annahme für eine
beträchtliche Zahl der hier erwähnten 20 Blätter un-
möglich aufrecht zu halten ist. Was aber speziell
den Meister PW betrifft, so darf man nicht über-
sehen, dass der Schweizerkrieg nicht PW, sondern:

P. "P^ W. bezeichnet ist. Wer garantirt uns denn,

dass der Buchstabe W nicht ein ebenso fremd-
artiger Zusatz ist, wie der zweite Buchstabe, der aus
anderen Blättern desselben Stechers spurlos ver-
schwunden ist. Oder sollte dieser zweite Buchstabe
des Monogramms auf dem Schweizerkriege gar nichts
/.u bedeuten haben? ALFRED v. WURZBACH.

NEKROLOGE.

0 Der Oricntinaler Adolf von Meckel ist am 24. Mai
in Berlin an den Folgen eines Selbstmordversuchs, den er
einige Tage vorher unternommen, im 38. Lebensjahre
gestorben. Erst im Spätherbst vorigen Jahres war Meckel
von Karlsruhe, wo er bis dahin seinen Wohnsitz ge-
habt, nach Berlin, seiner Vaterstadt, übergesiedelt. Er
war ein Zögling der Karlsruher Kunstschule, wo er sich,
besonders unter der Leitung H. Gude's, der Landschafts-
malerei widmete. 1879 trat er zuerst mit einigen Land-
schaften nach Motiven aus Schottland in die Öffentlichkeit.
Dann kultivirte er eine Zeitlang die schweizerische Gebirgs-
landschaft und fand zuletzt seinen Schwerpunkt in der Schil-
derung der Landschaft und des Volkslebens des Orients, den
er durch mehrere Studienreisen nach Syrien, Palästina,
Ägypten und Nordafrika gründlich kennen lernte. Seine
orientalischen, zumeist reich staffirten Landschaften, Straßen-
bilder und Architekturstücke gewannen ihm schnell einen
geachteten Namen, und mit seinen Erfolgen wuchs auch
sein malerisches Können, das sich bald, sowohl in der 01-
als auch in der Aquarelltechnik, zu großer koloristischer Virtuo-
sität entfaltete. Seine Bilder aus der syrischen und ara-
bischen Wüste, die mit Arabern in weißen Burnussen belebt
waren, sind Meisterwerke in der Behandlung lichter Lokal-
töne unter der Einwirkung des glühenden Sonnenlichts. 1886
erhielt A. v. Meckel die kleine goldene Medaille der Ber-
liner Ausstellung. Auf der diesjährigen Ausstellung ist er
mit vier Bildern vertreten, die ein weiteres Fortschreiten
auf dem Wege einer maßvollen, sich eng an die Natur hal-
tenden Hellmalerei bekunden. Als Grund seines Selbstmor-
des wird verletzter Ehrgeiz angegeben. Er soll fünf Bilder
zur Ausstellung eingeschickt haben, und die Zurückweisung
des einen soll ihn so tief erbittert haben, dass er sich eine
Kugel durch die Brust schoss.

PERSONALNACHRICHTEN.

\* Sir Philipp Cimliffe Owen, der Direktor des South
Kensington Museums in London, ist, wie der „Vossischen
Zeitung" geschrieben wird, in den Ruhestand getreten. Er
gehörte ursprünglich zur englischen Marine, trat aber 1854
in den Dienst des Museums, dessen Leitung ihm 20 Jahre
lang anvertraut war. Sein Rücktritt hat zu einer Teilung
der Anstalt geführt; die Kunstabteilung ist dem Professor
Middleton aus Cambridge übertragen worden, während der
bisherige stellvertretende Direktor Generalmajor Fesliug die
Leitung der Abteilung für technische Erziehung übernom-
men hat.

%* Die Ehrenmedaille den Pariser Salons ist dem Genrc-
maler Ferdinand Roybet zuerkannt worden.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

*** Eine Ausstellung der von der großen Berliner Aus-
stellung Zurückgewiesenen soll am 3. Juni in Berlin eröffnet
werden. Wie in einer Versammlung der Zurückgewiesenen
mitgeteilt wurde, sind dazu etwa 200 Kunstwerke angemeldet
worden. Das Ausstellungskomitee besteht aus den Malern
Max Horte, Edvard Münch, Edm. Ebel, Schmidt-Herboth
und dem Bildhauer Max Klein. Von letzterem ist ein Modell

' zum Kaiser Wilhelm-Denkmal für Stuttgart, das von der
Jury prämiirt und zur Ausführung empfohlen worden ist,
von Max Horte seine große Radirung nach der Sixtinischen

i Madonna zurückgewiesen worden.
 
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