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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.5367#0228

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Vereine und Gesellschaften. — Ausgrabungen und Funde. — Vermischtes.

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pool, die auf der Ausstellung zum Vergleich neben dem
Benson'schen Bilde hängt. Darüber, ob beide Bilder
von einer Hand herrühren, ist die Kritik hoffnungslos ge-
teilt. Mr. Benson's Bild stammt direkt aus derjenigen Fa-
milie in Cortona, für welche „Lucas Cortonensis" es gemalt
hat. Ebenso befand sich auf der Ausstellung eine Wieder-
holung und Variation des Bildes aus der Brera in Mailand,
welches teils an Botticelli, teils an Michelangelo erinnert.
Sehr interessant ist Mr. Mond's Freskobild, jetzt auf Lein-
wand übertragen, welches das Gegenstück zu dem in der
National Gallery befindlichen „Triumph der Keuschheit"
bildet. „Coriolanus" war früher in der Lepland-Samm-
lung und ursprünglich zu einer Serie von vier Fresken ge-
hörig, welche 1509 für den l'andolfo Petrucci-Palast in Siena
angefertigt worden waren. Aber nichts giebt uns eine bessere
Idee von dem Vorgänger Michelangelo's und von der Er-
habenheit und Stärke seines Stils, als die von Herrn Becke-
rath in Berlin geliehene Zeichnung, die noch schöner ist
als der Herkules und Antäus der Königin Viktoria. rj

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN.

\* Die Vertreter der Vereine für deutsches Kunstgewerbe
haben am 19. Mai in Weimar ihren 0. Delegirtentag abge-
halten. Vertreten waren u. a. die Kunstgewerbevereine von
Berlin, Braunschweig, Breslau, Dresden, Halle, Hamburg,
Karlsruhe, Magdeburg, Leipzig, München, Oldenburg, Stutt-
gart. Aus den Verhandlungen ist hervorzuheben, dass in
Bezug auf die früher bereits angeregte Revision der Muster-
schutzgesetzgebung beschlossen wurde, zunächst noch wei-
teres Material zu sammeln. Zu geeigneter Verwertung soll
auch dem Vorort Material übermittelt werden, betreffend
das geschäftliche Verfahren der Reichsbehörden in Bezug
auf die Ausstellung in Chicago; aus Verbandskreisen waren
in dieser Beziehung mancherlei Klagen laut geworden.
Femer wurde beschlossen, dahin zu wirken, dass seitens der
deutschen Kunstgewerbemuseen nicht nur Altertümer, son-
dern auch hervorragende Arbeiten der Gegenwart angekauft
würden. Von einer Petition an den Reichskanzler um Be-
rücksichtigung auch anderer Städte als Berlin bei Vergebung
von kunstgewerblichen Arbeiten wurde Abstand genommen.
Der Berliner Ausstellung beschloss man die lebhafteste Unter-
stützung zu gewähren, unter der Voraussetzung, dass die
Kunstgewerbeausstellung einen nationalen Charakter erhalte.
Zum Vorort wurde Dresden und der Dresdener Kunstverein
erwählt.

AUSGRABUNGEN UND FUNDE.

*M* Von den Ausyralmngcn XU Delphi. Nach dem Be-
richt des Ephoren, der die griechische Regierung bei den
französischen Ausgrabungen in Delphi vertritt, ist ein fast
vollkommen erhaltener, kolossaler Marmorkopf jüngst ent-
deckt worden. Augenscheinlich gehörte er einer riesigen
Apollo-Statue an. Das Haar ist mit einem Bande aufge-
bunden. Ferner ist eine Metope gefunden worden, welche
vom Schatzhaus der Athener in Delphi herrührt. Sie stellt
einen Stierkampf dar. Auch sind 20 konsularische Votiv-
tafeln ans Licht gefördert worden, deren Inschriften sich
auf die Befreiung der Sklaven beziehen.

*** Vier hervorragende Gemälde des Anttccrpcncr Meislers
Caspar de Craycr sind vor etwa acht Monaten in der Kirche
des Brabanter Dorfes Opwyck in einem völlig verwahrlosten
Zustande aufgefunden worden. Der Kunstminister betraute
den Sachverständigen der Brüsseler königlichen Museen,

Herrn Louis Lampe, mit ihrer Wiederherstellung. Diese
Arbeit ist, wie jetzt der „Vossischen Zeitung" geschrieben
wird, trefflich gelungen. Die geretteten vier Gemälde stellen
dar: die Heiligen Laurentius, Sebastian, Paulus, Petrus und
Katharina huldigen der Jungfrau; Huldigung vor dem hei-
ligen Nikolaus; die Bekehrung des Paulus und die Taufe
Christi. Es schweben Verhandlungen, um diese Gemälde
dem Brüsseler Museum zu erhalten.

VERMISCHTES.

H. A. L. Aus der im März veröffentlichten Mitteilung
über die Tiedge-Stiftung in Dresden geht hervor, dass sich
das Vermögen der Stiftung am Schlüsse des Jahres 1892
auf G63800 Mark belief. Von den Zinsen dieses Kapitals
wurde ein Teil als Abschlagszahlung für den Bildhauer
Bruno Fischer verwendet, der im Auftrage des Direktoriums
ein Standbild der Gerechtigkeit für den Brunnen auf dem
Holbeinplatz zu Dresden modellirt hat, dessen Modell bereits
an die Erzgießerei von C. A. Bierling in Dresden zum Bronze-
guss abgeliefert worden ist. Demselben Bildhauer sind von
dem Stiftungskomitee noch zwei weitere für denselben
Brunnen bestimmte Figuren, welche die Schuld und die Un-
schuld darstellen sollen, sowie der figurale Schmuck für das
Postament zur Modellirung in Auftrag gegeben worden.
Außerdem leistete das Stiftungskomitee noch eine zweite
Abschlagszahlung an den Landschaftsmaler Rudolph Schuster
in Dresden, bei dem ein größeres Ölgemälde für die Stiftung
bestellt worden ist. An Ehrengeschenken oder Unterstützun-
gen sind im Jahre 1892 16650 M. verausgabt worden. Davon
entfallen 1500 M. an Maler und 8250 M. an Hinterlassene
von Malern, 300 M. an Kupferstecher und 2400 M. an Hinter-
lassene von Kupferstechern und 900 M. an Hinterlassene von
Bildhauern. Die übrigen Summen kamen Dichtern und
Schriftstellern beziehentlich ihren Hinterlassenen, sowie
Hinterlassenen von Musikern zu gute.

Schweixer Parlamentsgebäude. Man schreibt der „N. fr.
Presse" aus Bern: Der schweizerische Nationalrat hat den
Bau eines schweizerischen Parlamentsgebäudes beschlossen
und dafür einen Kredit von sechseinhalb Millionen Frank
bewilligt. Das Gebäude kommt zwischen die beiden Bundes-
ratshäuser an der Stelle zu stehen, wo jetzt das Bemer
Kasino sich befindet. Den meisten nach Bern kom-
menden Fremden ist das Kasino bekannt; genießt man
ja doch von dessen Garten einen prächtigen Ausblick
auf den Schneekranz der Berner Hochalpen. Die Verbauung
gerade dieses Platzes thut daher manchem Berner weh.
Ersatz ist aber in dem an Aussichtspunkten reichen Bern
leicht zu schaffen. Professor Hans Auer hat die Pläne ent-
worfen, wie er auch den Bau des neuen Bundesratshauses
nach seinen Plänen leitete. Das Parlamentsgebäude erscheint
als dominirender Mittelbau der beiden symmetrisch ange-
legten Verwaltungsgebäude. Es wird mit den letzteren durch
Galerieen verbunden sein. Im Parlamentsgebäude werden
die beiden Sitzungssäle so angelegt, dass der Nationalrats-
saal gegen Süden, der Ständeratssaal gegen Norden und
zwischen beiden die Haupttreppe liegen wird. Im gegen-
wärtigen Nationalratssaal sind die Journalisten möglichst
schlecht untergebracht. Der betreffende Platz stellt eher
einen Käfig als eine Loge dar. Dazu ist es in diesem Journa-
listenraum so dunkel, dass man ihn beim hellen Tag künst-
lich erleuchten muss. Viele Redner werden daselbst nur halb
oder gar nicht verstanden. Im Gegensatze hierzu sind im
neuen Parlamentsgebäude zweckmäßige Räume für die Be-
richterstatter vorgesehen. Der Stil des Parlamentsgebäudes
 
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