43
Literatur
44
Chateauneuf, über A. M. Chatillon, der nicht 1780 starb,
sondern erst am 7. 12. 1782 geboren wurde, über Oaetano
Chiaveri (nicht Chiavarü), über dessen Leben schon der
alte Nagler viel besser orientiert. Jacob van Kampen ist
nicht 1600, sondern am 2. 2. 1595 geboren; der 1660 (nicht
1680) geb. Charles Etienne Briseux ist in zwei Persönlich-
keiten zerlegt, und was der Irrtümer mehr sind. Eine
methodische Ausnützung der bekannten Architektenlexika
von Lance und Bauchal für die französischen Namen, des
Wurzbachschen Künstlerlexikons für die Niederländer und
eine gründliche Heranziehung des alten Nagler für die
Deutschen hätten dieses Künstlerverzeichnis wesentlich
wertvoller gestaltet. Die Ausstattung des Buches ist vor-
züglich, die Klischees fast durchweg tadellos.
Hans Vollmer.
Hans Eggimann, Radierungen, 2. Serie. (Bern, Verlag
von A. Francke, 1911.) Fol. In Mappe.
Seit dem Erscheinen der ersten Serie vor einem Jahre,
die in der »Kunstchronik«; N. F. XXII, Nr. 11 ausführlich
behandelt wurde, hat der 1872 in Bern geborene Künstler
zweifellos noch weitere Fortschritte gemacht. Auch diese
neuen zwölf Arbeiten zeigen wieder die starke Eigenart
Eggimanns, der es nicht nötig hat, andere zu imitieren oder
Anleihen zu machen. Er beherrscht auch hier alle Aus-
drucksmittel der Radiertechnik. Besonders gut gelungen
sind die Aquatinta-Blätter, in denen eine außergewöhnlich
feine Wirkung von Licht und Schatten erzielt wird. Diese
zwölf Radierungen vereinigen wieder technisches Können,
Originalität der Erfindung und jenes eigenartige Gemisch
von Naturalismus und Humor, das Eggimanns Arbeiten
so anziehend gestaltet. Die Blätter »Nörgler« und »Liebes-
lied« sind zwei Schöpfungen, die auch dem Architekten
Eggimann alle Ehre machen. Hier merkt man, daß der
Künstler ursprünglich Architektur studiert hat, ehe er sich
auch der Radierung zuwandte, die ihm besondere Freude
macht. Namentlich die erste der beiden genannten ist
eine großzügig durchgeführte Arbeit, in der der gewaltige
Denkmalbau einen scharfen Kontrast zu den mißgünstigen
Gestalten bildet, die an ihm herumnörgeln. Bei der Über-
schwemmung des Kunstmarktes mit Radierungen heute
müssen Blätter, die etwas zu sagen haben, willkommen
sein. s.-b.
Salomon Reinach, Allgemeine Kunstgeschichte. Leipzig,
Verlag von Veit & Comp.
Corrado Ricci, Geschichte der Kunst in Norditalien.
Sir Walter Armstrong, Geschichte der Kunst in Groß-
britannien und Irland. 2 Bände. Julius Hoffmann, Stuttgart.
Die Vorträge, die Salomon Reinach in der Ecole du
Louvre über die allgemeine Kunstgeschichte gehalten hat,
und die unter dem Titel Apollon als ein kleines Handbuch
mit über 600 kleinen Abbildungen erschienen sind, haben
bei dem französischen Publikum einen so großen Erfolg
gehabt, daß eine Übersetzung in das Deutsche unausbleib-
lich war. Das Buch des geschicktesten Verfassers von
Kompendien und Repertorien antiker Kunst zeichnet sich
in der Tat durch große Übersichtlichkeit, weiten Blick und
gute bibliographische Nachweise aus. Seine die gesamte
Kunstentwicklung von den prähistorischen Kunstanfängen
bis zur unmittelbaren Gegenwart in 24 Kapiteln behandelnde
Übersicht berücksichtigt alle wichtigeren Erscheinungen,
hebt aber namentlich die Antike und die italienische Renais-
sance auführlicher hervor. Der Norden wird mit starker
Betonung Frankreichs und einer etwas hochmütigen Ab-
fertigung Deutschlands behandelt, wie denn die Versuche
einer selbständigen germanischen Kunstempfindung, deren
Kampf mit dem antikischen Einfluß so interessant ist, recht
stiefmütterlich behandelt sind. Aber diese Ausstellungen
sollen den Wert des Buches als Ganzes nicht schmälern,
denn es orientiert gut und liest sich auch in der Über-
setzung glatt und angenehm. Die Sorgfalt, mit der Reinach
die Bibliographie verzeichnet hat, verpflichtete in der deut-
schen Ausgabe zu einer Revision, die auch die neuesten
Erscheinungen gewissenhaft hätte beifügen können. Aus-
stattung und Druck der vielen kleinen Abbildungen sind
auf der Höhe des Pariser Vorbildes.
Der Erfolg dieses Reinachschen Büchleins hat eine
ganze Reihe von Kunstgeschichten im gleichen Format und
in ähnlich reicher Ausstattung mit vielen Abbildungen
hervorgerufen. Unter der Devise »Ars una, species mille«
erschienen zugleich auf deutsch, englisch, französisch, ita-
lienisch und spanisch zwei geschmackvolle Bände über die
Geschichte der Kunst in Norditalien und über die Ge-
schichte der Kunst in Großbritannien und Irland. Noch
14 Bände über alle wichtigen Gebiete europäischer, orien-
talischer und selbst nordamerikanischer Kunst sind in Vor-
bereitung. Das Verleger-Konsortium, das diese Weltge-
schichte der Kunst in nuce unternommen hat — William
Heinemann in London,Charles Scribners Sons in New York,
Hachette et Cie. in Paris, das Istituto Italiano d'Arti Gra-
fiche in Bergamo, die Libreria Gutenberg de Jose Ruiz in
Madrid und endlich Julius Hoffmann in Stuttgart — ist be-
müht gewesen, die Konfektion der einzelnen Bände mög-
lichst bewährten und berühmten Autoren zu übertragen
und die deutschen Übersetzer haben sich alle Mühe ge-
geben, den verschiedenen Autoren gerecht zu werden. Das
ist bei einem begeisterten Schilderer italienischer Kunst, wie
es Corrado Ricci ist, gewiß nicht immer leicht gewesen.
Der Generaldirektor der Altertümer und schönen Künste
in Rom hat für seine Darstellung der Kunstgeschichte Nord-
Italiens eine im wesentlichen topographische Anordnung be-
liebt, so daß die Venezianer Kunst von den Anfängen
bis ins 19. Jahrhundert, dann die Mailänder und lombardi-
sche Schule wieder vom Anfang bis zu Segantini behandelt
wird. Für die schnelle Orientierung bietet diese Grup-
pierung unstreitig große Vorteile, wogegen das Bild einer
organischen Kunstentwicklung, die nach und nach alle Land-
schaften ergreift, nur schwer erfaßt werden kann. Die
Überfülle des Stoffes war nicht leicht zu meistern, vielleicht
sind der erwähnten Künstler dritten und vierten Ranges
ein wenig zu viel. Sehr dankenswert sind die Bibliogra-
phien, die den einzelnen Kapiteln angehängt sind.
Der Bearbeiter der Kunst in Großbritannien und Ir-
land Sir Walter Armstrong hat sich durch den Überblick,
den er über die uns leider noch viel zu fremde Entwick-
lung der bildenden Künste in England gibt, ein Verdienst
erworben. Er weiß das spezifisch Englische in der Kunst-
entwicklung gut hervorzuheben und ist glücklich und präg-
nant in der Charakteristik der großen Erscheinungen. Er
behandelt auch das Kunstgewerbe und Gebiete wie die
Miniaturmalerei und die graphischen Künste. Sorgfältige
bibliographische Nachweise hat auch er den einzelnen Ka-
piteln angefügt.
Beide Bücher sind überaus reich und gut illustriert. Die
Autotypien — im italienischen Band 770, im englischen 600
— sind gut gedruckt. Zum besonderen Schmuck sind jedem
der Bände noch je vier farbige Reproduktionen beigefügt.
So ist mit diesen kompendiösen Kunstgeschichten ein guter
Anfang gemacht worden. r. a.
Arthur Kauffmann, Giocondo Albertolli. Straßburg, Heilz,
Mark 6.50.
Die Zeit, die wieder Freude am Ornament haben wird,
halte ich für nicht allzufern. Die absolute Reinigung unserer
Ingenieurarchitekturbauten von jeglichem Schmuck, wie das
von einem kleinen Häuflein Wiener Architekten unter dem
Literatur
44
Chateauneuf, über A. M. Chatillon, der nicht 1780 starb,
sondern erst am 7. 12. 1782 geboren wurde, über Oaetano
Chiaveri (nicht Chiavarü), über dessen Leben schon der
alte Nagler viel besser orientiert. Jacob van Kampen ist
nicht 1600, sondern am 2. 2. 1595 geboren; der 1660 (nicht
1680) geb. Charles Etienne Briseux ist in zwei Persönlich-
keiten zerlegt, und was der Irrtümer mehr sind. Eine
methodische Ausnützung der bekannten Architektenlexika
von Lance und Bauchal für die französischen Namen, des
Wurzbachschen Künstlerlexikons für die Niederländer und
eine gründliche Heranziehung des alten Nagler für die
Deutschen hätten dieses Künstlerverzeichnis wesentlich
wertvoller gestaltet. Die Ausstattung des Buches ist vor-
züglich, die Klischees fast durchweg tadellos.
Hans Vollmer.
Hans Eggimann, Radierungen, 2. Serie. (Bern, Verlag
von A. Francke, 1911.) Fol. In Mappe.
Seit dem Erscheinen der ersten Serie vor einem Jahre,
die in der »Kunstchronik«; N. F. XXII, Nr. 11 ausführlich
behandelt wurde, hat der 1872 in Bern geborene Künstler
zweifellos noch weitere Fortschritte gemacht. Auch diese
neuen zwölf Arbeiten zeigen wieder die starke Eigenart
Eggimanns, der es nicht nötig hat, andere zu imitieren oder
Anleihen zu machen. Er beherrscht auch hier alle Aus-
drucksmittel der Radiertechnik. Besonders gut gelungen
sind die Aquatinta-Blätter, in denen eine außergewöhnlich
feine Wirkung von Licht und Schatten erzielt wird. Diese
zwölf Radierungen vereinigen wieder technisches Können,
Originalität der Erfindung und jenes eigenartige Gemisch
von Naturalismus und Humor, das Eggimanns Arbeiten
so anziehend gestaltet. Die Blätter »Nörgler« und »Liebes-
lied« sind zwei Schöpfungen, die auch dem Architekten
Eggimann alle Ehre machen. Hier merkt man, daß der
Künstler ursprünglich Architektur studiert hat, ehe er sich
auch der Radierung zuwandte, die ihm besondere Freude
macht. Namentlich die erste der beiden genannten ist
eine großzügig durchgeführte Arbeit, in der der gewaltige
Denkmalbau einen scharfen Kontrast zu den mißgünstigen
Gestalten bildet, die an ihm herumnörgeln. Bei der Über-
schwemmung des Kunstmarktes mit Radierungen heute
müssen Blätter, die etwas zu sagen haben, willkommen
sein. s.-b.
Salomon Reinach, Allgemeine Kunstgeschichte. Leipzig,
Verlag von Veit & Comp.
Corrado Ricci, Geschichte der Kunst in Norditalien.
Sir Walter Armstrong, Geschichte der Kunst in Groß-
britannien und Irland. 2 Bände. Julius Hoffmann, Stuttgart.
Die Vorträge, die Salomon Reinach in der Ecole du
Louvre über die allgemeine Kunstgeschichte gehalten hat,
und die unter dem Titel Apollon als ein kleines Handbuch
mit über 600 kleinen Abbildungen erschienen sind, haben
bei dem französischen Publikum einen so großen Erfolg
gehabt, daß eine Übersetzung in das Deutsche unausbleib-
lich war. Das Buch des geschicktesten Verfassers von
Kompendien und Repertorien antiker Kunst zeichnet sich
in der Tat durch große Übersichtlichkeit, weiten Blick und
gute bibliographische Nachweise aus. Seine die gesamte
Kunstentwicklung von den prähistorischen Kunstanfängen
bis zur unmittelbaren Gegenwart in 24 Kapiteln behandelnde
Übersicht berücksichtigt alle wichtigeren Erscheinungen,
hebt aber namentlich die Antike und die italienische Renais-
sance auführlicher hervor. Der Norden wird mit starker
Betonung Frankreichs und einer etwas hochmütigen Ab-
fertigung Deutschlands behandelt, wie denn die Versuche
einer selbständigen germanischen Kunstempfindung, deren
Kampf mit dem antikischen Einfluß so interessant ist, recht
stiefmütterlich behandelt sind. Aber diese Ausstellungen
sollen den Wert des Buches als Ganzes nicht schmälern,
denn es orientiert gut und liest sich auch in der Über-
setzung glatt und angenehm. Die Sorgfalt, mit der Reinach
die Bibliographie verzeichnet hat, verpflichtete in der deut-
schen Ausgabe zu einer Revision, die auch die neuesten
Erscheinungen gewissenhaft hätte beifügen können. Aus-
stattung und Druck der vielen kleinen Abbildungen sind
auf der Höhe des Pariser Vorbildes.
Der Erfolg dieses Reinachschen Büchleins hat eine
ganze Reihe von Kunstgeschichten im gleichen Format und
in ähnlich reicher Ausstattung mit vielen Abbildungen
hervorgerufen. Unter der Devise »Ars una, species mille«
erschienen zugleich auf deutsch, englisch, französisch, ita-
lienisch und spanisch zwei geschmackvolle Bände über die
Geschichte der Kunst in Norditalien und über die Ge-
schichte der Kunst in Großbritannien und Irland. Noch
14 Bände über alle wichtigen Gebiete europäischer, orien-
talischer und selbst nordamerikanischer Kunst sind in Vor-
bereitung. Das Verleger-Konsortium, das diese Weltge-
schichte der Kunst in nuce unternommen hat — William
Heinemann in London,Charles Scribners Sons in New York,
Hachette et Cie. in Paris, das Istituto Italiano d'Arti Gra-
fiche in Bergamo, die Libreria Gutenberg de Jose Ruiz in
Madrid und endlich Julius Hoffmann in Stuttgart — ist be-
müht gewesen, die Konfektion der einzelnen Bände mög-
lichst bewährten und berühmten Autoren zu übertragen
und die deutschen Übersetzer haben sich alle Mühe ge-
geben, den verschiedenen Autoren gerecht zu werden. Das
ist bei einem begeisterten Schilderer italienischer Kunst, wie
es Corrado Ricci ist, gewiß nicht immer leicht gewesen.
Der Generaldirektor der Altertümer und schönen Künste
in Rom hat für seine Darstellung der Kunstgeschichte Nord-
Italiens eine im wesentlichen topographische Anordnung be-
liebt, so daß die Venezianer Kunst von den Anfängen
bis ins 19. Jahrhundert, dann die Mailänder und lombardi-
sche Schule wieder vom Anfang bis zu Segantini behandelt
wird. Für die schnelle Orientierung bietet diese Grup-
pierung unstreitig große Vorteile, wogegen das Bild einer
organischen Kunstentwicklung, die nach und nach alle Land-
schaften ergreift, nur schwer erfaßt werden kann. Die
Überfülle des Stoffes war nicht leicht zu meistern, vielleicht
sind der erwähnten Künstler dritten und vierten Ranges
ein wenig zu viel. Sehr dankenswert sind die Bibliogra-
phien, die den einzelnen Kapiteln angehängt sind.
Der Bearbeiter der Kunst in Großbritannien und Ir-
land Sir Walter Armstrong hat sich durch den Überblick,
den er über die uns leider noch viel zu fremde Entwick-
lung der bildenden Künste in England gibt, ein Verdienst
erworben. Er weiß das spezifisch Englische in der Kunst-
entwicklung gut hervorzuheben und ist glücklich und präg-
nant in der Charakteristik der großen Erscheinungen. Er
behandelt auch das Kunstgewerbe und Gebiete wie die
Miniaturmalerei und die graphischen Künste. Sorgfältige
bibliographische Nachweise hat auch er den einzelnen Ka-
piteln angefügt.
Beide Bücher sind überaus reich und gut illustriert. Die
Autotypien — im italienischen Band 770, im englischen 600
— sind gut gedruckt. Zum besonderen Schmuck sind jedem
der Bände noch je vier farbige Reproduktionen beigefügt.
So ist mit diesen kompendiösen Kunstgeschichten ein guter
Anfang gemacht worden. r. a.
Arthur Kauffmann, Giocondo Albertolli. Straßburg, Heilz,
Mark 6.50.
Die Zeit, die wieder Freude am Ornament haben wird,
halte ich für nicht allzufern. Die absolute Reinigung unserer
Ingenieurarchitekturbauten von jeglichem Schmuck, wie das
von einem kleinen Häuflein Wiener Architekten unter dem