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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Der Kampf um das neue Berliner Opernhaus
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0167

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3ii

Nekrologe — Personalien

312

schaft Gelegenheit zu geben, sich über die Resultate des
Wettbewerbs zu äußern. Es ist nun an der Öffentlichkeit,
ihre Pflicht zu tun und die Zwischenzeit zu nutzen.

M. o.

NEKROLOGE

+ München. Akademieprofessor Otto Seitz, ein An-
gehöriger der zahlreichen Münchener Künstlerfamilie dieses
Namens ist in der Nacht vom 12. auf 13. März im Alter
von fast 66 Jahren hier verschieden. Er war 1846 als Sohn
des Kupferstechers Max Joseph Seitz in München geboren
worden, hatte die hiesige Akademie als Schüler Pilotys
besucht und mit seinem Erstlingswerk, dem Historienbild
»Maria Stuart und der Sänger Rizzio« (1869) ziemliches
Aufsehen erregt. Es folgten weitere Historien- und Ko-
stümbilder, auch Gemälde mythologischen Inhalts und
Genrebilder, die ganz auf den großen Niederländern Teniers
und Ostade basierten. Im großen ganzen hat Seitz ziemlich
wenig geschaffen, jedenfalls nicht viel in die Öffentlichkeit
kommen lassen. Schon mit 27 Jahren (1873) war er als
Lehrer an die Münchener Akademie berufen worden, wo-
durch seine eigene künstlerische Tätigkeit offenbar stark
absorbiert wurde. Als geschickter Zeichner war er weiteren
Kreisen durch einen Totentanzzyklus bekannt, dessen Haupt-
blätter in den ersten Jahrgängen der Münchener Jugend
der Allgemeinheit übermittelt wurden. Vielleicht wird uns
eine Gedächtnisausstellung seiner Werke Gelegenheit geben,
uns eingehender mit seiner Kunst zu beschäftigen.

Straßburg. Ein angesehenes Mitglied der elsaß-loth-
ringischen Künstlerschaft ist mit dem kürzlich in Paris
verstorbenen Architekten und Maler Fernand de Dartein
aus dem Leben geschieden. Künstlerisch beschäftigte sich
der Verstorbene mit Aquarellen, denen eine liebevoll ein-
gehende Behandlung nachzurühmen ist. Als Architekt hat
es Dartein in Paris zu hohen Ehren gebracht; er war
General-Inspektor des Brücken- und Straßenbaus, Ehren-
professor der polytechnischen Lehranstalt, Mitglied der
Akademien der bildenden Künste in Mailand, Bologna und
Turin und korrespondierendes Mitglied des Royal Institute
in London.

PERSONALIEN

Der Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der Universität
Halle ist nunmehr neu besetzt worden: Dr. Wilhelm
Waetzoldt ist nach Halle berufen worden. Waet-
zoldt bekleidete nach Labans Tod das Amt eines Biblio-
thekars der Kgl. Museen in Berlin und war außerdem im
Ministerium tätig. Vorher war er eine Zeitlang Assistent
des Herrn Professor Warburg in Hamburg. Er hat sich
bekannt gemacht durch sein vorzügliches und kluges Buch
»Die Kunst des Porträts«. Es erschienen ferner von ihm
als selbständige Publikationen »Das Kunstwerk als Orga-
nismus« und »Kunstbetrachtung. Einführung in das Ver-
ständnis der bildenden Künste«. Wilhelm Waetzoldt gilt
als einer der tüchtigsten unter den jungen Kunsthistorikern;
er ist 32 Jahre alt.

Joseph Strzygowski hat am 7. März sein fünfzigstes
Lebensjahr beschlossen und konnte zugleich auf sein fünf-
zigstes Lehrsemester zurückblicken. Nicht ohne ein leises
Erstaunen wird sich der Fachgenosse, der seine Wege
verfolgt hat, dessen bewußt. Ist dieser Fünfzigjährige doch
auf seinem eigensten Forschungsgebiet noch immer der
vorderste Stürmer und Dränger. Der Mitstrebende fühlt
in solchem Augenblicke den lebhaftesten Trieb zu aner-
kennender Zustimmung. Man braucht sich nicht zu ver-
hehlen, daß von dem reichen Ertrag seiner Lebensarbeit, be-

sonders von Strzygowskis jüngsten, an das M'schatta-Problem
anknüpfenden Forschungen zur frühislamischen Kunst, noch
manches Ergebnis schwankend dasteht, daß ihm wie einem
jeden auch früher einzelne Fehlgriffe nicht erspart ge-
blieben sind, — aber man darf darum nicht verkennen,
wieviel die Geschichte dieser bis dahin noch so unge-
klärten Stilbildung und vollends die der altchristlichen und
mittelalterlichen Kunstentwicklung ihm zu verdanken hat.
Unter den heute wirkenden Hochschullehrern der Kunst-
geschichte zählt Strzygowski zu den wenigen führenden
Persönlichkeiten. Auf diesen Gebieten besaß die deutsche
Wissenschaft überhaupt noch keine, die auch im Auslande
als solche gelten konnte, ja nur einzelne tüchtige Vertreter.
Solche Anerkennung fordert die Tatsache, daß durch
Strzygowski die altchristliche und die islamische Kunst-
forschung, wenigstens in Deutschland, in ganz neue Bahnen
geleitet worden ist. Seiner Richtung folgen bereits alle
Freiblickenden unter den altchristlichen Archäologen ohne
Unterschied der Konfession. Alte Gegensätze beginnen
sich dank den von ihm eröffneten Gesichtspunkten aus-
zugleichen.

»Orient oder Rom« (Leipzig 1901), an der Schwelle
des neuen Jahrhunderts erschienen und seit Jahren im Buch-
handel vergriffen, wird jederzeit in der Geschichte der
Kunstwissenschaft seinen Platz unter den Werken be-
haupten, welche eine neue Wendung bezeichnen. In
diesem Weckruf sprach Strzygowski zuerst mit voller Ent-
schiedenheit die grundlegende Erkenntnis aus, daß in der
altchristlichen Kunstentwickelung die Anfänge und alle
entscheidenden Fortschritte dem hellenistischen Osten ent-
springen, nachdem er schon in den »Byzantinischen Denk-
mälern« (1892/97, I/II) die schöpferische Bedeutung des-
selben für die altbyzantinische Baukunst und für gewisse
Denkmälerklassen wie die Miniaturmalerei und Elfenbein-
plastik nachgewiesen hatte. Noch heute hat keine einzige
von den aus lebendigstem geschichtlichen Verständnis jedes
Kunstwerks hervorsprudelnden Einzeluntersuchungen, aus
denen sich »Orient oder Rom« zusammensetzt, ihre Rich-
tung weisende und anregende Kraft verloren, ihre Ergeb-
nisse haben vielmehr zum guten Teil bereits den Cha-
rakter bleibender wissenschaftlicher Erkenntnis gewonnen.
Auf dem sich neu eröffnenden Felde der Koptischen Kunst
setzte Strzygowski kritische Klarheit an Stelle der geist-
reichen, aber etwas dilettantenhaften Vorarbeiten der ersten
Pfadfinder durch die mustergültige Bearbeitung der Kop-
tischen Sammlung des »Cat. general du Musee du Caire«
(1904), dem die lichtvolle Sonderung der hier zusammen-
wirkenden Faktoren: Hellenistische und Koptische Kunst
in Alexandria« (Bull, de la Soc. archeol. d'Al. V, 1902),
vorausgegangen war, eine Untersuchung, welche zugleich
die Lösung des alten Rätsels der Aachener Kanzelreliefs
gebracht hatte. »Kleinasien, ein Neuland der Kunstge-
schichte« (Leipzig 1904), wies trotz der etwas subjektiv
gefärbten Deutung mancher Entwickelungszusammenhänge
an einem aus älteren und neuesten Denkmälerforschungen
zusammengetragenen Material überzeugend nach, daß die
altchristliche Architektur auf dem Boden Vorderasiens
teils aus griechisch-hellenistischer, teils aus syrischer
Wurzel eine die Bautätigkeit des Abendlandes an Reich-
tum der Typen und Entwickelungsstufen weit hinter sich
lassende Entfaltung gewonnen hat, und gab den An-
stoß zu wiederholten Aufnahmearbeiten des letzten Jahr-
fünfts in ganz Kleinasien bis hinauf nach Mesopotamien.
Für Byzanz selbst, das Strzygowski bei fortschreitendem
Ausgreifen nach Osten mehr als passiven Empfänger und
Sammler des christlich-orientalischen Kunsterbes anzusehen
sich gewöhnt hat, nicht ohne den berechtigten Widerspruch
mancher Fachgenossen zu erfahren, wußte er inzwischen
 
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