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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Berliner Notizen
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Haendcke, Berthold: Die Stellung der deutschen Maler vom Beginn des 16. Jahrhunderts am Schlusse diese Zeitraums
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0301

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579

Die Stellung der deutschen Male

580

kungen. Ein »Trausaal« in einer angelehnten Gruppe
von Nebengebäuden ist mit Cadiner Majoliken gar
zu überladen und bunt ausgestattet. —

In Schöneberg bei Berlin ist in einem neuen
Stadtpark ein schöner Brunnen von August Gaul auf-
gestellt worden, der auf schlankem Säulenaufbau aus
Muschelkalk die meisterhafte Bronzefigur eines Hirschen,
des Wappentieres Schönebergs, zeigt. —

Die Umbauten in der Nationalgalerie gehen so
stockend vorwärts, daß die Eröffnung der neu ge-
stalteten und geordneten Galerie vor Weihnachten
nicht zu erwarten ist.

DIE STELLUNG DER DEUTSCHEN MALER VOM
BEGINN DES 16. JAHRHUNDERTS AM SCHLÜSSE
DIESES ZEITRAUMS

Von Berthold Haendcke

In der »Zeitschrift für bildende Kunst« N. F. XII
hatte ich in einem Aufsatz »Der niederländische Ein-
fluß auf die deutsche Kunst des 16. Jahrhunderts«
festzustellen versucht, daß mit Ausnahme von rund
20 Jahren, in denen in der deutschen Kunst der
reinitalienische Einfluß ziemlich uneingeschränkt
herrschte — Dürer sagte ca. 1520, daß die Mode
überall antikisch sei — bis zum Ende des Jahrhunderts
in Deutschland die niederländisch-italienische Auf-
fassung die Oberhand gewann und behielt. Ich suchte
die innere Begründung hierfür in der gemeinsamen
germanischen Wesensart beider Völker und in der
die Deutschen, namentlich nach der koloristischen
Seite hin, überragenden besonderen künstlerischen
Begabung der Niederländer. Mit der schärferen Kenn-
zeichnung dieser einen germanischen Einströmung in
die italienisierende Kunst unseres Vaterlandes war für
mich aber die Frage nur zur Hälfte gelöst. Seit
langem war mir, wie gewiß vielen anderen Fach-
genossen aufgefallen, daß die künstlerischen Werte, die
zu Anfang des 16. Jahrhunderts entstanden waren, seit
ungefähr 1570 wiedererstarkten. Denn überall, wohin
man blickt, tauchen Dürer, Holbein, auch H. S. Beham,
Aldegrever, Cranach, Brosamer, auch Grünewald usw.
mehr oder weniger klar erkennbar auf.

Es ist selbstverständlich, daß dies vorwiegend an
den Orten stattfand, an denen die Großmeister gelebt
hatten. Der beliebteste Führer wird auch wieder
Dürer. Eine ganz erhebliche Anzahl von kleinen
Kupferstechern kopiert die Stiche des Altmeisters von
Nürnberg. Ich führe diese Stecher trotz ihres durch-
weg geringen künstlerischen Könnens deshalb an
erster Stelle auf, weil schon ihre Existenz eine weit-
greifende Liebe zur »altdeutschen« Kunst beweist.
Denn der kleine Kupferstich ist Massenware und be-
ruht deshalb auf einer verbreiteten Käuferschicht bezw.
Interessentengruppe.

Aus der großen Fülle von Stechermonogrammisten
seien der bestimmten Daten halber als wertvoll heraus-
gehoben: B S B (Balthasar Jenichen?) in Nürnberg
von ca. 1560—1582, P M (Nagl. Mon. 3129) von
1577—1590; Alexander Mair von Augsburg, 157g
(N.M. 890); BS in Dillingen (?) um ca. 1569—1572
(N.M. 1994); WG (Wilhelm Gump?) ca. 1570 bis

ca. 1590; W S (Wolfgang Stiber?) 1580; AV 1592;
J B (Johann Bechthold?), der besonders um 1580
Kupferstiche Dürers und anderer älterer Meister aus-
malte und mit diesen die Gebetbücher illustrierte;
B S F, der zu Frankfurt a. M. im zweiten Viertel des
Jahrhunderts tätig war und die Bildnisse Melanchthons
und Dürers stach. Ferner seien erwähnt die Meister
A C (N. M. 260), ADV (N. M. 452); die Meister M W
(N. M. IV 2238), der in der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts Dürers »Drei Bauern«, die übrigens bei den
Kopisten aller Orten sehr beliebt waren, nachstach;
Hans Schöpfer der Jüngere (?) gestorben 1610, der
durchaus als Schüler Dürers lernte; der Meister C B
(N.M. 1732), der 1562, der Meister ACB (Bartsch IX),
der 1567 die »drei Bauern« Dürers, der Monogrammist
D G (Bartsch IX, S. 575), der 1589 den Bauern mit
seinem Weib, der Stecher W S (B. IX, S. 574), der
1578 den Sankt Christopherus und das Porträt Martin
Luthers nach Dürers Vorlagen arbeitete; W G, der
1578 ebenfalls den Dudelsackpfeifer reproduzierte
(N. M. 1673); der Monogrammist A H, der 1589
(B. IX, S. 589) und A L, der 1578 das Porträt nach
Melchior Lorchs Dürerporträt kopierte; weiterhin seien
noch als Dürerkopisten angemerkt: M G (B. IX, S. 585)
(Max Göltich?), der 1596 und 1597 arbeitete, M C
(B. IX), der die fünf Apostel Dürers ungefähr gleichzeitig
nachstach, und endlich Adam Fuchs, der ca. 1600—
1620 in Nürnberg das Schweißtuch Christi Dürers
reproduzierte.

Natürlich habe ich hier nicht entfernt eine Voll-
zähligkeit dieser anonymen Kopisten Dürers geben
können, aber schon diese Reihe wird die Anteilnahme
an den älteren Werken in der deutschen Kunst be-
weisen. Obwohl es aus chronologischen Gründen
an sich leichter erklärbar ist, wenn in diesen Zeiten
auch die Kleinmeister, besonders Hans Sebald Beham
kopiert werden, so verdient diese Tatsache doch im
Zusammenhang mit der Liebe zu Dürers Werken be-
tont zu werden; um so mehr, als nicht die Stücke
»antikischer« Art, sondern die Bilder aus dem deutschen
Volksleben bevorzugt wurden. Nach Pauli und Nagler
seien die Monogrammisten A. M. ca. 1580, B. I. B.
ca. 1570, Balthasar Jenichen (B. S. B.), ca. 1570; H. S. E.
(N.M. 1521) ca. 1570; L. S. (N. M. 136) 1570; M.G.,
zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts (B. VIII, S. 132); Martin
Plenginck gegen Ende des 16. Jahrhunderts, gestorben
1605, angemerkt. Auch Aldegrever wie G. Pencz
finden ihre Nachahmer, z.B. jener in H.S.B. (N.M.
1514) in der späten zweiten Hälfte des Jahrhunderts;
in A. M. (N. M. 892) um 1567; dieser in L. S. (N.M.
•36) 1570. B. J. stach eine ganze Anzahl Werke
von Beham 1568—1577 nach.

Haben wir hier die Hand auf Kopisten gelegt,
die ersichtlich in erster Linie für den Atelier- und
Laienbedarf und nicht im Interesse der Entwickelung
der eigenen künstlerischen Anlagen arbeiteten, so lernen
wir bei einigem Aufmerken leicht eine Anzahl von
Malern kennen, die sich in dieser Zeit an Dürer,
Holbein, Cranach usw. schulten. Bleiben wir zunächst
bei Albrecht Dürer stehen, so sei an Jost Amman
erinnert, der 1557 die »Himmelfahrt Christi« (B. 94)
 
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