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hervorragenderen wohl nach Süddeutschland. Als jüngste Arbeit ist ein
Teppich des Germanischen Museums mit der Geschichte der Susanna ge-
boten, der der pfalzbayerischen Manufaktur zu Lauingen zugeschrieben
wird. — Angesichts dieses reichen, vielseitigen Materials ist die gleich-
mässige Exaktheit des Textes, die Vorzüglichkeit der Reproduktion und,
nicht zuletzt, die in verschiedenster Hinsicht interessante Auswahl zu loben,
so dass man dem Fortgänge der Publikation mit Freude entgegensehen darf.
Georg Swarzenski.
Adolph Bayersdorfers Leben und Schriften aus seinem Nachlass
herausgegeben von Hans Mackowsky, August Pauly, Wilhelm Weigand.
Mit zwei Bildnissen. München, Verlags an statt F. Bruckmann A.-G.
1902. 8°. IX und 508 SS.
Das Buch enthält eine Biographie Bayersdorfers von Wilhelm Wei-
gand, eine Betrachtung von Hans Mackowsky über ihn als Kunstforscher
und Ästhetiker, Bayersdorfers abgerissene Gedanken über italienische Tafel-
bilder und Fresken, achtzehn Journalartikel über bildende Kunst, Musik
und Literatur aus den Jahren 1866 bis 1883, Briefe an verschiedene
Adressaten, ausgewählt von August Pauly, vier Humoresken, eine Grab-
rede von Pauly und ein Gedicht auf den Verstorbenen von Otto Eisen-
mann. Dieses alles zusammen, freundschaftlich, ja enthusiastisch gewür-
digt, wird dem Leser, der Bayersdorfer nicht persönlich kannte, ein durch-
aus falsches Bild von dem geistreichen Manne geben, dessen Bestes in
diesem Buche verborgen bleibt und worin auch von dem, was seine Natur
einschränkte, zu wenig die Rede ist. Bayersdorfer ist vielleicht am besten
zu verstehen, wenn man sich vorstellt, dass bei ihm Kopf und Herz auf
dem Zustand eines genialisch angelegten Knaben von 16 Jahren stehen
blieben, ja in diesem Zustande endlich erstarrten, sowie es Männer gibt,
denen niemals Haare am Kinn wachsen. Daher die Verschlossenheit und
der Trotz, die knabenhafte Negation und die unmässigen Anforderungen
an fremde Leistungen, die an allem nur das sahen, was noch besser zu
machen wäre, daher der Riesenmassstab, den gewöhnlich die in der Tasche
tragen, die sich selbst noch nicht versucht haben, daher das sprunghafte
Gebaren und die völlige Unmöglichkeit, sich zu konzentriren, daher aber
auch die tiefen Worte und die Lichtblitze, die wie aus einer dunklen
Kinderseele aufleuchteten und das wahrhaft Zauberhafte seines Wesens
ausmachten.
Was sonst bei jedem hochbegabten Jüngling zu einer Zeit der Ent-
wickelung eintritt, dass er auf die Wissenschaft schilt und ihrer Trocken-
heit durch mystische Aufgüsse zu Hilfe kommen möchte, war bei ihm ein
stetiger Zug geworden, der ihn bitter und gallig machte. Natürlich fehlt
auch der obligate Ausfall auf den sogenannten Materialismus nicht, der
allen diesen Schwärmgeistern eigen ist, von welcher Seite sie auch kom-
men mögen. Es ist aber nicht etwa die mechanisch-atomistische Welt-
erklärung, die sie bekämpfen, sondern der vulkanartige Ausbruch ihres
Zornes richtet sich hier wie immer gegen die exakte Naturwissenschaft
hervorragenderen wohl nach Süddeutschland. Als jüngste Arbeit ist ein
Teppich des Germanischen Museums mit der Geschichte der Susanna ge-
boten, der der pfalzbayerischen Manufaktur zu Lauingen zugeschrieben
wird. — Angesichts dieses reichen, vielseitigen Materials ist die gleich-
mässige Exaktheit des Textes, die Vorzüglichkeit der Reproduktion und,
nicht zuletzt, die in verschiedenster Hinsicht interessante Auswahl zu loben,
so dass man dem Fortgänge der Publikation mit Freude entgegensehen darf.
Georg Swarzenski.
Adolph Bayersdorfers Leben und Schriften aus seinem Nachlass
herausgegeben von Hans Mackowsky, August Pauly, Wilhelm Weigand.
Mit zwei Bildnissen. München, Verlags an statt F. Bruckmann A.-G.
1902. 8°. IX und 508 SS.
Das Buch enthält eine Biographie Bayersdorfers von Wilhelm Wei-
gand, eine Betrachtung von Hans Mackowsky über ihn als Kunstforscher
und Ästhetiker, Bayersdorfers abgerissene Gedanken über italienische Tafel-
bilder und Fresken, achtzehn Journalartikel über bildende Kunst, Musik
und Literatur aus den Jahren 1866 bis 1883, Briefe an verschiedene
Adressaten, ausgewählt von August Pauly, vier Humoresken, eine Grab-
rede von Pauly und ein Gedicht auf den Verstorbenen von Otto Eisen-
mann. Dieses alles zusammen, freundschaftlich, ja enthusiastisch gewür-
digt, wird dem Leser, der Bayersdorfer nicht persönlich kannte, ein durch-
aus falsches Bild von dem geistreichen Manne geben, dessen Bestes in
diesem Buche verborgen bleibt und worin auch von dem, was seine Natur
einschränkte, zu wenig die Rede ist. Bayersdorfer ist vielleicht am besten
zu verstehen, wenn man sich vorstellt, dass bei ihm Kopf und Herz auf
dem Zustand eines genialisch angelegten Knaben von 16 Jahren stehen
blieben, ja in diesem Zustande endlich erstarrten, sowie es Männer gibt,
denen niemals Haare am Kinn wachsen. Daher die Verschlossenheit und
der Trotz, die knabenhafte Negation und die unmässigen Anforderungen
an fremde Leistungen, die an allem nur das sahen, was noch besser zu
machen wäre, daher der Riesenmassstab, den gewöhnlich die in der Tasche
tragen, die sich selbst noch nicht versucht haben, daher das sprunghafte
Gebaren und die völlige Unmöglichkeit, sich zu konzentriren, daher aber
auch die tiefen Worte und die Lichtblitze, die wie aus einer dunklen
Kinderseele aufleuchteten und das wahrhaft Zauberhafte seines Wesens
ausmachten.
Was sonst bei jedem hochbegabten Jüngling zu einer Zeit der Ent-
wickelung eintritt, dass er auf die Wissenschaft schilt und ihrer Trocken-
heit durch mystische Aufgüsse zu Hilfe kommen möchte, war bei ihm ein
stetiger Zug geworden, der ihn bitter und gallig machte. Natürlich fehlt
auch der obligate Ausfall auf den sogenannten Materialismus nicht, der
allen diesen Schwärmgeistern eigen ist, von welcher Seite sie auch kom-
men mögen. Es ist aber nicht etwa die mechanisch-atomistische Welt-
erklärung, die sie bekämpfen, sondern der vulkanartige Ausbruch ihres
Zornes richtet sich hier wie immer gegen die exakte Naturwissenschaft