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Universität Wien / Institut für Österreichische Geschichtsforschung [Hrsg.]
Kunstgeschichtliche Anzeigen — 1.1904

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Kallab, Wolfgang: [Rezension von: Giorgio Vasari, Die Lebensbeschreibungen der berühmtesten Architekten, Bildhauer und Maler. Deutsch herausgegeben von E. Jäschke. II. Band. Die florentiner Maler des 15. Jahrhunderts]
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https://doi.org/10.11588/diglit.51382#0109

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1Q1

Giorgio Vasari : Die Lebensbeschreibungen der berühmtesten Archi-
tekten Bildhauer und Maler. Deutsch herausgegeben von E. Jäschke.
II. Band. Die florentiner Maler des 15. Jahrhunderts. Strassburg.
J. H. Ed. Heitz (Heitz und Mündel) 1904.
Eine neue Übersetzung von Vasaris Viten kommt einem wirklichen
Bedürfnis entgegen. Sie kann nicht nur den »weiteren Kreisen der Ge-
bildeten«, sondern auch dem Fachmann gute Dienste leisten. Abgesehen
davon, dass es nicht allzu viele geben wird, die sich rühmen können den
ganzen Vasari im Original durchgelesen zu haben, wird auch derjenige, dar
des Italienischen mächtig ist, eine Übersetzung zuweilen mit Nutzen zu
Rate ziehen. Vasaris Diktion ist durchaus nicht immer leicht verständlich;
Einzelheiten, über die man in den langatmigen italienischen Perioden leicht
hinwegliest, treten in der Übertragung deutlicher hervor. Für die noch
immer ausständige Behandlung der ästhetischen und technischen Termino-
logie Vasaris bildet eine verständige Übertragung eine nicht zu unter-
schätzende Vorarbeit. Anmerkungen, die die seit der Sansoniausgabe er-
schienenen Korrekturen und Forschungen kurz zusammenzufassen hätten,
könnten sie zu einem Nachschlagebuche machen, das jedem der sich mit
der italienischen Kunst der Renaissance beschäftigt, unentbehrlich wäre.
An eine neue deutsche Vasariübersetznng dürfen höhere Anforderungen
gestellt werden, da die seit Jahren vergriffene, 1832 bis 1849 erschienene
von Schorn eine vortreffliche Grundlage bietet. Sie ist geschmackvoll und
lesbar, fügt sich aber doch dem Stile des Originals. Man müsste sie durch-
gängig mit dem Texte vergleichen, kleinere Versehen berichtigen, da und
dort in stilistischer Hinsicht feilen, um sie allen gerechten Anforderungen
entsprechend zu gestalten.
Die neue Übersetzung von Jäschke unterscheidet sich schon äusser-
lich von der Schornschen. Dem Titelblatte und Prospekte nach gibt sie
sich als eine vollständige. Aus der Vorrede erfährt man aber, dass die
drei geplanten Bände nur das Trecento sowie die Florentiner Künstler des
Quattrocento umfassen werden. Ausserdem hat der Autor die von Vasari
getroffene Reihenfolge der Lebensbeschreibungen umgestossen und die Viten
nach Schulen geordnet, wodurch dem Prospekte zufolge die Übersichtlich-
keit und Brauchbarkeit des Werkes erhöht werden soll. Beide Neuerungen
muss ich als Missgriffe bezeichnen, denen schwerwiegende sachliche Be-
denken entgegenstehen. Vasaris Viten sind ein Werk, das als ein einheit-
liches Ganze geschaffen wurde. Die Kunst des 14. und 15. Jahrhunderts
ist für den Aretiner nur die Vorstufe für den hohen Stil, den die Werke
der Hochrenaissance ausprägen. Den Höhepunkt und Abschluss der Ent-
wicklung bildet Michelangelo, dessen Lebensbeschreibung in der ersten
Auflage am Ende der Reihe steht. Der Massstab der Beurteilung ist ganz
auf diese Steigerung eingestellt; der Leser kann den Standpunkt, den der
Autor einnimmt, gar nicht verstehen, wenn ihm der Schlüssel der Bewer-
tung, die Schilderung des Cinquecento, vorenthalten wird. Auch die Aus-
scheidung der Biographien der ausserflorentinischen Künstler ist nicht zu
billigen. Gewiss war Vasari über sie oft recht mangelhaft unterrichtet;
aber die Mühe, die er daran setzte, um in der zweiten Auflage die mageren
8*
 
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