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Universität Wien / Institut für Österreichische Geschichtsforschung [Hrsg.]
Kunstgeschichtliche Anzeigen — 1.1904

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Tietze, Hans: [Rezension von: Karl Michel, Gebet und Bild in frühchristlicher Zeit; Emile Male, L'art religieux du XIIIe siècle en France, 2. Auflage]
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Wickhoff, Franz: [Rezension von: Moriz Dreger, Künstlerische Entwicklung der Weberei und Stickerei, innerhalb des europäischen Kulturkreises von der spätantiken Zeit bis zum Beginne des 19. Jahrhunderts, mit Ausschluss der Volkskunst, 3. Bde]
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https://doi.org/10.11588/diglit.51382#0128

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stisch, dass er, um einen Beleg dafür zu erbringen, bis ins Jahr 1425
herabsteigen muss (pag. 495 f), also in eine Zeit, in der diese ikono-
graphischen Darstellungen sich bereits überlebt und dem volkstümlichen
Vorstellungskreis völlig entfremdet hatten; da bedurfte es tatsächlich sol-
cher Programme. Diese stoffliche Übereinstimmung der mittelalterlichen
Denkmäler hatte seinerzeit Laib und Schwarz veranlasst, die Existenz eines
Malerbuches für das abendländische Mittelalter anzunehmen; das ist in
derselben Art unrichtig, wie die Meinung Males. Wer eine Gruppe
mittelalterlicher Denkmäler prüft, wird finden, dass sich auf dem fest-
gefügten Boden der Tradition überall eine individuelle Kunstübung ent-
faltete. Die Erklärung liegt zum Teil in der »litterature populaire4,
die Male in der Einleitung etwas hochmütig abfertigt. Nur auf diesem
von Springer angebahnten Wege kann die mittelalterliche Ikonographie
■weiterschreiten. Zahllos sind die Wechselbeziehungen zwischen Wort und
Bild, und wenn Male sich begnügt, die Ideen der grossen Theologen
heranzuziehen, so hat er höchstens ein Gerüst gegeben, nicht aber
die Bausteine gefunden, aus denen sich der so festgeschlossene Bau
der mittelalterlichen Ikonographie zusammenfügt. Trotzdem gehört sein
Buch zum wertvollsten dieses Gebietes, da es in fesselnder Darstellung die
Resultate der bisherigen Forschung zusammenfasst; es bedeutet eine Etappe,
von der der Weg über viele Einzeluntersuchungen jeder Art hinweg, wie
sie uns z. B. kürzlich Schlosser geboten hat, zu neuen Zielen führt.
Beide Arbeiten, die Michels und die Males, halten sich streng auf
ihrem Gebiete, ohne mehr als Hilfswissenschaft der Kunstgeschichte sein
zu wollen; und auch das muss vielleicht lobend hervorgehoben werden.
Allzulange ist es der Kunstgeschichte der altchristlichen Zeit und des
Mittelalters wie dem Bummler in den »XXIII manieres de Vilain4 er-
gangen, der im Eifer, den Umstehenden die Figuren von Notre Dame zu
erklären, —• »Voici Pepin, voici Charlemagne4 — nicht merkt, dass ein
Dieb ihm den Geldbeutel stiehlt; auch der mittelalterlichen Kunstgeschichte
war über dem ikonographischen Studium der Denkmäler das Wichtigere,
deren stilkritische Würdigung, abhanden gekommen. Hans Tietze.

Moriz Dreger: Künstlerische Entwicklung der Weberei und
Stickerei, innerhalb des europäischen Kulturkreises von der spätantiken
Zeit bis zum Beginne des 19. Jahrhundertes, mit Ausschluss der
Volkskunst. 3 Bände, Wien 1904, Aus der k. k. Hof- und Staats-
druckerei. Gross 4°. XX und 365 SS. und 384 Tafeln.
Zum ersten Male hat sich hier ein Schriftsteller die Aufgabe gestellt,
die ganze Entwicklung der Textilindustrie von der Zeit des ausgehenden
Altertumes bis nahe an die Gegenwart heran von einem kunsthistorischen
Standpunkte aus zu schildern. Er stellt nicht die Technik, die er jedoch
ebenfalls verständig und eingehend behandelt, in den Vordergrund, son-
dern die Musterung und bringt so das ganze Gebiet in Zusammenhang
mit der Gesamtentwicklung der bildenden Kunst. Die Spitze, deren
Geschichte er schon in einem vortrefflichen Werke eingehend behandelt
 
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