Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Universität Wien / Institut für Österreichische Geschichtsforschung [Hrsg.]
Kunstgeschichtliche Anzeigen — 1.1904

DOI Artikel:
Wickhoff, Franz: [Rezension von: Moriz Dreger, Künstlerische Entwicklung der Weberei und Stickerei, innerhalb des europäischen Kulturkreises von der spätantiken Zeit bis zum Beginne des 19. Jahrhunderts, mit Ausschluss der Volkskunst, 3. Bde]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51382#0129

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
121

hat, sowie die Gobelinweberei hat er beiseite gelassen. Die erste hat ihre
gesonderte Geschichte, die andere wird sich nur als ein Teil der allge-
meinen Geschichte der Malerei darstellen lassen. Da die Absicht besteht,
die volkstümlichen Arbeiten, so weit sie in Österreich aufzufinden sind,
in einem eigenen Werke zu behandeln, dem sich wohl dann andere Unter-
nehmungen für andere Länder anschließen werden, so hatte er auch diese
wegzulassen. Da sie nichts sind als Residuen aus der allgemeinen Ent-
wicklung des Textilornamentes, wird man diese Ausschliessung billigen
müssen. Ihre Betrachtung hier würde nur die Verfolgung der geschicht-
lichen Entwicklung des Textilornamentes unterbrochen haben. Es bleibt
für dieses Werk noch ein fast unerschöpfliches Material. Was den beson-
deren Wert dieser Untersuchung ausmacht, ist, dass jeder Satz, ja oft jedes
Wort durch Abbildungen illustriert wird. Der Leser, der jede zitirte Tafel
nachschlägt, wird im Laufe der Lektüre mit dem gesamten Textilornamente
bekannt und vertraut, obschon ihm diese Bekanntschaft nicht eben leicht
gemacht wird. Die Tafeln sind nämlich alle in zwei Mappen in losen
Blättern aufeinandergeschichtet, wodurch sie sich viel schwieriger auffinden
lassen, als wenn sie etwa in drei Bänden zwischen den Text verteilt, oder
ihm jeweilig angeheftet wären. Auch wird in Bibliotheken, wo das Werk
viel benützt wird, diese Anordnung keineswegs zur Konservirung der
Tafeln beitragen. Die Originale der Abbildungen sind zumeist der Samm-
lung des österreichischen Museums für Kunst und Industrie entnommen,
werden fast alle zum erstenmale, oder doch wenigstens zum erstenmale
getreu wiedergegeben. Einzelne Tafeln in Farbendruck sind meisterhafte
Faksimiles. Selbst der, der sich für die historische Entwicklung des Textil-
ornamentes nicht interessirte, käme bei dem Ankäufe des Werkes auf seine
Rechnung, weil er einen Hausschatz der schönsten Flachornamente und
Stickmuster aus allen Zeitperioden erhielte.
Die Einteilung des Stoffes ist durchsichtig, die Behandlung lichtvoll.
Ein besonderer Vorzug des Werkes ist die Anordnung der Quellenstellen,
die immer zweispaltig gedruckt sind, links der Originaltext, rechts die
deutsche Übersetzung, die zugleich eine umschreibende Erklärung bietet.
Dadurch geschieht jeder Klasse von Lesern, die dieses Thema interessiren
kann, Genüge. Die ganze bisher erschienene Literatur ist sorgfältig und
vollständig benützt, und wie angedeutet geht der Autor überall auf die
Schriftquellen selbst zurück, deren Mitteilungen er von Neuem nachprüft.
Das ganze Werk schafft uns eine bedeutende Erweiterung unserer Kennt-
nisse. Dass dabei nicht jede Partie auf den ersten Wurf in gleicher Voll-
kommenheit gelingen konnte, darauf weist der Autor in seiner mit edler
Bescheidenheit geschriebenen Vorrede selbst hin, man darf hinzufügen,
Niemand habe sich auch noch eine so umfassende Aufgabe gestellt wie er.
Dem geschichtlichen Teile gehen kurze Erläuterungen der wichtigsten heute
üblichen Webearten und ihrer Benennungen voraus, wodurch auf dankens-
werte Art zunächst die Terminologie festgestellt wird, wie denn überhaupt
der Leser nicht nur mit dem Stoffe bekannt gemacht, sondern auch me-
thodisch in ihm unterrichtet wird. Zuerst wird die Ausbreitung der Stren-
muster in der spätantiken Kunst geschildert, das Hervortreten der unend-
lichen Musterung und die Ausbildung der Symmetrie. Die Abspaltung der
islamitischen Gewebe wird dann geschildert, die rein byzantinische Textil-
 
Annotationen