Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Universität Wien / Institut für Österreichische Geschichtsforschung [Hrsg.]
Kunstgeschichtliche Anzeigen — 1.1904

DOI Artikel:
Wickhoff, Franz: [Rezension von: La Galerie Nazionali Italiane, Notizie e documenti]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.51382#0103

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
95

fagade entdeckt wurde. Es ist der wertvollste Fund, der seit langer Zeit in
Italien gemacht wurde, und seine eingehende Besprechung, die von neun Helio-
gravüren begleitet ist, verdient volle Beachtung. Pietro Cavallini hatte
nach dem Bericht Lorenzo Ghibertis die ganze Kirche ausgemalt und Gas-
pero Alveri sah noch im Jahre 1664 an den beiden Wänden des Haupt-
schiffes die Geschichten des alten und neuen Testamentes, die der Kardinal
Paolo Sfondrati am Ende des 16. Jahrhunderts sorgfältig hatte reinigen
lassen. Das jetzt wiedergefundene jüngste Gericht sah er aber nicht mehr,
weil es seit 1527 hinter den Chorstühlen der Empore versteckt war, wo
es sich fast unverletzt erhalten hat. Weitere Nachforschungen ergaben
nicht nur die unteren Teile des grossen Freskos, sondern auch an den an-
stossenden Seitenwänden den Anfang des neuen Testamentes und die letzten
Darstellungen aus der Geschichte der Erzväter, diese freilich stark zerstört.
Wir kannten bisher nur ein Werk Pietro Cavallinis, die Mosaiken in Santa
Maria in Trastevere, das, wie Giov. B. Rossi nachgewiesen hat, aus dem
Jahre 1291 herrührt. Bei den Arbeiten in Santa Cecilia war auch der
Stein mit der Künstlerinschrift Arnolfos wiedergefunden worden, den noch
Pompeo Ugonio am Tabernakel, das den Hauptaltar überdacht, gesehen
hatte. Er nennt den 20. November 1293 als den Tag der Aufstellung.
Hermanin (der leider den Irrtum Karl Freys wiederholt, der Bildhauer
Arnolfo sei eine andere Person gewesen als der florentinische Architekt
Arnolfo di Cambio) nimmt, gewiss richtig, an, dass Pietro Cavallini zur
selben Zeit die Ausmalung der Kirche durchführte. Er lässt es im Zweifel,
ob der Genosse Arnolfos Petrus, der sich am Tabernakel von San Paolo
fuori mit ihm nennt, unser Cavallini gewesen sei. Sehr glücklich nimmt
er für Cavallini die leider ganz übermalte Apsis in San Giorgio in Velabro
in Anspruch und setzt diese Arbeit in das Jahr 1296. Er beweist, dass
der Maler im Jahre 1308 in Neapel arbeitete. Die historische und stili-
stische Untersuchung, die zu den richtigen Daten der Werke Cavallinis
führt, ist musterhaft durchgeführt. Wir werden Hermanin auch zustimmen
müssen, wenn er die leichtfertige Behauptung Zimmermanns, dass das
wohlbeglaubigte Mosaik Cavallinis in Santa Maria in Trastevere ein Werk
Giottos sei, mit Entschiedenheit zurückweist. Weniger vorsichtig war er
anderen unbeweisbaren Behauptungen gegenüber. Er macht, ganz ohne
Grund, Cavallini zu einem Schüler Cimabues, lässt ihn nach Assisi mit
seinem erfundenen Lehrer gehen und dort zuerst mit diesem arbeiten, dann
selbständig in der Oberkirche die Fresken aus dem alten Testament von
ihrem Beginne mit der Schöpfung bis zus Opferung Isaaks ausführen und
auf der gegenüberliegenden Wand die Geburt Christi und den Judaskuss.
Er macht dann ohne jeden Beweis Giotto zum Schüler Cavallinis, der in
dieser Eigenschaft die Szenen am Lager des alten Issak soll ausgeführt
haben; ich kann mir das bei einem sonst so einsichtigen Manne nur aus
dem bei den Italienern unausrottbaren Überwuchern des Lokalpatriotismus
erklären, der die berühmten Maler Cimabue und Giotto gerne mit der
heimisehen römischen Kunst in Verbindung hätte. Aus Herrn anins Dar-
stellung der Kunst Pietro Cavallinis ergibt sich gerade eine andere Fol-
gerung, nämlich, dass Cavallini mit seinem neuen Stil in Rom eine Para-
llelerscheinung zu Giotto in Florenz und zu Simone Martini in Siena bildet,
die alle drei neue naturalistische Elemente in die byzantinisirende Malerei.
 
Annotationen