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L.


sK

Istundscbau.


* „Ls wird zu vicl gcmustcrt!", klagt die „Z. für
jdosamciiten-Industrie". „Betrachtet inan die große Anzahl
der crschienencn Ncnheiten. so ist fcstzustellen, daß ein großer
Teil in Gcstalt nnd Forin einander täuschend ähnlich, im
Preise abcr ganz verschiedcn ist, daß fcrner die Aiisführnng
und das verwcndetc Alatcrial unteicinander weit differiren.
Insolge dieser Ueberproduktion an Uuistern verlicren nnn die
kostbarcn und mühsainen Lrzeugnisse, denen thatsächlich
feiner Gcschmack, Forinen- und Farbenharmonie zu Grunde
liegen, ihrcn wert nnd werden im Preise so heruntergcdrückt,
daß die Ansertigung seinster Sachen gar nicht mehr lohnt,
man mustert dann am meisten nur gewöhnlichere nnd gang-
bare Nenheiten nnd diese wiederuin in solcher Ukasse, daß
anch hierbei durch die Aonkurrenz an eincn Ncrdienst nicht
zu denken ist, vielmehr man schon zufriedcn sein inuß, wenn
die Uknster angcnoinmen nnd Aufträge erteilt werden." Ganz
nnsere Ukeinung. Das Nouveaute-Llend wird also von den
Fachleuten auch als wirtschaftlicher Ubelstand bcreits da
und dort emxfunden.

» von den„Grcnzcn zwtscben'lkunst und Gcvvcrbc"
sprach Unterstaatssekretär von Mayr im bayrischen Uunst-
gcwerbcvcrein. Bei aller Schivicrigkeit, einmal solche Grenzo
zn ziehen, steht doch Lins von vornherein sest, nämlich daß
das gewerbliche Schaffen viel strenger an die wesenvolle Uiaterie
gebundcn ist, als die Aunst; für die großen Gegensätze, wclche
innerhalb dosselben Schaffcnsgebictes zwischen Kunst und Go-
werbe bestehen, gab der Rcdner zahlreiche Srastische Beispiele.
Bei der Frage, was bei der stoffbearbcitenden Thätigkeit die
Aunst, was das Gewerbc ausmache, lassen sich zunächst eine
Reihc von Thätigkeiten als rcines Gcwerbe bezeichnen, z. B.
die chemische Industrie, die Nahrungsinittelindustrie — währcnd
es andrerseits Stoffgestaltungcu giebt, bei welchen der Zweck
hinter die künstlcrische Lrschcinung zurücktritt — z. B. bci
cincm Trinmphbogen. So wenig aber ein UUnimum von
gewerblicher Zuthat und von Zwcckbestimmung einen Aunst-
gegcnstand aus deni Gebiet der reinen Annst ausweist, so
wenig macht cin Nlinimum von Unnst ein gewcrbliches Lr-
zeugnis zn einem kunstgewerblichcn; ebensowenig aber ist das
Annstgewerbe eine durch technische Gewerbsthätigkeit erniedrigte
Runst, sondern der Inbegriff allec durch künstlerische Formen-
und Farbengebung veredelten gewerblichen Lrzeugung, soforn
die Lrzeugnisse noch von dcm Gden künstlerischen Sinnens
und vollbringens belebt sind. Inncrhalb des Aunstgewerbcs
ist der Sxiclranm sehr groß, je nachdem die Lrfüllung dcr
Zweck-Bestiminiingen der cinzelnen Gegenstände mchr 'oder
weniger vorherrscht; bei dcin „künstlorischcn Aunstgewerbe"
wird dem Kunsthandwerker in dcn meistcn Fällcn ein freierer
Spielraum blciben, als bei dem „gewerblichcn Aunstgewerbe",
bei welchcm die Griindlinien des Schaffcns durch den Zweck
dcs Gebildos scstgelcgt sind. Daß bei unsrer heutigen Arbeits-
tcilung Allnstler und Aunsthandwerker nicht iinincr in einor
Pcrson vereinigt sind, inuß nachteilig auf das Uunstgcwerbe
einwirkcn, wenn Uünstler und Uunsthandwerkcr sich fremd
gegenübcrstehen, wenn erstercr sich nicht genau mit den Lr-
fordernissen der Technik usw. vertraut macht und wenn letzterer
sür die Gcdanken dcs Uünstlers nicht das richtige verständnis
hat. Unsre Zeit ist der vereinigung von künstlerischer und
technischer Thätigkcit in ciner Person nicht günstig — eine
Strömung, die nicht auszuhalten, aber in solche Bahnon zu
lenkcn ist, daß das wesen kunstgcwerblichen Schaffens bei
Linsührung verbosscrtcr Tcchnik nicht Schadcn lcidet. Line
bestiminte Grenze zwischen Uunst und Gcwerbe giebt es nicht;
aber zwischon der reincn Uunst und dem rein technischen Ge-

werbe liegt eine breite Ione — das Uunstgewerbe.

Im nämlichen vereine sprach über „Die LcbictzSllle
künstleriscbet' und gevverblicber Lrzcugnisse" Pro-
fessor Max ksaushosor — wir berichten iiber seinen vor-
trag wie über den vorigen nach der „Allgemeinon Zeitung".
Auf die Lrhaltnng eincs Uunstwerkes ist neben der schonen-
den Behandlung dcsselben, neben seiner Größe usw. die Daner-
haftigkeit des Nlaterials von bedeiitendstem Linstuß, und hier
stehen die steinernen Uunstwerke noch heute in erster Linie,
wio schon zu den Zeiten der Pharaonen; aber von dcm monu-
mentalen Sinn, welcher die Bauten der letzteren, allen Mittcr-
ungseinflüssen von Iahrtauscnden zum Trotz, schus, ist wenig
mehr übrig geblieben; unsre Steinkunstwerke haben keine
Anwartschaft auf ein nach Iahrtausenden zählendcs Altcr.
lveit vergänglicher sind Uketallgegenstände, schon wegen der
IvandlungsfLhigkeit des Ulaterials. Das Gold z. B. wandert
durch alle Iveltteile, und der Ring, den wir am Finger tragen,
kann recht wohl Tcile des Diadems dcr Semiramis enthalten;
nicht viel anders geht es mit dcm Uupfer, besonders in der
Bronze: zu der Uolossalstatue der Bavaria wurden unter
anderem türkische Uanonen verwendet — wer weiß, ob in
diese nicht auf Umwcgen Roste des Uolosses von Rhodos ge-
langt waren? Bei lholz bedeutct die vcrnichtnng des Gegon-
standes in der Regel auch die Vernichtmig des Niaterials;
ähnlich verhält cs sich mit dcn Gebilden aus Faserstoffcn,
Papier, Leder, Uautschuk, Thon. Die Natnr will Allcs wiedcr
in ihren Urcislauf zurückziehen, nnd was wir verderben, ver-
wesnng, Verwitterung ncnnen, ist sür die Natur Arbeit und
schöpferische Thätigkeit. Ivas die Lrde wieder aufnimmt,
giebt sie teilweise in den Psianzen wieder zurück; was in den
Vzean versinkt, das bchält er fast Alles zurück; was aber
durch Feuer in Gas vcrwandelt wird, das ist dem wirtschaft-
lichcn Leben dos Nienschen sür iinmer entrissen. Die ver-
gänglichen Ivcrke der bildcnden Uunst, wolche uns die Launo
des Schicksals erhalten hat, reichen ost gerade nur hin, um
gewisse Uulturstufen zu erkennen.

-X- Mnrmor Ltrvlt Gips sür die bcsten wicderholungsn
antiker Statuen in nnseren Ukuseenl — Das ist eine sehr
berechtigte Anrcgung, die von der „vossischen Ztg." ausgeht.
„lver die Antike nach Gipsabgüssen verstehen will, wird ihr
fremd blcibcn, weil sio nicht die lsälfte von dem zu ihin
redst, was ihin der Uiarinor sagt. Das Ukuseum sür Gips-
abgüsse nach antiken Skulpturen soll in Bcrlin, sobald der
betrcffende Neubau sertig gestcllt ist, eines der vollständigstcn
und uiiifangroichsten Luropas werden. Das klingt vortrefflich,
wird dcm Archäologen hoch willkominen sein, wird aber dem
Uünstler im Grunde genommen ziemlich gleichgültig bleiben,
denn wouach er sich sehnt, uin tief und voll zu empstnden,
das ist dcr Uiarmor. Nlögen wicklich zwanzig Aphroditen in
Gips vcrsainmelt scin - eine einzige in Nlarmor schlägt sie
ans dem Felde."

Übcr das Liscn in Nrcbitcktnr und Ilrnnstgc--
vverbe sagt Inlius Lcssing in einer Schrist „Die tverke
unsercr väter" u. A.: „Ls ist gar nicht zu verkcnnen, daß
die moderno Lisenkonstruktion ein ninstürzendes Llement von
inindcstens ebenso großer Gewalt in sich birgt, als die Spitz-
bogenkonstruktion der Gotik. Iunächst hatte inan dem Liscn
nicht gestatten wollcn, frisch hinauszuspringen in eine neue
Formenwelt, es hat sich ängstlich an den Schein der alten
Architckturformen haltcn inüssen, scine Rippen mit Stuck uud
Zinkmänteln umklcidcn lassen, und crst ganz allmählich schwingt
es sich auf zu größerer Freiheit und Sclbständigkeit und ent-
schließt sich, das cinfache Stabwerk, auf welcbem die Stand-

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