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Fc>lge des Fabrikbetriebes, denn es wird Niemandem
einfallen, mit der bfand zn imitiren, weil ja das
Griginal in diesem Falle nicht inehr ^lrbeit verursacht,
als die Aoxie. bl?er aber würde auf das Lrzengnis
in unechtein, wertlosem Flloff die gleiche Akühe ver-
wenden, wie anf das Lrzengnis in echtein, wcrtvollein
Material? Dagegen aber leistet die billigc fabriks-
inäßige Vervielfältignng der Zmitation iiatnrgeinäß
Vorschnb, denn die relative Mertlosigkeit des chtoffes
steht hier im Linklang init dem geringen bvert der
Arbeit.

Zlls eines der ärgsten Beispiele der Zmitation
können nns die inodernen Lelluloid-Artikel gelten.
Anfänglich nicht ohne originellen Reiz, erhielten sie
heute voin gnten Geschniack schon den Absagebrief ge-

schrieben, seitdein sie, wie wciland der Rautschnk, zum
Faktotnni, zuin Allerweltsdiener des Knnstgewerbes
geworden. Nichts ist vor der Zmitation in Lelluloid
sicher, nnd init Attßtrauen niüssen wir besonders jedes
Stüekchen Glfenbein nnd Schildpatt betrachten. Ls
ergeht nns dabei wie Ginem, der, in eine fremde
Gesellschaft geratend, weiß, daß eine Anzahl Ganner
sich eingeschlichen hat, nnd nnn im Zweifel ist, ob
er nicht in Zedermann einen solchen Ganner ver-
mnten, oder aber anch die Ganner für ehrliche Leute
nehmen soll. Lin anständiger Akensch wird eine solche
Gesellschaft bald satt bekommen, nnd das Gleiche
passirt den angeführten Artikeln gegenüber dem
pnbliknm.

So wichtig all diese Nachteile des Fabriksbetriebes

Lbb. 02 und S3. Lntivürke zu Dcllcrbcm.-iluiiiicn von lprok. L. Kurgcr.

aber anch immer sein mögen, so werden fie meiner
Aleinnng nach doch insgesamt bei weitem nbertroffen
durch dcn einen großen Nachteil, welchen dieser Be-
trieb in sozialer lfinsicht, nnd zwar auf den Arbeiter
selber ausübt. Man hat diesen Zusammenhang bis-
her zn wenig bedacht, den Zusammenhang nämlich,
welcher zwischen der geisttötenden Arbeit der Alaschinen-
bediennng nnd der sozialen Unznfriedenheit des mo-
derncn Arbeiters obwaltet. Aönnen wir nns denn
wnndern, wenn der solcherart müßige Geist anf aller-
lei verfängliche Gedanken kommt, daß er darüber
nachzugrübeln beginnt, wie dicse U?elt doch nm so
vieles besser scin sollte, vielleicht sein könnte n. s. f.?
wir wissen fa: Lin unbeschäftigter Aopf sncht sich
seine Thätigkeit im Luftschlösserbanen, nnd dies ge-
schieht ganz nnwillkürlich. U?ie anders fühlt nnd

denkt dagegen der Arbeiter, der nicht znm bloßen
xhz-siologischen IVerkzeng degradirt ist, bei dem viel-
mehr auch der Ropf bei der Sache sein muß. Nicht
bloß, daß ein solcher für müßige kveltschmerzelei keine
Zeit hat, er ist anch wirklich znfrieden, weil er sich
als ganzer dNensch, als Mensch, der nicht allein Arme
nnd Mnskeln, sondern anch circa drei pfnnd Gehirn
hat, bethätigen kann.*

(Schlnß folgt.)

* Mr dcnken, die Frage nach dem Anfkoiinnen der
Sozialdeinokratie bliel>e an dieser Stelle doch besscr aus dem
Spiel. lveiiigstens halten wir die Aiisfiihrmigen des lehten
Absatzes iii ilirer Amvendiiiig gerade auf die Sozialdeniokratie
für niehr als gewagt, so schr wir in vieleni des Übrigen
dem iferrn verfasser ziistiniinen. Sch. d. „Ag."
 
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