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scheinen möaen, die in jeder Schülerzeichnung ein
Bildchen sehen möchten, so bedeutend sind sie für
den Lernenden, der bald durch sie eine Stufe erreicht,
auf der er eine unübersehbare Menae von Formen
und Gestalten beherrscht, die er ohne sie nie gekannt
haben würde. Die Lrfahrung lehrte nüch weiter,
daß in gleicher weise, wie in den übrigen Unter-
richtsfächern der Bchule, so auch im Zeichnen, der
Lrfolg sich nach der geistigen Befähigung des Bchülers

regelt, sobald der Unterricht durchgeistiat und nicht
als gedankenloser Bchematismus aufgefaßt wird.
Biebenundzwanzig arbeitsvolle Zahre regelten den
Btufengang meines Lehrbuches und diktirten die
Grund- und Lehrsätze desselben, deren keiner als
j?hrase am Bchreibpulte entstand, sondern stets auf
gründlicher, praktischer Lrprobung fußt. Aber jemehr
ich bestrebt war, den Zeichenunterricht zu einem Ge-
meingut für Alle, zu einem gründlichen Massenunter-

Nbb. US. ^nnenseite des ^bores vom Pellerscben Dause in Mrnberg. Nufgcnommen von Direktor Grtwein, uus dessen ».Dcutscber
l^enaissance" reproduzirt tn Dirtbs zformenscbutz. lDgl. den Nutsatz über „Kescblrige" im vorigen Dette des ,.1lrunstgen?erbes".

richte zu gestalten, umso überzeugender trat mir die
allgemein bildende Zlufgabe desselben für die
Schule vor die Augen. Lsatte ich doch früher genieint,
daß jeder Mensch mit gesunden Binnen auch befähigt
sei, alle, mindestens aber alle auffallenderen
Formen zu erkennen, sie als mehr oder weniger be-
deutend zu beurteilen, und geglaubt, es fehle den
meisten Äkenschen die Befähigung, diese ihnen be-
kannten Formen wiederzugeben. Aber viele tausende
von Bchülern als Beispiele belehrten mich, daß bei


ihnen dieses für einen Zeden so wertvolle Beur-
teilungsvermögen nur in einem sehr geringen Grade
vorhanden war, daß es ihneu erst anerzogen und
ausgebildet werden mußte. Zch fand, aufmerksam
geworden, bei der Mehrzahl von Lrwachsenen dieses
Formenverständnis verkümmert und vernachlässigt, oft
und häufig selbst da, wo der Beruf oder eine höhere
Geistesbildung das Gegenteil erwarten ließ. wer
aber bedenkt, wieviel wir durch das Auge
lernen, wie bedeutend wir durch ein selbst-

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