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jerausgeöw: IkröinaM Menarms.



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Zfebruar-Dekt t8S2.

Kestellgeld: 75 pkennige vierteljädrl.

Dett k0.

Lweiter Aabrgang.

Nundsckau.

* Die Dklanzenblnderei» auf die durch di
jüngste jaxanische Ausstelluug iu Berlin jetzt wieder
die Aufmerksamkeit gelenkt ist, hat fich in den letzten
Iahrzehnten schon äußerlich, schon „räumlich" höchst
bemerkenswert entwickelt. Der Blumenluxus hat in
diesem ^ahrhundert noch nie geblüht, wie jetzt. Lin
ganzes großes Gebiet der jSflanzenbinderei, das, wel-
ches getrocknete pflanzen verwendet, ist eigentlich erst seit
dreißig jZahren in die welt gekommen. Unsere Blumen-
und Gartenbanausstellungen bieten Beweise in ^ülle
und Lülle für die immer wachseilde Ausdehnung des
gärtnerischen Aunstgewerbes, das auch zu einem gar
nicht unbedeutenden Gliede im wirtschaftsorganismus
der Nation herangewachsen ist. Lntspricht der Ge-
schmack, der dabei zu Tage tritt, diessr äußeren <Lnt-
wickelung?

Bei den Bindereien aus getrockneten pflanzen
brauchen wir uns nicht langs aufzuhalten. Der „Nta-

as fest an den Zweigen hält, geben bei geschickter
verwendung einen außerordentlich schönen wand-
schmuck von kräftigem Farbenreiz, der ebenfalls durch
bescheidene Derwendung von Bleichgold in seiner
pracht am xassenden Grte noch aufgehöht werden
kann. wir empfinden bei all diesen Bindereien die
Manze als ein Nlaterial wie jedes andere auch, wir
können Zeugstoffe, Nletallsäden usw. ihnen beifügen,
ohne den Lindruck des Unharmonischen zu empfangen:
nur die Rücksichten aus Form und Farbe bestimmen
uns bei der Zusammensetzung.

Liegt die Sache ebenso, wenn wir's mit frischen
pflanzen zu thun haben?

Am meisten noch, verwenden wir nur Blätter und
Geäst. Binden wir jedoch einen B l u m e n strauß,
suchen wir uns unser Nlaterial dazu unter lebenden
Blumen! „Unter lebenden Blumen" — die Gprache
giebt hier eiu meist uur halbbewußtes Lmpfinden

kartstrauß" ist unbedingt eine schöne Bereicherung der > wieder. wir brauchen uicht Anhänger der Fechner-

Dekorationsmittel. palmzweige oder Pampaswedel,
in großer, einfacher Anordnung an den rechten platz
gestellt, könnsn von so herrlich schmückender, von so
fast feierlich schäner wirkung sein, daß sie der Uünst-
ler trotz allen Uerschmutzeus und aller Staub- und
Feuersgefahr oft nicht missen mag. Sie sind edel in
der Form und vornehm in der Farbe, die ein leichtes
Vergolden oder Angolden und da und dort etwa eine
Pfauenfeder als Zugabe häufig noch heben kann. Zu
kleineren Ulakartsträußen hat der Handel hunderterlei
gute Dinge auf den Markt gebracht. Nur darf man
fertige Gebinde selten im Laden kaufen, denn der
Nlakartstrauß, der dort blüht, pflegt ein Nluster von
hjäßlichkeit zu sein. Diese pöbelhaft prahlenden Bron-
zirungen in Rnallgold, Rupfer, biarmin, Gnglisch-
grün u. s. w., diese giftigen Färbungen mit allen
Negenbogenfarben des Anilinhimmels, diese Zeugnisse
des Mangels an jedem Formensinn — man begreift
es kaum, wie sie Räufer finden können! Der arme
Nlann kann sich zudem auch ganz ohne Aosten wahr-
haft schönen und dauernden Zimmerschmuck durch Ge-
wächse der heimischen bvälder herstellen. Die Reiser
der Edeltannen z. B., durch Leimwasser dauerhafter
gemacht, und das rote winterliche Laub der Liche,


schen Theorie von einer thatsächlichen Beseeltheit des
Manzenreichs zu sein — wenn wir nicht denken,
sondern einfach naiv beschauen, sehen wir ja dennoch
die Blume als ein beseeltes Lebewesen an. Die
ganze pflanze, — aber die Blüte um so viel mehr,
als Zweig oder wurzel, wie das menschliche Haupt
mehr, als Ljaud oder Fuß. Ls geht freilich dem
Linen in höherem Grade so, als dem Andern, aber
es geht ihm um so mehr so, je mehr er phantasie
hat, je mehr er küustlerisch, je mehr er schön empfindet.
Sollte ich aus unserer poesie, aus unseren Sprich-
wörtern, aus uuseren täglichen Nedensarten erst Be-
lege vorführen? Die Rinder lachten mich ja aus!
Gewiß, die Blumen sind unserm Lmpfinden Lebewesen,
diese „holden", „sinnigen", „gesunden" oder „krankeu",
„lächelnden" oder „müden" lieben Blumeu . . .

Za, warum vergessen wir das dann so oft, wenn
wir Sträuße machen oder kaufen? Dieselbe Iung-
frau, die Nachmittags für ein „Rind Floras", das
sie von der kViese heimgebracht, wie für ein Nienscheu-
kind geschwärmt hat, beguckt Abends mit Genug-
thuung ihr Ballbouquet, in dem „Rinder Hloras" ver-
wendet sind, — als wären sie pflastersteine.

Deuu das ist ein Riangel unserer Blumenbinderei,
 
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