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Hllüßrirtk SalömonalssHaü.


Kerausgköer: IevdmM Kvknariüs.


Der Nachdruck von Beiträgen aus dieser Zeitschrift ist unter der deutlichen Duellenangabe „Das Aunstgewerbe, Dresden" gestattet.

Lrstes

August-Dett tSS2.

Westellgeld: 75 Vkennige vierteljäbrl.

Dett 2l.

Lweiter Aabrgsng.

Nüttds

* Über „ZapantSMUS" bringt Hans Schliep-
mann jetzt einen Aufsatz in der „Tägl. Nundfchau"^

„Als ich das wort zum ersten Male hörte, griff
ich mir schwindelnd an den Rsxf: Schon wieder ein
neuer ^ssmus, mit dem man Baalsdienst treiben
will, mit dem man wieder die gesunde vernunft aus-
treiben will, um eine hohle Schlagwortschelle an
ihren platz zu setzen!

Und richtig! Die Lsandelsrehenden für den neuen
Artikel rühren sich schon! Lin Blättchen nach dem
anderu nimmt Stellung zu dem neuen weltbeglücken-
den Ismus, der neben üoffs Ukalzextrakt, pears Seife
und Uligargees Barterzeuger allein unsere verrottete
Rultur wieder herstellen kann. Ls ist mit völliger
Sicherheit zu behaupten, daß die begeistertsten Lob-
redner des Iaxanismus vom wesen japanischer Runst
überhauxt gerade soviel und von den Lseilmitteln für
unsere greisenhaften Runstabzweige noch weniger ver-
stehen, als die Universaltränkchenbrauer von der
Uledizin und dem menschlichen Rörxer. verständnis
sür saxanische Runst und »Iapanisinus als Vorbild
für uns« sind geradezu Gegensätze, und selbst mit
Begeisterung fiir jaxanische Runst hat der sZaxanis-
mus nur sehr oberflächlich zu thun. Lr ist lediglich
ein neues rettendes Schlagwort für diejenigen Rreise
geworden, deren müdegekitzelte Nerven fortwährend
nach Neuem verlangen und deren Gehirnschwund
doch selbst nichts Neues zu erfinden vermag. Das
Rokoko war schon langweilig geworden, für das
Lmpire hat sich der nötige »Ukanager« noch nicht
gefunden; also 'mal sZapan, natürlich! Ausstellung
gesehn. sIroßartig! — In Lngland, dessen Nebel
noch niemals von einem Sonnenstrahl graziöser,
formen- und farbenfroher Runst durchdrungen wurden (?),
das aber von uns noch urteilslosen Deutschen jetzt
xlötzlich als geschmackregelnd angebetet wird, um so
den französischen Niodeteufel durch der Teufel obersten
zu ersetzen, in Lngland nahm auch der Iaxanismus
seinen Anfang, und verhältnismäßig noch in recht
vernünftiger Form. Die Runstschätze des South-Ren-
sington-Nkuseums, der rege ^andelsverkehr nach Gst-
asien hatten jene außerordentlich reiche Rulturblüte

bau.

allen Lmxfänglichen dicht vor die Augen gerückt.
Nkan bestaunte die unvergleichliche Technik und mühte
sich, ihren Geheimnissen beizukommen. 5ehr schön! —
Aber von der Technik verstanden doch schon zu lVenige
etwas. wenn diese nun ihre Lobespsalmen von
Rathedern und in der presse erhoben, mußte doch
auch die breite Nkasse ihr Verständnis beweisen; und
so begeisterte sie sich fürs Fratzenhafte. ()n diese
— ich möchte sagen Inkubationsstimmung fiel der
»Nkikado« Sullivans. Das war der Funke im pulver-
faß! Der hübsch bunt ausgeputzte burleske Aberwitz
wurde populär; die Damen kneteten sich ihr Haar
zu jaxanischen Spitzen in die kjöhe und suchten in
Rleidung und Beschuhung dem neuen schlotterigen
s)deal möglichst ähnlich zu werden. Die Tapeten-
fabrikanten brachten noch einige Farbenwalzen mit
Fächern und Fratzen mehr auf ihren nervenzerrütten-
den paxieren an, die bserren adoxtirten wenigstens
den Bambus und übten sich im Rretinismus — das
gab doch auch wenigstens eine Rarikatur, wie die
meisten jaxanischen Figuren ihnen erschienen; fiapa-
nismus aber war ihnen ja als wost st/Iisb ange-
xriesen!

Gegen all diesen Unfug und Aberwitz giebt es
aber nur ein Ukittel: Lrsatz des Nachbetens durch
verständnis. Niemand, der eine Runstweise aus ihren
Grundbedingungen, in ihrem innersten Leben begreift,
wird auf den Gedanken kommen, sie äußerlich nach-
zuahmen.

Lin solider Baum kann nicht auf einen andern
künstlich gepfropft werden; man kann wohl ein Neis
von jenem zur veredelung dieses einsetzen; dies Neis
wird aber auch durch die Läfte des neuen Ltammes
verändert werden. fin gleicher weise wäre unserer
Runst, namentlich der gewerblichen, das öinübcr-
nehmen mancher Schönheit aus dem Iaxanischen
wohl zu wünschen; aber es müßte -eine geistige,
säfteumbildende Aufnahme sein.

Dazu ist nun zunächst nötig, daß man das lvesen
japanischer Runst erst einmal erfasse. Dafiir ist bis-
her herzlich wenig geschehen. lvas wir bewunderten,
ist eigentlich stets nur die Technik gewesen. Und zum



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