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Auli-Dett I8S2.

Vestellgeld: 7^-M^nnige vierteljädrl.

Dett 20.

Lvveiter Aabrgang.

Nundscjbau.

» über Marocll, 1lv0l!0k!0 und Lopt 1m
beutigen kuustgewerblicNeil Llnterricbte

schreibt Lerd. Atoser im „Runstgewerbeblatte" u.
A. das Folgeude: „lVenn auch die kunstgewerbliche
chchule nicht mehr die eigentliche Führung in Lsänden
hat, so bleibt ihr noch die große Aufgabe, das Aunst-
gewerbe zu unterstützen, indem es ihm junge Aräfte
vorbildet oder weiter ausbildet. Aber es wäre den
Meistern und ihren Gehilfen wenig gedient, wenn die
Schule nicht Lühlung mit der werkstätle nähme, wenn
sie prinzipiell Front machen wollte gegen Stilricht-
ungen, welche einstweilen die herrschenden sind.

Freilich — die mittelalterlichen Stile und die des
tü. bis Atitte des 17. Iahrhunderts bieten dem
kunstgewerblichen Unterricht nicht entfernt solche
Schwierigkeiten, wie die Formen sxäterer Stilperioden,
denn je strenger sich Architektur und Grnamentik in
gewisse Gesetze fügen, desto leichter faßlich sind fie
auch für den mittelmäßig begabten Schüler. Ulit
letzteren müssen wir rechnen, mag man einwenden,
was nur immer. <Ls wird nicht allzuschwierig sein,
auch mit ihnen auf beschränktem Gebiete erfreuliche
Lrfolge zu erzielen.

Anders verhält es sich schon mit jener Spät-
renaissance, die man den Stil Ludwigs XIV. getauft
hat, dem Barock- oder gar mit dem Bokokostil (Re-
gence und Ludwig XV.).

Ulan hat da wohl wiederholt den Versuch ge-
macht, einfache Geräte, Uiöbel usw. im Lharakter
dieser Stile zu entwerfen und anzufertigen; der Lrfolg
war, selbst wenn ein bedeutender Aünstler sich um
die Sache angenommen hatte, zum mindesten für
Leute »ohne Brille«, ein sehr fragwürdiger. Man
hat es eben mit prunkstilen zu thun, welche im
bürgerlichen Heim nicht recht verwendung finden
können, wollen wir nicht zu der Nüchternheit des
Hausrats unserer Urgroßeltern, dessen geschweifte
Rommoden usw. uns noch in Lrinnerung stehen,
zurückkehren. Nur künstlerischer Schwung, nur ein
gewisser Reichtum in der verzierung kann ein Lr-
zeugnis dieser Stilrichtung zu rechter Geltung kommen
lassen.

kveniger als auf jedem anderen Felde ist daher
auf dem Gebiete des Barock- und Nokokostiles an
eine schablonenhafte, schulmeisterliche Behandlung des
Unterrichts zu denken. Lsier heißt es: So hat es
jener Meister gemacht, er hätte es aber auch wieder
ganz anders machen können. Freilich für die chchule
ein bedenkliches Ding, so sprechen zu müssen, und
gegenüber dem mäßig Begabten erst recht. Das
virtuose der Mache spielt eben, hauptsächlich im Nokoko-
stil, eine hervorragende Nolle.

Das in den letzten Sätzen Gesagte trifft aller-
dings bezüglich des »Zopfstiles« sehr wenig zu. Der
genannte chtil, bei dessen Formen es sich eigentlich
doch nur auch um eine Art nüchterner Nenaissance
mit einigen charakteristischen Absonderlichkeiten handelt,
soll hier überhaupt nur deswegen vorübergehend er-
wähnt werden, weil er sich, wie oben bemerkt, gleich
seinen bevorzugteren Brüdern schon ziemlich in den
vordergrund zu drängen beginnt. Gegebenen Falles
wird es nicht schwer sein, im Unterricht die wenigen
Ulerkmale des Ltiles zu erörtern und mundgerecht zu
machen. —

Schon im vorbereitenden Unterricht, hier im
Zeichnen nach plastischen Nkodellen, empfiehlt es sich,
unbeschadet der gotischen und Renaissancemodelle an
einigen Abgüssen von ornamentalen Bildwerken späterer
chtilarten die besonderen Nierkmale charakteristischer
Abweichungen der Ornamentik zu besxrechen, um
eine gewisse Linseitigkeit der chchüler, welche sonst
unvermeidlich ist, hintanzuhalten. Unentbehrlich ist
dabei jedoch, daß ein hinlängliches chtudium pflanz-
licher und tierischer Formen nach Naturobjekten
vorausgegangen sei, bezw. wenn nichts anderes mög-
lich gleichzeitig betrieben werde. Denn gerade die,
beispielsweise für den Rokokostil geradezu bezeichnen-
den, eingestreuten naturalistischen Ranken, Sträuße,
vögel usw. erfordern ein gewisses Vertrautsein mit
den Naturformen, wenn auch andererseits das Niuschel-
und Laubwerk häufig ohne jegliche Nücksicht auf
organische Lntwickelung gestaltet ist und mehr jDhan-
tasie, Lleganz der Linienführung und chinn für das
Ntalerische erfordert.



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