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Hllüßrirtk AalßmonlllßsUü.

Herausgeßer: IerdinaM Kvmariüs. ^

Lweircs

April-Dett lS92.

Westellgeld: 75 pkennige vierteljädrl.

Dett l-l.

Lwetter Aabrgang.


- Nusblicke aut dte Lul:untt des lkuns
gexverbes bietet ein Bericht von „w. v. s.", den
die „Leipz. Ztg." gelegentlich der Ansstellung von
Schülerarbeiten der Uunstgewerbeschnle zu Dresden
bringt. Ls ist eine kritische Ieit, heißt es darin, die
die Runstgerverbeschulen jetzt zu durchleben haben.
Die seit fünfundzwanzig Zahren herrschende Mode —
von Geschmack kann -hierbei nur in bedingtem Sinne
die Rede sein — beginnt sich, und zwar ziemlich xlötz-
lich, ihrem Lnde zuzuneigen. Lin Neues ist aber an
ihre Stelle noch nicht getreten. Da gilt es denn für
die Direktoren dieser Schulen mit feinem Sxürsinn
herauszufühlen, welche Bahnen die weitere Lnt-
wickelung wohl einschlagen möchte, und den ttnter-
richt mit Lnergie darauf zuzuschneiden. Nlan wun-
dert sich vielleicht, daß für Schulen, und seien es selbst
gewerbliche, eine so nahe Beziehung zur Nlode in
Anspruch genommen und gut geheißen wird; und denkt
wohl, das Schöne, das hier gelehrt werden soll, sei
doch etwas genugsam Feststehendes. Das ist im All-
gemeinen auch richtig, nur giebt es eine solche Fülle
und verschiedenheit schöner Formen und Farben, daß
ohne eine Auswahl unter ihnen in der praxis gar
nicht durchzukommen ist. Nnd zwar sowohl hinsicht-
lich der Lrzeugnisse vorhergegangener Zeiten wie hin-
sichtlich der Natur selbst. Bei einer Auswahl aber
macht sich sofort der herrschende, wenn auch noch
nicht allgemein verbreitete so doch historisch vorbereitete
Geschmack geltend. Dank dem anfangs mit Zubel
aufgenommenen, dann aber durch seine schrecklichen
Folgen iminer mehr in seiner Fehlerhaftigkeit erkannten
Satz, daß eine Lrlösung aus den verrotteten kunst-
gewerblichen Iuständen der Nlitte unseres Zahr-
hunderts in der Nachahmung des bewährten Alten
gesucht werden müsse, hat man in den letzten Zahr-
zehnten wenn auch nicht alle so doch viele Stile der
vergangenheit durchgesagt, die deutsche Renaissance
sörmlich zu Tode gehetzt, vom Rokoko, vom Iaxanis-
mus, zuletzt auch vom Lmpire genascht, und das Lr-
gebnis ist Übersättigung und Lkel. wo soll es nun
jetzt hinaus? Da ist es denn eine Freude, zu sehen,
wie zielbewußt auf der Drerdner Runstgewerbeschule

tÄAr^Zukunft entgegengearbeitet wird. cheit einer Neihe
von Zahren konnten schon die Ansänge einer Schwen-
kung dort beobachtet werden; heuer ist noch ein guter
chchritt vorwärts gethan worden. was vor Allem
den Überdruß hervorgerufen hat, das ist einerseits die
Lrtödtung aller echten Farben, indem man sie alle-
samt durch Beimengung eines ekelerregenden Brauns
abtönte und neutralisirte — was zum Teil durch die
starke Verwendung der erst seit etwa vierzig Zahren
entdeckten durchaus unkünstlerischen 2lnilinfarben seine
Lrklärung und Lntschuldigung finden mag; — an-
dererseits ist es die Lsäufung der kleinen, in der über-
wiegenden Mehrzahl den Gegenständen nur äußerlich
angeklebten Ziersormen. Aus der Ausstellung läßt
sich nun entnehmen, daß die Direktion den sich vor-
bereitenden Geschmack dahin sassen zu müssen glaubte,
daß sowohl in den Farben wie in den Formen eine
größere Ruhe, verbunden mit Rraft und Rlarheit, an-
zubahnen sei. Die historischen Stilarten, die ja unseren
verhältnissen in so wenigen Fällen angemessen sind,
treten als vorlagen immer mehr zurück; das Studium
der Natur tritt dafür um so stärker in den vorder-
grund. Aber nicht im malerischen oder naturalistischen
Sinn, sondern unter zielbewußter Anxassung an be-
stimmte Bedürfnisse oder Techniken wird es betrieben.
Die einzelnen Blumen werden auf das Architektonische
ihres Baues, auf den einer jeden von ihnen eigen-
tümlichen Stil hin studirt und dann in möglichst be-
stimmter und charakteristischer weise gezeichnet. Be-
sonderer Nachdruck aber wird auf die reine wieder-
gabe ihrer Farben sowie auf die xassende Iusammen-
stellung von Farben gelegt. Dieser Punkt erscheint
von äußerster wichtigkeit; denn aus der richtigen Ver-
teilung und Gruxxirung der Farbenflecke als solcher
erwächst doch die ganze Flächendekoration einerseits,
andererseits die richtige Ausstattung der wohnräume
überhauxt. Die Formen bilden hier eigentlich nur
die Fassung für die Farben und erwachsen erst aus
diesen leicht und ungesucht. weiterhin aber wird bei
den Naturstudien gleich darauf geachtet, wie sich
die auf ihre einfachsten Llemente zurückgeführten also
stilisirten Formen der einzelnen Naturbestandteile, der


— so —
 
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