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HllWirtk Slllßmonat§sHaü.

Herausgeöer: IerdinaM Kvenariüs. ^


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Lrsres

März-Dett lS92.

Westellgeld: 75 Dtennige vierteljädrl.

Dett ll.

Lvveitcr Aabrgang.

Nundsebau.

* Die kunstgewerblicben Lebranstnlten
von Ip^ris sollten von ben BehSrden wie von den
privaten Äunstgewerbtreibenden in Deutschland un-
ausgesetzt beachtet werden. wenn man überhaupt den
tvettbewerb unseres vaterlandes mit Lrankreich auf
dicsem cZebiete aufrecht erhalten will. Deshalb halten
wir uus auch verpflichtet, den nachfolgeuden Aufsatz
seinem wesentlichen Znhalte nach wiederzugebeu, den
Ls. Back, der Direktor der städtischen gewerblichen
Lortbildungsschule in Lrankfurt, iir der „Lrf. Z." ver-
öffentlicht. Nach einer allgemeinen Linleitung über
die Lülle von Anregungen, die der pariser Runst-
handwerker alltäglich erhalten kann und der er sich
auch mit <Lifer und Liebe hingiebt, weudet sich der
ve, fasser dem gewcrblichen llnterrichtswesen iu Lrank-
reich zu:

Die frauzösische Negierung hat, durchdrungen
vou der Notwendigkeit der steten Unterstützung und
lfebung von Zndustrie und Gewerbe, gerade in den
letzten Zahren außerordentlich viel für die Lrrichtung,
Uuterhaltung und Lntwickelung gewerblicher Lehr-
austalteu gethan. paris allein besitzt ganz bedeutende
derartige Institute, sowohl für das männliche, wie
für das weibliche Geschlecht, für welche es alljähr-
lich enorme Summen aufwendet.

Die zwei bedeutendsten Schuleu für gewerbliches
Zeichneu sind: U'öoole muuicipals elu clessiu pratigue
Oermaiu-Uilou, 12 rus Lt. lUisabetü, und I'ecole
luuuicipale Ueruarcl Uuliss)-, 2Z rue cles ?etits Ilotels.
Die letztere ist gewissermaßen eine Schwesteranstalt
der ersteren. lvährend in fener nur Nnterricht im
Zeichnen, Maleu und Nkodellircn erteilt wird, besitzt
diese noch besondere lllteliers für Dekorationsmaler,
Alusterzeichner, Dolz- und chteinbildhaucr. Der Lehr-
gang beider Schulen ist ein dreijähriger, sowohl für
die Tages- wie für die Abendschüler. Lür den Tages-
nnterricht werden Anaben vom t-t. Lebensjahre an,
"ach Ableistung eines sehr einfachen Lxamens, auf-
geuommen. Morgcns wird theoretischer, Nachmittags
meist praktischcr Üuterricht erteilt. Die Tagesschüler
stnd durch den Unterricht vollständig in Auspruch ge-
nommen, so daß es ihnen nicht moglich ist, ncbenher
", lverkstätten beschäftigt zu sein. Der Anabe, welcher

sich für ein Lach der dekoraliven Runst ausbilden
will, verbringt die Lehrzeit lediglich iu der Schule,
aus welcher er später als praktischer Arbeiter her-
vorgeht, der in pariser lverkstätten sehr gesucht und
gut bezahlt wird. Ls giebt Aunstgewerbetreibende,
welche nach 2—H jährigem Besuch dieser chchulen in
pariser Geschäften je nach ihren Leistungen 5 bis
so Lres täglich verdienen.

Lür die Lortbildung der Arbeiter wiederum dienen
Abendkurse sau denen selbst Nteister Teil nehmen)
mit theoretischen und xraktischen Uuterweisungeu.
Beide Arten des Unterrichts in der Tagesschule wie
in der Abendschule suchen das lvissen und Rönnen
des Gewerbtreibenden, der den Tag über seiner Ar-
beit nachgeht, mit Beziehung auf seinen Beruf zu
erweitern.

Der Unterricht iu beiden chchuleu ist vollständig
unentgeltlich, ja mehr uoch, man zahlt sogar vom
2. chchuljahre ab den bessereu chchülern Tagesprämien
(6es primes journaliorss cl'euoouraAement) in bföhe
von t—2 Lr., wodurch man die chchüler davon zu-
rüekhalten will, sich anderweitig Verdienst zu suchen,
damit sie sich ganz der Schulthätigkeit widmen können.
Außerdem gelangen alljährlich zwei ötipeudien au
die besteu Schüler zur verteilung.

Der Unterrichtsgaug im Zeichnen ist meist sehr
kurz gehalten. Auf die erste Ltufe desselben scheint
weuiger Gewicht gelegt zu werden. Auf Uorrektheit
uud Leinheit der Ausführung wird nur bei vor-
geschritteneren Schülern gesehen. Ganz besonders
jedoch fucht man Lormen- und Larbensiun zu ent-
wickeln und die phantasie anzuregen, indem man
die Schüler uicht lange nach dem weißen Gips-
modell, sondern alsbald nach farbigen Gebrauchs-
Gegenständen, natürlichen Lrüchten, pflanzen zeichnen,
malen und modclliren läßt, namenlich aber fördert
diese L-cits des Unterrichts der Besuch der ausgezeich-
neten Bibliotheken beider chchulen, der in der Loole
Germain-jflilon täglich eine 5tunde obligatorisch ist.
Um die 5chüler zur Gewandtheit und Lertigkeit in
der Uomposition zu fördern, schreibt man kleinere
Aonkurrenzarbeiten unter ihnen aus, von denen dann
die besseren nnt fl>reisen ausgezeichnet werden. Ls
 
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