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luste in Äechnung ziehn, welche die Religionskriege
und die Umwälzungen zu Beginn unsres s)ahr-
hunderts sowie die sich jeder Berechnung entziehenden
Verschleuderungen durch Unverstand und Babsucht
iin Gefolge hatten. Aber ebenso unermeßlich wie
den Usichtum dieser Rirchenschätze müssen wir uns
den Linfluß vorstellcn, den sie auf das Runstgewerbe
ihrer Zeit ausübten. Lsier trat genau das Gleiche
ein, was wir nach dem Bericht glaubwürdiger Schrift-
steller im griechischen Altertum fanden: Die hohe
Verehrung des Grtes, an dem diese werke der Rlein-
kunst aufbewahrt wurden, die k^eiligkeit des Ge-
brauches, welchem sie dienten, spornten den Rünstler,
der von der Geistlichkeit mit Aufträgen geehrt wurde,
zum höchsten Linsetzen seines Rönnens an, um die
alten, der Gemeinde bekannten lverke womöglich zu
übertreffen.

Und nun kommen wir zum Rernpunkt des Ge-
dankens, der uns beschäftigt: Bestehen bei uns Lin-
richtungen, um das viele und künstlerisch kvertvolle,
das sich trotz aller Ungunst der Zeiten in den
Sakristeien unserer Rirchen erhalten hat, in gleicher
kveise für das moderne Runsthandwerk als vorbild
nutzbar zu machen. wie es nach unbestreitbarer Über-
lieferung früher der Fall war? wir glauben diese
Frage mit Nein beantworten zu müssen.

kvir haben wohl kaum nötig, an dieser Stelle
näher anf die überaus große lvichtigkeit einzugehen,
welche die vorbilder der Vergangenheit und ihr all-
gemeines Bekanntwerden für das moderne Runst-
gewerbe besitzen. kvenn selbst ein xessimistisches
Urteil dem letztern einen frischeren Aufschwung, eine
erhöhte Leistungsfähigkeit in den letzten zwei Zahr-
zehnten nicht absprechen kann, so wissen wir auch,
daß zu diesem erfreulichen Lrgebnis die in Runst-
gewerbemuseeu nnd Sonderausstellungen einem weiten
Rreise bekannt gewordenen Ukeisterwerke der ver-
gangenheit in zweifachem Binne beigetragen haben:
Ginmal haben sie dem modernen Arbeiter den Ropf
mit guten Gedanken, mit neuen Motiven gefüllt, sein
Urteil über die notwendige vollendung der Arbeit
geläutert; anderseits haben sie dem kaufenden und
bestellenden publikum ein lebhaftes Znteresse an den
kverken des Runsthandwerks, und mit der Lust zum
Besitz einen richtig gestellten Begriff von dem Ukarkt-
wert künstlerisch durchgeführter thandarbeit verschafft.
Diese beiden großen, gar nicht wegzuleugnenden
Lrfolge der letzten zwanzig Iahre sollte man immer
wieder rühmend hervorheben, und namentlich den-
jenigen entgegenhalten, die geneigt sind, über die bis
in kleinere Grte hinein sich erstreckenden Uluseums-
gründungen, über die bei jeder Gelegenheit unter-
nommenen Altertumsausstellungen abfällig oder sxöttisch
zu urteilen. Vornehmlich diesen veranstaltungen haben
wir es zu verdanken, wenn, um nur auf dem Gebietc
der kirchlichen Runst zu bleiben, auch in der welt-
fernsten pfarre der Geistliche Znteresse für die kunst-
schöne Ausstattung seiner Rirche bekommt, wenn er
gute alte Btücke, die sich im Rircheninventar erhalten
haben, konservirt und bei Neuerwerbungen über stil-
rechte Formen wacht. Und sollte es zu rechtfertigen
oder auch nur zu entschuldigen sein, wenn wir in
der Rette dieser Bestrebungen auf ein Glied so gut
wie völlig verzichten, das gerade für die kirchliche

- ss
 
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