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in den Gefängni»en. Ivas sonft noch für die Aus-
fuhr gearbeitet wird, wird von den eheinaligen Me-
bern der Raschinir-Lrzeugung geliefert, die durch
das Ainken ihres l^andelsartikels brodlos geworden
sind. Das indische Rliina ist iin allgeineinen weder
der Lrzeugung der zu dieser IVeberei nötigen, weichen
Wolle noch der Lrhaltung der Teppiche selbst gün-
stig. Die Lust ist zu seucht dafür. Die dlluster
sind geoinetrisch, init eingestreuten Dluinen. dlllein inan
erfindet kriinc neuen inehr, sondern begnügt sich init der
Nachahinung der alten. Lin solcher nachgeainter, von
Gesangenen gearbeiteter Deppich stellt sich bei einer Dreite
von zwöls Luß und einer Llänge von zwanzig Fuß aus
zweitausend A'lark. Lin einzelner Akann würde sast
neun s)ahre daran weben. Iin Grient werden solche
Geppiche zum bvandschinuek benutzt. s)in indischen
Abuseuin gibt es einen Tcppich, der drei und eine
halbe Alillion ^-tiche enthält und dessen Muster so
koinpliziert, dessen Schattierungen so sein sind, daß
nicht zwei Stiche neben einander von gleicher Larbe
sind.

II

Nicht uinsonst ist Indien die IViege des Illenschen-
geschlechts genannt worden. Daß auch Kunst und
Gewerbe dort zu einer Zeit, als Griechenland noch
nicht das Zeitalter des sderikles erreicht hatte, zu hoher
Blüte gelangt waren, lehrt uns das obere Stoekwerk
des indischen llluseuins in tondon.

Der Treppenansgaug ist init dlbgüssen von Belies-
verzierungen nnd Bildern indischen Lebens und indischer
Bauwerke geschinüekt, ein inächtiger Thorweg erwartet
uns ain Gingang der ^aalreihe, die Bachbildung eines
der vier Lingänge zu dein buddhistischen Lieiligtuine
bei ^anchi iin Znnern der indischen bialbinsel. Dies
Deiligtuin, eine mehr als sechzig Luß hohe Riesenkuppel
aus Stcin, deren Durchinesser hundertzwanZig Lnß
beträgt, steht aus einein dreihundert Luß hohen löügel
in der Nähe der Ätadt öanchi und soll aus dein
sünsten Zahrhundert vor Ghristi Geburt staininen.
Zetzt ist ein üppiger pslanzenwuchs zwischen den Lüeken
und chigen der Steinquadern ausgeschossen und die
vier dreiunddreißig Luß hohen Thore, welche die
steiuerne Illauer unterbrachen, liegen zuin Teil in
Trüininern. Denn in dein Geburtslande Buddhas
gibt es nur noch wenige Anhänger seiner Religion,
deren Bekenner in den andern Ländern dlsiens nach
Lsunderten von Alillionen zählen. Das Alodell jenes
Thores besteht aus zwei viereckigen, steinern jcheilern,
über denen drei ebensalls steinerne, geschweiste 6Zucr-
balken liegen; jdfeiler und Balken sind init einein
dichten Netzwerke von Bildwcrken in Relies oder
völliger Rundung bedeekt. Schon aus der Ferne ge-
sehen, erinnert dieses Gewiininel von Alenschen- und
Tiergestalten an die Fülle organischen Lebens in der
südlichen Natur. Zn der Nähe betrachtet, entbehren
sie sreilich der hohen vollkoininenheit der griechischen
Zdealgestalten, geben uns aber dasür die bis in die
kleinsten Züge getreue Nachbildung der IVirklichkeit.
5o sind z. B. nicht zwei der vielen, aus dein Thor-
bogen dargestellten Llefanten einander in Stellung und
Daltung gleich. Durch diese verschiedenheit entwiekelt
sich ein reiches individuelles Leben in den Gruppen.
Die indischen Rünstler gehörten schon in der Urzeit
der natnralistischen Richtung an.

dlguarelle von cnropäischen Rünstlern schildern
an den Ivänden des ersten Liaales indische Landschasten,
Bauwerke und Persänlichkeiten in erschöpsender Btufen-
solge von dem init Zuwelen besäeten, aus polstern
ruhenden Lürsten bis znin halbnackten Bettler. Rreide-
zeichnungen in einein der anstoßenden Geinächer zeigen
verschiedene Gcwerbe in ihrein Getriebe, ein Lrgänz-
ung zu den schon erwähnten Thoninodellen. Unter
den landschastlichen und architektonischen Ansichten siud
einige nicht nur durch die Aninut der darin wieder-
gegebenen Bauwerke, sondern durch die sich daran
anknüpfcndeu Zdeenverbiudungen besonders anziehend.
So das berühinte Ulausoleum, das der Schah Zehan
iin dlnsang des siebzehnten Zahrhunderts zuin Ge-
dächtnis seiner heißgeliebten Gattin in Agra errichten
ließ, das Taj Ulahal. Ls ist ganz aus inilchweißein
Ularinor erbaut. Bei den Zndiern war es Ätte, ihre
Toten dort zu bestatten, wo sie gelebt hatten. Darnni
trisst inan verödete Ularinorpaläste, die das Grabinal
ihrer srüheren Besitzer geworden sind. Als die Gattin
^chah Zehans gestorben war, die nach den IVorten
der Znschrist viel edler gewesen, als die köstlichsten
Perlen, beschloß der 5chah ihr ein Denkinal zu setzen,
das nicht nur die Zahrhunderte überdauern, sondern
an ^chönheit alle vorhandenen Bauwerke in den
^chatten stellen solle. Allein diese perle unter den
Lrauen besaß kein Lustschloß, das er in ihre letzte
Rnhestätte verwandeln konnte, nur einen Garten hatte
sie dicht ain Zuinnaslusse besessen, voll von Rosen,
Lilien, Zitronenbäuinen und anderen süßduftcnden
Bluinen und ^träuchern. Sie hatte von dort einen I
Ausblick über den Lluß auf die roten L-andsteininauern
der Burg von Agra und die paläste der Stadt ge-
habt und das Rauscheu der Ivellen des heiligen Llusses
gehört. köier beschloß si-chah Zehan ihr ein Alausolenin
zu bauen. „IVie inein lveib", sagte er, „die schönste
und unvergleichlichste unter den Frauen war, so soll
auch ihr Grab das herrlichste und kostbarste in der
Ivelt werden." Bauleute wurden aus allen Ländern
Zndiens bcrusen und bald erhob das Taj Alahal
seine vier schlanken, schneeweißen Rlinarets und seine
schiininernde Ruppel aus dein Grün des uingebcnden
Gartens. Durch ein Thor aus weißein Rlarinor init
bnnten Bluinenranken eingelegt, tritt inan in den
Gartcn, eine doppelte Reihe düsterer Zypressen sührt
nach deni Lingang des Mausoleuins. bjier stehen
unter einer roten dlinpel die beiden Sarkophage hinter
einer Schirinwand aus weißein durchbrochcnein Rlarnior.
So kunstvoll ist der spröde Stoss bearbeitet, daß inan
nieint, das fsinste versteinerte Spitzengewebe zu sehen.
Die tr-arkophage sind init bunten Bluinengewinden in
den weißen Rlarmor eiugelegt. Lin jslorentiner Rünstler
soll das florentinische Rlosaik zur Ausschinückung des
Grabinals in Anwendung gebracht haben. Das Rluster
ist jedoch die echte dlrabeske, ein aninutigcs Gewinde
zarter Stengel und Ranken init schöngeschwungenen
Blättchen, halbgeöfsneten Rnospen und leichtgeneigten
Blüten.

Das R u n st g e w e r b e hat sich in Agra und
Delhi dcs B l u in e n in o s a i k s aus dein Taj Rlahal
beinächtigt und es zur Verzierung von Vasen, Schalen,
Bechern, Rasten, Schachbrettern und Tischen benutzt.
Die sarbigen Steine, die inan zuin Linlegen in den
weißen Rlarmor verwendet, sind Zaspis, Rarneol und
 
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