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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 8.1897

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Homann-Lanfer, Elisabeth: Spitzenstudien aus Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.4884#0026
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Kandelaber-Aufsatz für das neue Palais zu Potsdam, ausgeführt in der Kunstschlosserei von

Ferd. Paul Keügeu, Berlin.

SPITZENSTUDIEN AUS VENEDIG.

]N Venedig, der Stadt der plastischen
Spitzen, findet sich an und über Spitzen
weniger als man erwartet. Kirchen und
Museen, Bibliotheken und Archive sind
nicht so reich, wie man glauben sollte.
Was Kirchen noch an alten Spitzen
besitzen, ist fast unsichtbar. Ängstlich gehütet, werden
sie nur an den Festtagen der großen Kirchenheiligen
hervorgeholt.

Die kleine Kirche „La Fava" der Congregazione
dei Filippini besitzt wohl noch wunderbare Spitzen,
doch erst nach langem Zureden gab es einige Priester-
gewänder mit Besätzen von punto di Venezia zu sehen;
über i/2 Meter breit, waren sie so fein, wie es selten
vorkommt.

Spitzen von der gleichen Art und ebenfalls aus
dem Ende des XVII. Jahrhunderts trug in S. Marco
der Patriarch von Venedig am Osterfeste und am Markus-
tage des Jahres 1895. Da 800 Jahre seit Überführung

Kunstgewerbeblatt. N. F. VIII. H. 2.

der Gebeine des Heiligen von Alexandria verflossen
waren, so wurde jener Tag ganz besonders festlich be-
gangen. Aber die von nah und fern herbeigeeilten
kirchlichen "Würdenträger, Erzbischöfe und Bischöfe
trugen bei der großen Prozession, einer kirchlichen Ee-
präsentationsgelegenheit ersten Ranges, die allergewöhn-
lichsten geklöppelten und gehäkelten Spitzen an den
sonst so reichen Gewändern.

Die meisten Kirchen haben verkauft, was sie an
alten Spitzen besaßen.

Von der reichen Sammlung, die nach Mrs. Palliser
1866 in der Kirche S. Martino zu Burano vorhanden
war, ist nahezu alles verschwunden; zwei hervorragend
schöne Stücke erzählen noch von dem alten Eeichtum.
Diese wurden im XVII. Jahrhundert in einem Burano-
Kloster gearbeitet und nach dessen Aufhebung durch
die Franzosen der Kirche von den Nonnen geschenkt.
Beide Stücke zeigen Figuren in Blattornament, wunderbar
fein und reich: auf einem Stücke die 15 Mysterien des

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