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SPITZENSTUDIEN AUS VENEDIG.
Gobelin, nach einem Entwurf von Professor Max Koch ausgeführt in der Gobelin-Manufaktur von W. Ziesch& Co., Berlin.
Stadt:'AI S. Carlo, Alle due Eose, AlPrenrio, AI Bucintor
Dncal, All' Aquila d'oro, Alla Madonna degli Angeli
und AI Cardinal. Man darf annehmen, dass dort haupt-
sächlich ausländische Spitzen verkauft wurden, denn da-
mals hießen die venetianischen „antichi", ein Wort, das
zu jener Zeit nicht den guten Klang hatte, wie heute.
Neben den festen Lüden gab es aber auch herum-
ziehende Händler. 1704 (matricola Märzen R. Archivio
Gen.) beklagen sich die „fratelli di sede e romanete"
über die Händlerinnen, die in der Stadt herumziehen
und „merlami d'ogni sorte e ponto in aria" verkaufen.
Sie schaden den sesshaften Kaufleuten, und diese be-
schließen, sie nicht mehr in ihre Zunft aufzunehmen.
Im Jahre 1751 nimmt sich endlich die Regierung
zum ersten Male der Spitzenindustrie an. Veranlassung
dazu gab eine Bittschrift, die wegen neuer französischer
Spitzen, der sogenannten Blonden, an den Senat ge-
richtet wurde. Die Franzosen, immer geschickt, die
Mode zur Förderung ihrer Industrie zu benutzen, führten
diese Blonden (merli biondi) ein, die die venetianischen und
flandrischen Spitzen schnell verdrängten. Venedig zahlte
so große Summen für Blonden, dass der Staat der Ein-
führung Einhalt zu tliun beschloss. Da kam es gelegen,
dass zwei Venetianer Benedetto Rainieri und Pietro
Gabrieli 1749 jene Blonden nachzuahmen versuchten
und 1751 ein Privilegium für zehn Jahre mit Steuer-
befreiung u. s. w. nachsuchten. Der Senat bewilligte die
Bitte und ein zweites Dekret vom Jahre 1751 verbot
die Einfuhr der ausländischen Ware. Die Fabrikanten
gaben vielen Frauen in den Stadtteilen Castello, S. Vio,
S. Agnese und S. Gregorio Arbeit; 1758 beschäftigten
sie 15 Lehrerinnen und 433 Schülerinnen. Sie ließen
nur chinesische Seide verarbeiten.
Am 20. März 1757 hatten Rainieri und Gabrieli
um Erneuerung ihres Privilegs gebeten, die durch
Beschluss der V. Savi 1759 gewährt wurde. Zanon
sagt von venetianischen Blonden, dass sie so geschätzt
gewesen wären, wie die Pariser. 1763 war der Ver-
brauch von seidenen Spitzen wieder ein so kolossaler,
dass andere Kaufleute Bittschriften einreichten, die um
Aufhebung des Privilegs jener beiden Associirten vor-
stellig wurden. Die Urkunden schweigen über den
Fortgang der Sache.
Doch auch die übrigen venetianischen Spitzen
standen damals in gutem Ansehen, besonders im Aus-
lande. Zanon berichtet, er habe von dem Spitzenhändler
Giuseppe Berardi gehört, dass jener die Spitzen für
das Prachtbett Joseph's IL im Werte von 30 000 Gulden
geliefert habe.
1792 spricht die Gazzetta Urbana Veneta in hohen
Ausdrücken von den besonders feinen Spitzen arbeiten
der Frauen Buranos. Man nehme an, sagt die Zeitung,
SPITZENSTUDIEN AUS VENEDIG.
Gobelin, nach einem Entwurf von Professor Max Koch ausgeführt in der Gobelin-Manufaktur von W. Ziesch& Co., Berlin.
Stadt:'AI S. Carlo, Alle due Eose, AlPrenrio, AI Bucintor
Dncal, All' Aquila d'oro, Alla Madonna degli Angeli
und AI Cardinal. Man darf annehmen, dass dort haupt-
sächlich ausländische Spitzen verkauft wurden, denn da-
mals hießen die venetianischen „antichi", ein Wort, das
zu jener Zeit nicht den guten Klang hatte, wie heute.
Neben den festen Lüden gab es aber auch herum-
ziehende Händler. 1704 (matricola Märzen R. Archivio
Gen.) beklagen sich die „fratelli di sede e romanete"
über die Händlerinnen, die in der Stadt herumziehen
und „merlami d'ogni sorte e ponto in aria" verkaufen.
Sie schaden den sesshaften Kaufleuten, und diese be-
schließen, sie nicht mehr in ihre Zunft aufzunehmen.
Im Jahre 1751 nimmt sich endlich die Regierung
zum ersten Male der Spitzenindustrie an. Veranlassung
dazu gab eine Bittschrift, die wegen neuer französischer
Spitzen, der sogenannten Blonden, an den Senat ge-
richtet wurde. Die Franzosen, immer geschickt, die
Mode zur Förderung ihrer Industrie zu benutzen, führten
diese Blonden (merli biondi) ein, die die venetianischen und
flandrischen Spitzen schnell verdrängten. Venedig zahlte
so große Summen für Blonden, dass der Staat der Ein-
führung Einhalt zu tliun beschloss. Da kam es gelegen,
dass zwei Venetianer Benedetto Rainieri und Pietro
Gabrieli 1749 jene Blonden nachzuahmen versuchten
und 1751 ein Privilegium für zehn Jahre mit Steuer-
befreiung u. s. w. nachsuchten. Der Senat bewilligte die
Bitte und ein zweites Dekret vom Jahre 1751 verbot
die Einfuhr der ausländischen Ware. Die Fabrikanten
gaben vielen Frauen in den Stadtteilen Castello, S. Vio,
S. Agnese und S. Gregorio Arbeit; 1758 beschäftigten
sie 15 Lehrerinnen und 433 Schülerinnen. Sie ließen
nur chinesische Seide verarbeiten.
Am 20. März 1757 hatten Rainieri und Gabrieli
um Erneuerung ihres Privilegs gebeten, die durch
Beschluss der V. Savi 1759 gewährt wurde. Zanon
sagt von venetianischen Blonden, dass sie so geschätzt
gewesen wären, wie die Pariser. 1763 war der Ver-
brauch von seidenen Spitzen wieder ein so kolossaler,
dass andere Kaufleute Bittschriften einreichten, die um
Aufhebung des Privilegs jener beiden Associirten vor-
stellig wurden. Die Urkunden schweigen über den
Fortgang der Sache.
Doch auch die übrigen venetianischen Spitzen
standen damals in gutem Ansehen, besonders im Aus-
lande. Zanon berichtet, er habe von dem Spitzenhändler
Giuseppe Berardi gehört, dass jener die Spitzen für
das Prachtbett Joseph's IL im Werte von 30 000 Gulden
geliefert habe.
1792 spricht die Gazzetta Urbana Veneta in hohen
Ausdrücken von den besonders feinen Spitzen arbeiten
der Frauen Buranos. Man nehme an, sagt die Zeitung,