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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 8.1897

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Die bayerische Landes-Industrie-Gewerbe- und Kunst-Ausstellung in Nürnberg 1896
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https://doi.org/10.11588/diglit.4884#0054
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DIE BAYERISCHE LANDESAUSSTELLUNG IN NÜRNBERG 1896.

Ausstellungsbauten einzutreten. Es sei nur noch die
Frage aufgeworfen, ob es wirklich immer richtig und
der wirklichen Bedeutung der doch nur auf kurze Zeit
und für ganz besondere Zwecke errichteten Ausstellungs-
bauten entsprechend ist, mit allen möglichen, größtenteils
doch Surrogatmitteln den Eindruck einer monumentalen
Palastfassade zu geben, umsomehr, als diese doch nur
Blendfassade sein kann, und dieser Charakter im Innern
meist nicht durchführbar bleibt.

Auch in Nürnberg hat man schon mit Rücksicht
auf die den einzelnen Kreisen überlassene Ausschmückung
diesen Charakter trotz der imposanten Weite der Mittel-
halle in dieser nicht durchgeführt. Man hat sich darauf
beschränkt, das im Natur-
ton sich zeigende Spar-
renwerk des frei belas-
senen Dachstuhls durch
Festons und Laubwerk
etwas festlicher zu ge-
stalten, und im übrigen
haben die acht Kreise die
von der Mittelhalle nach
der ihnen jeweils zuge-
wiesenen Seitenhalle füh-
renden Portale in der

verschiedenartigsten
Weise architektonisch
und dekorativ behandelt.
Während der am Ende
der Mittelhalle unterge-
brachte Kreis Mittelfran-
ken seine Abteilung durch
den Einbau eines nach
einem 1612 zu Ehren
des Kaisers Matthias er-
richteten Triumphbogens
nach Direktor C. Ham-
mer's Entwurf ausgebil-
det hat, Oberbayern durch
Prof. E. Seidl ein sehr
streng im neuklassischen
Stile gehaltenes Portal
errichtete, hatte andererseits der Maler Ferd. Wagner
in München der Niederbayerischen Abteilung ein früh-
gotisches Portal vorgesetzt und diesen Charakter in
dem Innenraume der anstoßenden Halle wirksam weiter-
geführt.

So verschiedenartig diese Portale, so verschiedenartig
war auch das Maß von dekorativem Schmuck, das im
Innern der nach dem Wiener Fischgrätensystem er-
richteten Seitenhallen zur Verhüllung der Wände und
der meist in ihrer rohen, dem vorübergehenden Zwecke
angepassten Holzkonstruktion des Satteldaches aufge-
wendet wurde. So verschiedenartig waren aber auch
die Leistungen, welche das uns hier zunächst und eigent-

Bayerische Landesausstellung in Nürnberg 1896.
Triumphthor der mittelfränk. Abteilung. (Architekt Dir. C. Hammer.)

lieh ausschließlich interessirende Kunstgewerbe aufzu-
weisen hatte. — Bei der naturgemäßen und oft sehr
starken Lückenhaftigkeit, zumal gerade die Münchener
Kunstgewerbetreibenden sich nur sehr spärlich beteiligt
hatten, ist es nicht immer leicht, ein Gesamtbild zu ent-
werfen. Wenn wir mit der Metallindustrie beginnen,
so standen vor allem gleich wie auf der Berliner Aus-
stellung die Schmiedeeisenarbeiten auf einer recht er-
freulichen Stufe und ließen überall gesunde, dem Material
angepasste Durchbildung erkennen, umsomehr, als man
fast nur Bedarfsarbeiten, keinen Kraftstücken d. h. ledig-
lich für die Ausstellung gearbeiteten Stücken begegnete.
Hervorzuheben ist vor allem ein großes Parkthor im

Stil Louis XIV. von A.
Leibold & Sohn in Nürn-
berg, sowie ein mit reich
geschmiedeten Blumen
verziertes Thor von H.

Goebel in Augsburg.
Auch gute Grabkreuze,
so von Jacob Kaiser in
Regensburg, C. Heilmaier
in Landshut, Wirtshaus-
schilde , Rahmen, Be-
schläge von verschiede-
nen Meistern wären zu
nennen und zu betonen,
dass in allen Landes-
teilen und selbst an den
kleineren Orten technisch
wie sachlich gesunde Be-
handlung des Eisens zu
finden ist.

Nächst dem Eisen
ist in Kupfer- und Zinn-
gefäßen manches tüchtige
Stück ausgestellt gewe-
sen, voran von H. Seitz
Nachfolger und F. X. Kus-
terer in Augsburg. Die
NürnbergerFirmen Loeb-
lein und Krafft und Kain-
ziger zeigten, ersterer in Kupfer-, letzterer in Zinngefäßen
insofern gesundere Behandlung der Stücke, als sie sich
von der zu reichen Ornamentirung und teilweise zu
feinen Reliefirung lossagten. Was L. A. Riedinger in
Augsburg ferner an Beleuchtungskörpern leistet, hat er
ja längst und erst wieder an den Lichtkronen des
Reichstagsgebäudes gezeigt, dass man sich auf Nennung
seines Namens ebenso beschränken darf, wie bei den
übrigen meist figürlichen Bronzearbeiten von Chr. Lenz
in Nürnberg und Fritz von Miller in München.

Dass unsere Edelmetallarbeiten jetzt wieder die
Höhe der alten erreicht haben, ist ja wohl anerkannt,
wenn auch die Nachahmung alter Formen noch sehr im
 
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