Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 8.1897

DOI article:
Bruening, Adolf: Der Kronleuchter, [2]
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.4884#0074
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
60

DER KRONLEUCHTER.

trägt, wie der Lübecker
Leuchter.

Übrigens steht
diese Verbindung der
Öllampe mit der Kerze

nicht vereinzelt da.
Auch das Schloss zu
Laxenburg besitzt einen
im Jahre 1404 von den

Gesellen der Rot-
schmiedezunft zu Nürn-
berg in die Nikolai-
kirche zu Eger gestif-
teten Kronleuchter, des-
sen Mittelstück eine
ewige Lampe birgt.

Der Klasse der
Architekturkronen ist
endlich auch der be-
kannte Kronleuchter im

Nationalmuseum zu
München beizuzählen,
der statt der kirchlichen
Architektur einen voll-
ständigen Burgbau mit
dem Wappen Nürn-
bergs zeigt. (Abb. bei
Schultz, Deutsches Le-
ben im XIV. und XV.
Jahrb., Fig 119.) Es
ist das direkte Gegen-
bild der alten romani-
schen Mauerkrone, nicht
mehr die himmlische
Burg, zu der sehn-
süchtig die Blicke der

Andächtigen hinauf-
schauten, sondern die
irdische Veste, dem Bür-
ger zum Schutz, den
Feinden zum Trutz.

Die große Vor-
liebe, mit der das Mit-
telalter allerlei Natura-
lien , denen zumeist
irgend eine Wunder-
sage oder frommer
Aberglaube besondere
Wertschätzung gege-
ben, zu Geräten man-
cherlei Art verarbeitete,
hat auch die Bildung
des Kronleuchters bo-
einflusst. Schon fran-
zösische Inventare aus

Leuchter im Dome zu Lübeck.

dem Anfange des 14.
Jahrhunderts melden
von Leuchtern, die aus
Geweihen und zugefüg-
tem figürlichem Zierat
bestanden, in der Spät-
gotik bürgert sich diese
Sitte immer mehr ein,
um in dem erweiterten
Formenkreise der Re-
naissance noch größeren
Reichtum an wechsel-
vollen Bildungen zu ge-
winnen. Das Gehörn,
die Trophäe der Jagd,
die von jeher das aus-
schließliche Vorrecht
jedes vollfreien Grund-
besitzers auf seinem
Gebiete gewesen war,
mochte seit langem
einen vornehmen Zim-
merschmuck des Hauses
gebildet haben. In der

Mitte des Wohnge-
maches aufgehängt, eig-
neten sich die viel-
zackigen Äste des Ge-
weihes vortrefflich zur
Anbringung von Lich-
tern, wenn man es
nicht vorzog, das Ge-
weih einfach als Deko-
rationsstück mit dem
dieselbe Stelle des Ge-
maches beherrschenden
Kronleuchter in mehr
oder minder feste Ver-
bindung zu bringen,
ohne es selbst direkt
als Lichtträger zu ver-
wenden. Neben dem
Geweih des Hirsches,
des Renntieres, dem Ge-
hörn des Steinbockes

begegnen uns auch
fremdländische Natura-
lien, wie die Zähne des
Elephanten u. a. Der
fromme Wahn, der sich
an derartige Gegen-
stände vielfach knüpfte,
verschaffte solchen Ge-
bilden auch den Ein-
lass in die geweihten
 
Annotationen