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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 8.1897

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Bruening, Adolf: Der Kronleuchter, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4884#0075
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DER KRONLEUCHTER.

61

Räume des Gottes-
hauses. Die Stephans-
kirche zu Tanger-
miinde besitzt nocli
ein Hirschgeweih mit

einem Marienbilde,
offenbar ehedem als

Kronleuchter ver-
wandt, das Stoff zu
einer noch erhaltenen
Legende gegeben hat.
Als regelmäßige
Zuthat tritt zu dem
Gehörn irgend ein
figürliches Element
hinzu, entweder kirch-
liche Gestalten, Hei-
lige und Engel, oder
bei weltlichen Geräten
Frauengestalten in der
Tracht der damaligen
Zeit, die halben Leibes
aus dem Gehörn her-
auswachsen und zu-
meist ein Wappen-
schild tragen, die

eigentlichen Licht-
weibchen. Bei der
S. 49 abgebildeten Ge-
hörnkrone im Germa-
nischen Museum er-
scheint neben der weib-
lichen noch eine männ-
liche Halbfigur, viel-
leicht der Hausherr,
der mit seinem Ehe-
gespons den Fremden,
der sein Heim betritt,
gastlich bewillkomm-
net. Wohl nur für
kirchliche Zwecke be-
stimmt mag der aus
Elephantenzähnen ge-
bildete Leuchter im
Museum zu Pressburg
sein. (Siehe Abbildung
Seite G4.) Hier hat auf
dem Ansatz der Zähne
eine aus Bernstein
geschnittene h. Katha-
rina unter einem go-
tischen Baldachin
Platz genommen. Bei
anderen Geweihleuch-
tern ist das Gehörn

senkrecht gestellt, so
dass es die zwischen
den Geweihenden ste-
hende Figur umrahmt.
Die Lichter werden
in diesem Falle nicht
an den Zacken des
Geweihes befestigt,
sondern an einem be-
sonderen Reifen an-
gebracht, der durch
Stangen mit dem
Stirnbein verbunden
ist. Im Rathause zu

Lüneburg befinden
sich drei derartige
Kronleuchter mit den
Gestalten der Ma-
donna, Johannes des
Täufers und St.Georgs.
Ganz abseits von
diesen großen Straßen,
auf denen sich die
Formen des gotischen
Kronleuchters bewe-
gen , verlieren sich
auf engerem Pfade
Gestaltungen, wie der

öfters abgebildete
Leuchter aus Schmie-
deeisen im bayerischen
Nationalmuseum zu
München, der etwa
das Aussehen einer
großen Laterne, oder,
wenn man will, eines
Korbes hat. Ihm nah
verwandt ist der 8.
63 abgebildete Kron-
leuchter in der Kirche
zu Bartfeld in Ungarn
aus dem 14. Jahrb.,
ein aus Schmiedeeisen
gefertigter gitterartig
durchbrochener, eylin-
drischer Korb. In sei-
ner reizvollen eigen-
artigen Bildung giebt
er dem bunten Reigen
der gotischen Kronen
einen würdigen Ab-
schluss.

£*>

Ampel im Katliause zu Siena.

XIV. Jalirli.
 
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