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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 8.1897

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Leisching, Julius: Das Grabmal, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4884#0086
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DAS GRABMAL.

Wandleuohter, ausgeführt in der KiiDStsclilosserei vou B. Miksits, Berlin

als Dach gebildeten Deckel gelagert war, so schräg zu
liegen, dass es herunter zu fallen schien, ein Übelstand,
der sich später bekanntlich auch auf italienischen Denk-
mälern der Eenaissance wieder bemerkbar machen sollte.
Übrigens bürgerte sich diese unerfreuliche Mischform
schon im Altertum auch in Eom, ja selbst in Griechen-
land ein.

Umgekehrt haben wir dafür griechischen Einfluss
auch auf etruskischen Sarkophagen zu bewundern. So an
jenem herrlichen Alabastersarkophag von Corneto, der
sich heute im Florentiner Museo archaeologico befindet.

Die etruskischen Aschenurnen, deren das archäo-
logische Museum in Florenz eine so stattliche Anzahl
besitzt, sind nichts als verkleinerte Sarkophage der ge-

schilderten Art. Auch sie
sind eine Verbindung der
Bett- und Hausform. Weil
der Unterteil als Bett ge-
bildet war, schmückte man
auch nur die Vorderseite mit
Beliefs. Diese Beliefs wur-
den mit der Zeit zur Haupt-
sache. In ihnen konzentrirte
sich das Interesse des Künst-
lers und Beschauers, die
Deckelfigur sank dabei zur
Nebensache herab und be-
mühte sich nicht mehr ein
Porträt zu sein. Sie wurde
zum Massenartikel.

Der Sarkophag, dessen
Anwendung sich anscheinend
aus Ägypten nach Syrien
und Phönicien verpflanzte
und von dort nach Klein-
asien und Griechenland kam,
in Etrurien aber schon ver-
hältnismäßig früh auftrat,
ist nun eigentlich kein Grab-
mal. Er wurde aber mit der
Zeit ein wichtiger Bestand-
teil desselben und deshalb
künstlerisch geschmückt. Be-
zeichnender Weise tritt die-
ser Schmuck im üppigeren
Osten früher auf als in Hel-
las, wo, wie schon erwähnt,
das ornamental plastische

Prinzip vom architek-
tonischen im Zaum gehalten
wurde. In der That fehlt
dem griechischen Sarkophag
aber auch der Hinweis auf
den Orient nicht. Die Löwen
an den Decken, die Sphinxe
und Greifen, die ganze im Wappenstil gehaltene Orna-
mentik verraten jene Vorbilder hier wie andernorts.

War min auch der Sarkophag ursprünglich nicht
als eigentliches „Mal" aufzufassen, so hat ihn doch in
unserer späteren Entwicklung namentlich die Eenaissance
und die Barockkunst zum wesentlichsten Hauptstück ihrer
architektonischen Grabkompositionen gemacht.

Der Antike freilich standen mannigfaltigere Formen
zur Verfügung: neben all den genannten noch die Säule mit
der Vase, die schlanke palmettengekrönte Stele, die Grab-
platte mit einem Giebel oder in Art einer kleinen
Kapelle, auch wohl bloß ein viereckiges Postament. Die
Sirene als Muse der Totenklage im Eelief oder rund-
figurig als oberster Abschluss des Denkmals ist dann der
 
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