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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 8.1897

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Neumann, W.: Goldschmiedearbeiten in Riga
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https://doi.org/10.11588/diglit.4884#0138
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GOLDSCHMIEDEARBEITEN IN RIGA.

Silberne Statuette de» heil. Georg;
im Besitze der SoawarzhSupter Gesellschaft zu Riga.

Es kann nicht unsere Aufgabe sein, hier auf eine
ausführliche Besprechung der ausgestellten Gegenstände
einzugehen, um so weniger, als eine nähere Infor-
mation leicht durch den erwähnten vorzüglichen Kata-
log erreicht werden kann; hier sollen nur einige der
künstlerisch bedeutendsten Stücke aus dem Silberschatzo
der Gesellschaft der Schwarzhäupter zu Eiga hervor-
gehoben worden.

Diese Gesellschaft wurde anfangs des 14. Jahr-
hunderts als eine Vereinigung der jungen unverheirateten
Kaufleute gegründet und erhielt ihren Namen vermut-
lich nach ihrem Schutzpatron, dem heiligen Mauritius,
dessen Mohrenkopf sie noch heute im Wappen führt.

Das älteste Prunkstück ihres Schatzes ist die
Statuette des heiligen Georg, des Lindwurmtöters, eine
Lübecker Arbeit vom Jahre 1507. Die Figur steht auf

einem oblongen Sockel mit abgestumpften Ecken von
105 mm Höhe, 225 mm Länge und 163 mm Breite.
Die sechs schmalen Felder der Sockels sind mit ver-
schieden gezeichnetem, durchbrochen gearbeitetem Maß-
werk verziert. Die hintere Langseite ist mit einem
gravirten gotischen Linienornament bedeckt, die Vorder-
seite neuerdings durch einen gravirten Mobrenkopf und
die falsche Jahreszahl 1503 verunstaltet worden, ob-
gleich am untern Sockelrande die richtige Jahreszahl
ANO . M. CCCCC. VII. erhalten ist. Auf einer boden-
artig gewellten Erhöhung liegt der Lindwurm und auf
ihm steht der gepanzerte Kitter mit erhobenem Schwert,
an dessen Knauf der Kopf des Mauritius erscheint. In
den, wiederum mit dem Mohrenkopf gezierten Tartschen-
schild des Ritters schlägt der Drache, dem der in seinem
Halse steckende Wurfspieß schon den Garaus gemacht
hat, noch im Todeskampfe die Zähne. Das Gesicht des
Ritters ist farbig bemalt, ebenso der Mohrenkopf auf
dem Schilde. Vergoldet sind das herabwallende Haar
des Ritters, einzelne Teile der Rüstung, Schweif, Klauen,
Halsrücken und die Flügelgrate des Lindwurms, sowie
die Einfassungen des Sockels. Die Schwertscheide be-
deckt ein feines Linienornament und ein Spruchband mit
den bisher nicht aufgelösten Buchstaben H-I-W-M.
Die Höhe der ganzen Figur beträgt bis zum Scheitel
des Kopfes 705 mm, ihr Gewicht 5675 Gramm. Auf
dem unteren Rande des Sockels findet sich das Lübecker
Beschauzeichen (Adler) und eine bisher nicht ermittelte
Meistermarke. ^)

Der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gehört
ein silberner Tafelaufsatz mit dem auf einem Seepferde
reitenden, eine Krone in der Rechten haltenden, heiligen
Mauritius an, eine mit dem Augsburger Beschauzeichen
(Pinienzapfen) und mit einer bisher nicht ermittelten
Meistermarke (JJ) versehene Arbeit. Der Aufsatz ruht
auf drei mit unterschlagenen Beinen kauernden Mohren-
gestalten, die einen mit stilisirten Wasserpflanzen ge-
zierten cylindrischen Körper tragen, der dem Seepferd
zur Stütze dient. Die nackten Teile der Mohren und
des Mauritius sind schwarz emaillirt, die Kopfbinden
derselben, der Sattel und die Ornamente des Sockels sind
silbern; alles übrige ist vergoldet. Die Höhe der Figur
beträgt 410 mm, ihr Gewicht 4128 Gramm.

Diesem Aufsatze ähnlich und durch das Beschau-
zeichen ebenfalls als Augsburger Arbeit gekennzeichnet
ist ein Tafelaufsatz mit der Reiterfigur des Königs
Gustav Adolf von Schweden, den der schwedische General-
Gouverneur von Livland, Graf Hörn (1652—1655), bei
der Aufnahme seines Sohnes in die Gesellschaft der
Schwarzhäupter dieser darbrachte. Diesem ähnliche
Aufsätze besitzt das historische Museum zu Stockholm;
eine galvanoplastische Nachbildung im k. k. Kunstge-
wei^bemuseum zu Wien. Die Meistermarke des Riga'schen
Stückes ^ ist bisher nicht ermittelt worden.
 
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