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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 8.1897

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Thieme, U.: Ausstellung von Werken alten Kunstgewerbes aus sächsisch-thüringischem Privatbesitz im Kunstgewerbe-Museum zu Lepzig, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4884#0195
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AUSSTELLUNG VON WERKEN ALTEN KUNSTGEWERBES.

Schützenkleinod der Stadt Leipzig.

(Nach einer Zeichnung im Besitze des Rats der

Stadt Leipzig.)

vielleicht mehrfach falsche
Schlüsse gezogen worden.
Die holländische Ware
und die eben besprochene
Gruppe des Böttgerstein-
zeuges ist fast gleichzeitig
angefertigt worden. Das
glasirte rote Steinzeug mit
Gold- und Silberdekor, von
dem auf der rechten Seite
des Schrankes eine große
Anzahl ausgestellt ist, ist
dagegen nur in Deutsch-
land hergestellt worden,
aber nicht von Böttger
allein, sondern von Meißen
bez. Dresden ausgehend
auch an anderen Orten
z. B. Flaue an der Havel
und Bayreuth, so dass
auch hier eine Ausschei-
dung der echten „Böttger-
ware" nicht möglich ist.
Ausschließlich als solche
kann man dasjenige Stens-
zeug betrachten, bei wel-
chem der Schliff und

Anhänger der Schiitzengesellschaft zu Leipzig.

(Nach einer Zeichnung im Besitze des Rats der

Stadt Leipzig.)

Schnitt mit dem Eade — also eine Übertragung der
üiasschneideteehnik auf das harte Böttgergut — zur
Anwendung gekommen ist, wobei man beachten muss,
dass die Grundfarbe nicht immer rot, sondern oft
grau, braun oder schwärzlich ist. In dieser Bichtung
hat Böttger wenigstens keine Nachahmung gefunden.
Es sind also nach dem jetzigen Standpunkte der Wissen-
schaft alle die ausgestellten Stücke, welche geschliffen
sind, oder in deren polirte oder matte Fläche mehr oder
weniger vertiefte Ornamente eingeschnitten
sind, als unter Böttger's direkter Leitung
entstandene Fabrikate zu betrachten.

Von dem übrigen die verschiedenen
Schränke des Porzellanzimmers füllenden
Meißener Porzellan nur einige Worte.
Der Quantität nach ist, besonders was
Figuren anbetrifft, nur wenig Porzellan
ausgestellt, aber alles ist von vorzüglicher
Qualität. In Leipzig selbst ist zur Zeit
leider kein eigentlicher Porzellansammler
vorhanden; um so dankenswerter ist es,
dass einige auswärtige Herren (Herr C.
H. Fischer, Herr Major v. Haugk, Herr C. v.
Schweingel in Dresden und Herr Dr.
Crusius-Sahlis in erster Linie) sich ent-
schlossen haben, die Ausstellung mit ihrem
zerbrechlichen Besitz zu beschicken. Einige
hervorragend schöne, reiche Service stam-

Anhiinger in Gestalt einer

Sirene.

Im Besitze des Herrn Stadtrat

B. Zsohille.

men aus fürstlichem Besitz. Von den Figuren möchte ich
nur die Hofnarren Fröhlich (Nr. 746, datirt 1737) und
Schinder (Nr. 792), den Fürsten Sulkowsky (Nr. 747)
und den Jäger zu Pferd (Nr. 748) nennen, sowie die
außerordentlich anmutige und reizvolle unbemalte betende
Heilige (Nr. 768). Einzig in ihrer Art sind wohl
die beiden großen weißen Prunkvasen des Herrn F. Jost
(Nr. 672), welche im gelben Mittelzimmer Platz ge-
funden haben. Einzelne Tassen, Teller, Terrinen etc.
sind in großer Anzahl und guter Qualität
vorhanden, so dass in dieser Hinsicht
wenigstens eine gute Übersicht über die
Entwicklung der Meißener Manufaktur bis
zum Anfang unseres Jahrhunderts geboten
ist. Von Servicen verdienen durch ihre
Schönheit und Vollständigkeit besondere
Beachtung: ein Theeservice Sr. Hoheit des
Herzogs von Sachsen-Meiningen (Nr. 574),
mit Landschaftsmalerei in Schwarz von
außerordentlicher Feinheit in barocker
Goldumrahmung, ein aus zwanzig Teilen
bestellendes Service Sr. Hoheit des Herzogs
von Sachsen-Altenburg (Nr. 634), Chinesen-
malerei in Gold, und das von Herrn
C. H. Fischer in Dresden unter Nr. 644 aus-
gestellte Service mit feinster Landschafts-
malerei in goldener Eokokoumrahmung.
Ganz besonders erwähnt werden muss
 
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