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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 12.1901

DOI article:
Plehn, Anna L.: Die Ausstellung der Künstler-Kolonie Darmstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4878#0221

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214

DIE AUSSTELLUNO DER KÜNSTLER-KOLONIE DARMSTADT

Dekorations - Prinzipien
muss noch eine sich ein-
finden: Wie stellt sich
das Möbel als solches in
der Arbeit der Kolonie
dar? Der Raum gestattet
nur ein zusammenfassen-
des Überblicken.

Zunächst ist augen-
scheinlich, dass die Ge-
legenheit, feststehende
Häuser einzurichten, statt
Ausstellungskojen, eben-
so wohlthätig gewirkt
hat wie die Fixierung
bestimmter Geldmittel.
Jedenfalls ist hier keine
Rede mehr von jenen
Möbeln, welche durch
abenteuerliche Konstruk-
tionen und gehäufte
Schmuckformen Künst-
lerlaunen befriedigten,
ohne in einem veritablen
Zimmer erträglich zu
sein oder von einem
lebendigen Menschen
benutzt werden zu kön-
nen. Auch in Deutsch-
land sind wir nicht ohne Beispiele
solcher Unmanier geblieben. Hier em-
pfingen die Geräte von den Massen
der Wände unüberschreitbare Vor-
schriften. Sie sind im- Ganzen ein-
gehalten worden. Es ist z. B. eine
Ausnahme, wenn im Fremdenschlaf-
zimmer des Hauses Habich die Thür
zum Nachbarraum beim Öffnen gegen
die vorspringende Ecke des Handtuch-
halters am Waschtisch stösst, der be-
kannte Übelstand in Mietshäusern, in
welche unpassende Möbel gestellt wer-
den müssen. Andererseits hat das An-
passen an die Verhältnisse sehr prak-
tische und gefällige Einzelheiten er-
geben. Es war ein guter Einfall, die
Kleiderschränke aus einem Zimmer, in
welchem Platz gespart werden sollte,
durch die Wand in das daneben lie-
gende Badezimmer hineinzuführen, wo
sie ohne Störung untergebracht werden
konnten. Auch die Bibliothek im
Hause Behrens verdankt die Originalität
ihres Schreibtisches, der ebenso prak-
tisch wie gefällig ist, dem klugen An-
passen an den Standort. Mit seiner
geschwungenen Rückwand füllt das
Möbel die flachbogige Fensternische
aus, gewinnt dadurch Tiefe und Raum,
ohne das kleine Zimmer zu beengen.
Die Seitenflächen mit den Kasten-

SCHULERARBEITEN DER

KUNSTOEWERBESCHULE

KARLSRUHE

schränken springen in
massiger Schrägung nach
der Vorderseite ausein-
ander, welche entspre-
chend der nahe gegen-
überliegenden Biblio-
thekswand geradlinig ab-
schliesst und nur in der
Mitte einen flachen Kreis-
ausschnitt einfasst, den
Platz für den Schreiben-
den. Es ist wohl kein
Zufall, dass die Speise-
zimmer in sämtlichen
Wohnungen die klarste
Einheitlichkeit zeigen.
Hier sprach der Zweck
besonders deutlich seine
Befehle. Freilich ist auch
die Voraussetzungslosig-
keit, die nur jenen ein-
zigen Gesetzgeber aner-
kennt und alle Tradi-
tion ablehnt, nicht ohne
Gefahr. Sie gerät leicht
ins Plumpe, wie ein-
zelne Möbel in den
Häusern Olbrich und
Christiansen beweisen.
Ein Kastenschrank wächst zum kleinen
Haus und eine Kredenz steht mit der
anspruchsvollen Kahlheit eines primi-
tiven Altartisches da. Andererseits fehlt
es den von Huber eingerichteten
Wohnungen zwar keineswegs an Ele-
ganz und Anmut, auch hat er sich ein
bestimmtes Mass von Schlichtheit ge-
setzt. Aber es macht zuweilen den
Eindruck, als schwebe ihm eine rei-
chere Form vor, die er durch Abstreifen
des Überflüssigen umbildet, statt von
der nackten Konstruktion auszugehen,
und diese mit dem Wünschenswerten
zu umkleiden. Mein Auge wenigstens
empfindet manches Vorspringen der
Linie bei Huber's Kompositionen als
entbehrlich, um dann wieder einen
kleinen Salon von rötlichem Holz mit
gleichfarbiger Polsterung ruhig und
ungezwungen in der Linie zu finden.
Wie bei Gründung der Kolonie
der Wunsch massgebend war, das
Handwerk im Lande zu heben, so
spricht andererseits der Umstand, dass
so viele der Arbeiten von einheimi-
schen Firmen ausgeführt werden konn-
ten, für deren Leistungsfähigkeit. Be-
leuchtungskörper hat die Firma Busch
in Mainz geliefert, Kupferschmiedearbeit
Emmel in Darmstadt, Rückert-Mainz
die Ausführung silbernen Tafelbestecks.
 
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