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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 13.1902

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Deutsche Glasmalerei-Ausstellung in Karlsruhe, [1]
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DEUTSCHE GLASMALEREI-AUSSTELLUNG IN KARLSRUHE

romanischen Teppichfensters. Vorzüg-
liche Leistungen sind dann die drei Ge-
mälde im Charakter des 16. Jahrhunderts.
Auf dem ersten erblicken wir den hl.
Lukas, den Patron der Maler, welcher
die Madonna malt, die ihm in himm-
lischer Erscheinung vorschwebt, so hin-
gebend und innig, dass der Beschauer
davon ergriffen wird; auf dem zweiten
den badischen Markgrafen Bernhard, der
in voller Waffenrüstung, mit der Standarte
in der Rechten und mit dem Blick in
die Ferne spähend, Wache hält über
sein Land; auf dem dritten den hl. Eli-
gius, den Patron der Goldschmiede, der
am Amboss eben einen Buckelpokal
treibt und in seiner Emsigkeit und
seinem tiefgefurchtem Gesicht ein cha-
rakteristisches Bild deutschen Grübelns
und deutschen Arbeitssinnes ist. Wie
Dürer in seinen drei berühmtesten Kupfer-
stichen »Ritter, Tod und Teufel«, »St.
Hieronymus« und »Melancholie«, hat
auch hier der Künstler ein erschöpfendes
Bild des deutschen Volkscharakters ge-
geben; im Markgrafen den Mut und die
Unerschrockenheit des Deutschen, der
sich vor niemand fürchtet, als vor Gott
allein; im Lukas die tiefernste deutsche
Religiosität, die so wesentlich verschie-
den ist von dem äussern Ceremoniel
der romanischen Völker in religiösen
Dingen, im hl. Eligius endlich den deut-
schen Grübler und Denker. Auch in
der technischen Durchbildung gehören
diese Werke zu dem Besten, was die
gegenwärtige Zeit zu leisten vermag.
Das Stoffliche der Gewänder, der Me-
tallgefässe und der Rüstung, das Glitzern
der Lichter auf der letzteren u. s. w. ist
mit einer Naturwahrheit und Sicherheit
wiedergegeben, wie es nur eine Kunst
zu leisten vermag, die völlig frei über
ihre Ausdrucksmittel verfügt. Hoffent-
lich werden die drei Werke, die inhalt-
lich und technich zusammengehören,
nicht voneinander gerissen, sondern fin-
den zusammen in einem deutschen Mu-
seum bleibende Unterkunft1).

AUGUSTIN PACHER,

MÜNCHEN,

ENTWÜRFE ZU

GLASFENSTERN

1) Wir werden Abbgn. der Geiges'schen
Fenster in einem derfolgendenHeftebringen.

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£4 "« * 5-

Auch die ausgestellten Werke von
Professor Linnemann in Frankfurt sind
im Geiste der alten Meister geschaffen
und gehören ebenfalls zu dem Besten,
was die Ausstellung aufzuweisen hat.
Ein romanisches Kirchenfenster zeigt
die stehende Figur des Apostels Paulus,
der mit der erhobenen Rechten nach
oben weist, während die Linke das
Schwert hält, eine kräftige Gestalt voll
Würde und feierlichem Ernst. Sehr an-
ziehend ist ein frühgotisches Doppel-
fenster für die Benediktinerabtei Alten-
berg, mit herrlichem Laubwerk vom
Eichbaum und der wilden Rose, zwi-
schen denen einzelne Benediktinerfiguren,
die Erde grabend oder das Brevier
betend, sichtbar werden, die in ihrer
einfachen Stilisierung wahrhaft klassisch
sind. Mit dem ebenso breit behandelten
Laubwerk, bei dem nur die Eicheln und
Rosen und der in kleinen Stückchen hier
und da sichtbare Grund rot und blau
gefärbt sind, und dem mit goldenen
Kronen und grauen Rautenmedaillons
besetzten Fries bilden sie ein sehr wir-
kungsvolles Teppichmuster in Grisaille-
manier. Mehr Anlehnung an die alten
Meisterwerke, namentlich in den Figuren,
zeigt ein anderes zweiteiliges gotisches
Fenster mit der Anbetung der hl. drei
Könige und gleiches gilt für ein spät-
gotisches Fenster mit der Verkündigung.
In der Form- und Farbgebung gleich
trefflich sind sodann die ausgestellten
Teile von farbigen Teppichfenstern. —
Eine Auswahl hervorragender Glasma-
lereien hat ferner Architekt und Glas-
maler A. Lüthi in Frankfurt gebracht.
Unter ihnen befindet sich das dreiteilige
Mittelstück des mächtigen Fensters, wel-
ches die Treppenhalle des deutschen
Hauses während der Ausstellung ge-
schmückt hat. Mit dem Motto »Friede
und Arbeit« versehen, zeigt es uns
den Herold des Friedens durch eine reich
gesegnete Landschaft ziehend, die im
Hintergrunde rechts eine Stadt und links
einen Hafen mit Kauffahrteischiffen er-
kennen lässt, dem als Gefolge die alle-
gorischen Gestalten des Garten-, Getreide-
und Weinbaues, der Blumenzucht, des Ge-
 
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