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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 13.1902

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Kleinpaul, J.: Das Kunstgewerbe auf der internationalen Kunstausstellung Dresden 1901, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4880#0022

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i4 DAS KUNSTGEWERBE AUF DER INTERNATIONALEN KUNSTAUSSTELLUNG DRESDEN

MAX KLINGER
MARMORBÜSTE VON FRANZ LISZT

ernsten lebensgrossen Gestalten, die ins Land der
Schatten wallen. Bartholome's Monument, vor ein
ägyptisches Heiligtum gelagert, nimmt eine ganze
enorme Wand allein ein, es beherrscht somit zugleich
den ganzen Raum. So war es künstlerische Not-
wendigkeit, diesen selbst auf das Totendenkmal zu
stimmen, ihn in Formen und Farben mit seinem aus-
gezeichnetsten Kunstwerk in Einklang zu bringen.
Zu diesem Zwecke haben sich zwei junge Dresdner
Künstler vereint, der Architekt Wilhelm Kreis, der
Schöpfer unter anderm des Eisenacher Burschenschafts-
denkmals und der am häufigsten aufgenommenen
Bismarcksäule, und der Maler Otto Gussmann, von
dem die zwei grossen Wandbilder im »Deutschen
Hause« auf der vorjährigen Weltausstellung zu Paris
herrührten.

Kreis unterwarf die Haupthalle des massiven
städtischen Ausstellungspalastes einer durchgreifenden
Umgestaltung im Innern. Bei früheren Gelegenheiten
haben schon Paul Wallot, der Reichstagshaus-
erbauer und der Dresdner Stadtbaurat Gräbner ähn-
liches unternommen, keiner so originell, wie Wilhelm
Kreis. Zunächst war eine geeignete Wand, um das

Totendenkmal daran zu lehnen, nicht vorhanden. Er
zog eine solche Querwand in schlichter glatter Form
ein, nur zu beiden Seiten durch kleine Säulenthore
unterbrochen. Vor dieser steht nun Bartholome's
Werk, von einem mächtigen Nischbogen überwölbt,
ein anderes halbkreisförmiges Wasserbecken mit glattem
dunkeln Spiegel vorgelagert, die Wand dahinter in
tiefes Blau getaucht, so dass man meint im Freien
zu stehen und hinter der ägyptischen Architektur mit
den stumpf-grünen Lebensbäumen den Himmel zu sehen.

Die Voute des Nischbogens ist mit einem strengen
geschlossenen Bandornament ausgefüllt. Ein ähnliches
Ornament schmückt die Säulen der Thore, deren
kräftig vorspringende Formen fortsetzend und steigernd,
auf denen je zwei Adlerpaare ruhen. Dieselben Farben,
miteinander changiert und sich bei grösserer Entfernung
von der Hauptwand immer mehr verflüchtigend, er-
füllen auch die anderen Wände.

Nur von einer Seite kommt das Licht, von rechts
her. Zur linken wurde eine Fensterreihe verdeckt
und eine Reihe davorstehender Pfeiler maskiert. Kreis
thut dies in einer einfachen und wahrhaft gross-
zügigen Weise. Er zieht unter der Fensterhöhe
einen riesengrossen wagerechten Strich, eine Galerie
und lässt diese durch drei wuchtige pilasterförmige
Stützen tragen, welche zugleich die Pfeiler in sich
aufnehmen. So balanciert er die ebenso enormen
Kreisbogen an und vor der Hauptwand auf eine wahr-
haft grossartige monumentale Art. Auch der Laie kann
sich dieser klassisch-einfachen Formensprache nicht
entziehen. Ihr entspricht vollständig auch die Stim-
mung der Farben. Man wird gewiss einwenden
können, für eine frohe Kunstausstellungshalle erscheine
der Raum etwas ernst, schwer, wie für einen Mythus
geschaffen. Wenn man die besonderen Absichten
der Künstler kennt und ihre Leistung darnach beurteilt,
befriedigt sie durchaus. Jedenfalls sieht man einen
derartigen Versuch in so grossem Stile hier in Deutsch-
land zum ersten Male. Alles haben die beiden Künstler
ihrer Idee angepasst, auch die Ornamente an den
Thorsäulen, die deren kräftige Rundung fortsetzen und
steigern, auch die sehr grossen Wandbilder von Guss-
mann, Cotet und Rochegrosse, deren kräftig leuchtende
Farben durch sich allein wirken, — einfache Vor-
gänge, gobelinartig, flach, wandmässig modelliert. Vor
ihnen lernt man erst die eminente Bedeutung von
Klinger''s »Christus im Olymp« recht verstehen, dieses
Wandbild par excellence, mit seiner geringen Tiefe,
seiner reliefartigen Anordnung der vielen Gestalten.
Diese Bilder sind nichts anderes als Wandschmuck,
sie stören dem Architekten nicht sein Werk, sie
täuschen nicht über die Verhältnisse im Raum.

Dieser Grossthat steht eine andere nicht weniger
ausgezeichnete, intimere zur Seite, ein Lesezimmer
und Empfangsraum von Professor Otto Gussmann.
Hier schuf der Maler und Dekorateur allein. In einer
Wand befinden sich die Fenster mit Opalescentglas-
schmuck, die anstossenden Seitenwände werden durch
je eine Thür zerschnitten. Es war also mit einem
kleineren Tapetenmuster zu rechnen. Gussmann leistet
etwas vorzügliches, fein stilisierte blühende Weiden-
 
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