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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 13.1902

DOI article:
Deutsche Glasmalerei-Ausstellung in Karlsruhe, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4880#0046

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38

DEUTSCHE GLASMALEREI-AUSSTELLUNG IN KARLSRUHE

KUNSTVEROLASUNO, ENTWURF,
SCHÜLERARBEIT DER KUNSTGEWERBE-
SCHULE KARLSRUHE

Stimmung ist oben ornamental gehalten und zeigt hier
trefflich stilisierten Löwenzahn, während unten in drei
reizenden Landschaftsbildchen der Wettlauf zwischen
Hase und Igel in der Buxtehuder Haide dargestellt wird.
— Mit grosser Geschicklichkeit ist auch das zweite
Fenster nach dem Entwurf von Bruno Paul aus-
geführt. Der mittlere Teil enthält einfache Verglasung
in Kathedralglas, die nur von einzelnen aus Zwiebeln
entspringenden Pflanzenstengeln belebt wird, die oben
mit Palmetten endigen, die seitlichen Felder tanzende
Frauen, die in ihren wunderlichen Formen und ver-
renkten Stellungen auf orientalische Vorbilder hin-
weisen. — Nach dem Entwurf von Maler Göhler hat
Glasmaler Otto Vittali in Offenburg ein wirkungs-
volles, sechsteiliges Fenster in Opaleszentglas erstellt und
dieses in dankenswerter Weise dem Grossherzoglichen
Kunstgewerbemuseum in Karlsruhe zum Geschenk
gemacht. Es stellt einen Zug musizierender und
singender Musen durch eine einfache Landschaft dar.
Gut ist auch eine zweite von gleicher Firma aus-
gestellte Kunstverglasung mit einem hölzernen Steg
über einen breiten Fluss im Vordergrunde. — Ein
mächtiges Hallenfenster von Adolf Schell in Offen-

burg enthält einen riesigen Urweltsbaum, der mit
seinen welkenden und zum Teil schon abgefallenen
Blättern in trefflicher Weise die Herbststimmung zum
Ausdruck bringt. In breiter Weise sind die Details
des Baumes und der bewachsenen Bodenfläche im
Vordergrunde, der ruhige See dahinter und weiter
das blaue Gebirge und die darüber sich schichten-
weise auftürmenden Wolken gegeben. Ein zweites
mehr naturalistisch behandeltes Dielenfenster zeigt ein
Dorf im Hintergrunde und einen burggekrönten Hügel
rechts. — Frisch und kräftig in Zeichnung und
Farbe sind die Kunstverglasungen in Opaleszensglas
von A. Cammissar in Strassburg mit Motiven aus
dem Elsass. Am besten ist der Winter, ein einge-
schneites elsässisches Bauernhaus zwischen den schwer-
behangenen Bäumen; der Frühling giebt einen Blick
von Weissenburg, der Sommer einen Abhang von
wogenden Ährenfeldern, mit Hopfenranken umrahmt,
der Herbst zeigt die Ulrichsburg bei Rappoltsweiler.
Zwei Elsässerinnen in Tracht, die eine mit Blumen,
die andere mit Früchten, veranschaulichen die Elsässer
Volkstracht. Die Gesichter und die nackten Teile der
Arme sind bemalt, alles andere in Opaleszentglas ge-
fertigt.

Von den übrigen Kunstverglasungen seien noch
hervorgehoben: ein grosses Hallenfenster mit einer
stimmungsvollen Alpenlandschaft von Engelbrecht,
Kahnt & Borcherding in Bremen, eine nach Leip-
heimer's Entwurf von Endner in Darmstadt aus-
geführte Urwaldlandschaft, ein wirkungsvolles Schlaf-
zimmerfenster mit Mohnblumengruppen von A. Zentner
in Wiesbaden, ein grosses Fenster mit der strahlenden
Sonnenscheibe, sowie zwei Fenstervorsetzer und zahl-
reiche Thürfüllungen in vorzüglicher Messingfassung
von Schulze & Jost in Berlin, eine ägyptische Land-
schaft von Wolde & Ohlert in Bonn, eine grosse
Parklandschaft von Schiein in Zittau.

Ein vor etwa fünf Jahren von Maler Otto Dill-
mann erfundenes und von der Kunstanstalt »Luce
floreo« in Barmen verwertetes Verfahren zur Her-
stellung von Glasbildern beruht auf demselben Ge-
danken, dem auch der Dreifarbendruck seine Ent-
stehung verdankt. Drei farbige Glasplatten (Über-
fanggläser) mit den Grundfarben Rot, Gelb und Blau
werden übereinander gelegt und die gewünschten
primären, sekundären, tertiären Farben in den mannig-
faltigsten Tonabstufungen (bis zu 4000 Nummern)
durch vollständiges oder teilweises Wegätzen des
Überfanges erzielt. Als Vorzüge werden die Unver-
gänglichkeit der Bilder, die bis zu U/2 qm Grösse
aus einem Stück hergestellt werden können, sowie
das Wegfallen der Bleieinfassungen hervorgehoben.
Die wegen der letztern sowohl bei der musivischen
Glasmalerei als bei der Kunstverglasung gebotene
Strenge in der Zeichnung ist hier ebensowenig not-
wendig, als die flächenartige Zusammenfassung der
einzelnen farbigen Partien. Die richtige stilistische
Behandlungsweise muss aber für das neue Verfahren
erst noch gefunden werden. Das grosse ausgestellte
Bild mit der Darstellung der Sage vom Ritter Georg
vermag nur sehr wenig zu befriedigen. Man ver-
 
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