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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 13.1902

DOI Artikel:
Abels, Ludwig W.: Vom Wiener Kunstgewerbe 1901-1902
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https://doi.org/10.11588/diglit.4880#0218

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210

VOM WIENER KUNSTGEWERBE

KAMIN, ENTWORFEN VON C. MAYER,
AUSGEFÜHRT VON J. F. B. HAUSLEITER

LEUCHTER, ENTW. VON H. KNORR NÜRNBERG

sind die Möbel der Hoffmannschüler stark abweichend
Sehr häufig — und nicht immer mit
Glück — erscheint das Schachbrettmuster
angewendet, oft in reziprokem Sinn, das
heisst mit abwechselnder Intarsierung
dunkler Hölzer durch lichte, oder hel-
lerer — etwa Ahorn — durch dunkle.
Hervorzuheben ist Franz Messner mit
seinen Beleuchtungskörpern, die auf
einem zu wenig kultivierten Gebiet
neue Versuche darstellen.

Die diesjährige Winterausstellung
des österreichischen Museums bot —
trotz mancher ganz ausgezeichneter
Darbietungen — kein geschlossenes
Bild, was hauptsächlich der Spannung,
die zwischen den bedeutenderen aus-
übenden Künstlern und der Museums-
leitung besteht, zur Last zu legen ist.
Von künstlerisch interessanten Arbeiten
sind vor allem die vom'.jungenJArchi-

tekten Otto Prutscher entworfenen drei Zimmer, ein
Vorraum in blau gestrichener Fichte mit Beschlägen
und Garderobebehältern aus Nickel, ein luxuriöses
Herrenzimmer (in Eiche) mit gemalten Wandfüllungen,
dann ein reizendes kleines Theezimmerchen, in brauner
Eiche, mit grün bespannten Wänden und einem
Fries gut zusammengestellter Kunstblätter zu nennen.
— Der Kunsttischler Ungethüm hatte auf der gegen-
überliegenden Seite des Säulenhofs ein Speise-, ein
Schlaf- und ein Badezimmer aufgebaut, in dem die
von Olbrich in freier Schaffenslust angeschlagenen
Motive der Möbelformen und Detailornamente in
der ungünstigsten Weise verballhornt erschienen.
Wenn gewisse, durch sorgfältiges Ausprobieren ge-
wonnene Möbeltypen zur Aufnahme nicht genug
empfohlen werden können, so ist andererseits vor
einer missbräuchlichen Nachahmung derartiger indi-
vidueller Freiheiten dringendst zu warnen.

Grosses Interesse verdiente ein Schlafraum mit
abgerundeten und messingbeschlagenen Ecken, den
die Firma F. O. Schmidt nach Angaben von Adolf
Loos ausgeführt hat. Doch wirkten die massigen
Metallbestandteile allzu roh, und die Firma ist gegen-
wärtig bemüht, in einem zweiten Exemplar dieses
Zimmers mit Vermeidung der Fehler einen Muster-
raum zu schaffen, den ich seiner Zeit gerne in Ab-
bildung vorführen will. - - Zu dem früher erörterten
Thema der Pflege des Biedermeierstils bildete das von
der Firma Järay hergestellte Zimmer mit lila Möbeln
und gelblicher Wandbespannung, eine nicht ganz ge-
treue Kopie eines Originals in der Umgebung von
Wien, ein treffendes Beispiel. Es war ununterbrochen
vom Publikum umlagert, welches sich an den liebens-
würdig einfachen Formen nicht satt sehen konnte.

Von den übrigen kunstgewerblichen Darbietungen
zeigten besonders die Arbeiten der Goldschmiede und
Juweliere das emsige Bestreben, mit den Fortschritten
der neueren Zeit mitzugehen. Ein eigener Saal war
den Vitrinen der drei bedeutendsten Firmen einge-
räumt. Unter den zahlreichen Schmuckstücken war
manches von feinem Geschmack und gediegener Arbeit,

STUHLE, ENTWORFEN VON OTTO PRUTSCHER, WIEN,
 
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