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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 15.1903-1904

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Museen und Volksbildung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4871#0052

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MUSEEN UND VOLKSBILDUNO

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ERNST RIEGEL, MÜNCHEN,
POKAL MIT GEIGENSPIELERIN

die Besteller der Arbeit; das Ganze stand in einem
direkten Verhältnisse zum Eigentümer. Anders die
modernen Museen, deren Zustandekommen in erster
Linie eine Folge des freiwilligen oder gewaltsam sich
vollziehenden Besitzwechsels und last not least etwas
ist, dessen Bestand und Mehrung aus dem Geldbeutel
der Steuerzahler bestritten wird. Sie sind selten
Eigentum einer Persönlichkeit, einer Gruppe oder
Gesellschaft, sondern Besitz des Staates, das heißt aller,
die ihren Erwerb und ihre Arbeitskraft in den zu-
sammenfassenden Dienst der bürgerlichen Gemein-
samkeit stellen. Daß nun alle, die zur Tragung der
Lasten mit beisteuern, ein nicht bloß ideales Anrecht

auf die Nutznießung der mit Hilfe von Abgaben und
Steuern errichteten Institutionen haben, ist zwar noch
kein allgemein anerkannter, nichts desto weniger aber
doch ein durchaus berechtigter Grundsatz. Warum
sollte, wie im Leben Leistung und Gegenleistung sich
ausgleichen, das nämliche nicht auch da der Fall sein,
wo der Einzelne als Beihilfe zur Erreichung gemein-
nütziger Resultate sein Teil zu tragen hat? Handelt
es sich darum, wirklich kostbare Einzelstücke vor der
Abnützung zu schützen, wie z. B. Radierungen und
dergleichen, so bieten die modernen Reproduktions-
verfahren Mittel in genügender Fülle, um eigentliches
bibliothekarisches Benützungsmaterial zu schaffen.

In diesem Sinne sieht z. B. schon heute der
amerikanische Bürger den Inhalt der dort errichteten,
ins Entwickelungsleben ungeheuer kräftig eingreifen-
den Museen an. Er betrachtet sich als Mitbesitzer.
Daraus resultiert eine allgemeine Achtung vor diesem
Allgemeinbesitz; die Zahl der aufsichtführenden und
beobachtenden Organe ist deswegen durchweg kleiner
als in europäischen Museen, wo der Besucher mehr
oder weniger die Rolle des Geduldeten, der Aufseher
jene einer höheren Macht und der Direktor nur zu
oft jene des Besitzers und allein Verfügenden spielt.
Diese amerikanischen Museen, vor allem die natur-
historischen, sind von Anfang an — und das unter-
scheidet sie prinzipiell von den gleichen Anstalten der
alten Welt — mit dem ganz bestimmten Zwecke be-
gründet worden, nicht ausschließlich der wissenschaft-
lichen Forschung zu dienen, sondern der Allgemein-
heit, der Volkserziehung, der Erkenntnis. Es sind
nicht lediglich Anstalten von wissenschaftlicher Be-
deutung, vielmehr existieren, durchaus getrennt von
letzteren, eigentliche Schausammlungen. Sie dienen aus-
schließlich instruktiven Zwecken, kommen der Wißbe-
gierde derjugend sowohl als auch jener der Erwachsenen
entgegen, welche, ohne wissenschaftlichen Studien
obzuliegen, dennoch intensives Interesse für das eine
oder andere Stoffgebiet hegen. Daß beides vorzüg-
lich sich vereinigen läßt, beweisen Institute von jenem
hohen Grade von Bedeutung wie z. B. das Museum
für Künste und Wissenschaften zu Brooklyn, das von
dem berühmten Physiker und Astronomen Langley
dirigiert, in bezug auf die öffentliche Wirksamkeit
nicht minder bedeutsam ist als hinsichtlich seiner
wissenschaftlichen Leistungen.

Die Idee, Schausammlungen, das heißt für weitere
Kreise berechnete Aufstellungen musealer Objekte
und wissenschaftliche Sammlungen vollständig zu
trennen, die ersten in den Dienst der Allgemeinheit
mit ausgesprochen erzieherischem Zwecke zu stellen,
wurde in Amerika zuerst von dem bekannten Ludw.
Joh. Agasslz, einem schweizer Gelehrten, der in New
Cambridge, Staat Massachusettes, das großartige Mu-
seum für vergleichende Zoologie begründete, ausge-
sprochen und in der Praxis auch durchgeführt, frei-
lich unter einer Art von freiwilliger Beihilfe, wie sie
nur in den Vereinigten Staaten bekannt ist. Alle
neuen Museen Amerikas folgten diesem Beispiele, ja
bei Errichtung des National-Museums zu Washington
wurde der Grundsatz klar und deutlich ausgesprochen,

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