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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 15.1903-1904

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Museen und Volksbildung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4871#0057

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48

MUSEEN UND VOLKSBILDUNG

ERNST RIEGEL,

MÜNCHEN,

ANHÄNGER,

GOLD MIT TÜRKIS,

HAARNADEL,

und Astronom Lang-
ley Leiter des Natio-
nalmuseums, dessen
Kinderabteilung von
dem Gelehrten selbst mit der größten
Sorgfalt überwacht wird. Jede An-
häufung von Material — bekannt-
lich einer der großen Übelstände
der meisten Museen — ist dabei
grundsätzlich vermieden, dafür aber
die Auswahl des zur Anschauung
gebrachten Stoffes um so gründlicher
und sorgfältiger ins Auge gefaßt
worden. Es wird damit der früh-
zeitig beim Kinde erwachende Be-
obachtungstrieb unterstützt, mithin
ein Grund gelegt, der jedem im
späteren Leben ganz wesentlich zu-
gute kommt, in erster Linie jenen, die
sich einem künstlerischen Berufe
widmen. Die in Amerika allseits
zutage tretende Tendenz, eine von
der alten Welt in jeder Weise un-
abhängige Entwickelung zu schaffen,
wird dadurch in weittragendster Art
unterstützt. Nicht zufrieden damit,
die Anregung zum selbständigen
Beobachten durch solche Einrich-
tungen zu geben, hat man den Be-
such der Sammlungen und das
Studium derselben weiter durch
»Preisaufgaben für Kinder« zu för-
dern gesucht. Im Carnegie-Museum
zu Pittsburgh wurden im Jahre 1902
siebenundvierzig Preise im Betrage
von 20 bis zu 200 Mark verteilt
für Aufsätze über die Themata
1. Vogelleben, wie das Museum es
darstellt, 2. Mineralien
und Edelsteine des Mu-
seums, 3. Warum liebe
ich das Carnegie-Mu-
seum. 813 Kinder be-
teiligten sich an dem
Wettbewerb, kein Auf-
satz sollte mehr als 1200
Worte enthalten. Ein
Dreizehn- und ein Sieb-
zehnjähriger tragen die
ersten Preise davon,
außerdem aber wurden
die Lehrer der preisge-

SILBERVERGOLDETE
SCHALE MIT

SCHILDPAT,
FASSUNG AUS
VERGOLDETEM

SILBER MIT
LAPIS LAZULI

krönten Schüler
selbst ausgezeichnet.
Zum Anschauungs-
unterricht, der durch
rationell geleitete Zeichnungsübungen
unterstützt wird (Zeichnen nach der
Natur und Gedächtniszeichnen wird
in allererster Linie geübt, das Ko-
pieren von Vorlagen ist ausgeschlos-
sen), leihen die meisten Museen
auch Bestandteile ihres Materials an
die Schulen aus; beim Besuche der
Sammlungen aber werden die
Schränke aufgeschlossen, die Objekte
auf Wunsch herausgenommen, so
daß eingehendem Studium wirklich
aller nur denkbare Vorschub geleistet
ist. »Der Amerikaner fordert es nun
einmal, daß seine Museen nach
möglichst vielen Richtungen hin
Nutzen stiften, selbsttätig fördernd
und anregend vorgehen. Der Um-
stand, daß dieselben täglich von
morgens bis abends unentgeltlich
geöffnet sind, spricht dabei ein we-
sentliches Wort mit.«

In Deutschland sind verschie-
dentlich Ansätze in ähnlichem Sinne
gemacht worden, doch kann von
einer durchgehenden Reform, von
einer allgemein kräftigen Hebung
wirklich fördernden Anschauungs-
unterrichts nicht gesprochen werden.
Setzt auch die Volksschule manchen-
orts in vortrefflichster Weise ein, so
wird doch all das mit dem Moment bei-
seite geschoben, wo die Grammatik
alter Sprachen in ihr leider über-
wiegend gewordenes
Vorrecht, vielfach direkt
zum Schaden des Stu-
diums selbst der Mutter-
sprache, tritt und auf
Jahre hinaus so vieles
von dem unmöglich
macht, was dem Men-
schen von heute not tut.
Unberührt von allen
brennenden Zeitfragen
bleibt hier das Alte
zu Recht bestehen —
»weh dir, daß du ein

FLACH GETRIEBENEM
ORNAMENT
 
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