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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 28.1917

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4829#0047

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der Architektur, Plastik und Malerei«; »Einführung in die
Stillehre der Künste« — Dr. E. Cohn-Wiener »Der Kampf
um die moderne Kunst« — Prof. A. Mayer »Anleitung
zum künstlerischen Sehen«.

VERSCHIEDENES

Der Pariser »Gaulois« über »Le Werkbund«.

So wie in England, so melden sich auch in Frankreich jetzt
Stimmen, die zur Nachahmung des Deutschen Werkbundes
raten. Ein Buch von Marius Vachon, Missionaire du mi-
nistere des beaux-arts de 1882 ä 1898, über »La guerre
artistique avec l'Allemagne«, l'organisation de la victoire,
setzt sich in der deutschen Kunstindustrie auseinander, und
im »Gaulois« vom 23. August 1916 erklärt General Cherfils
im Anschluß an eine Studie von Maurice Storez (in der
»Grand Revue«):

»Wir verlieren uns in den Bewegungen eines Indivi-
dualismus, der furchtbar sein würde, wenn er einer Leitung
unterstände«; und er fährt fort:

»Deutschland gibt uns in seinem 1908 gegründeten
»Werkbund« das Vorbild einer sehr bemerkenswerten tat-
kräftigen Organisation. Das Ziel geht dahin, die industrielle
Arbeit durch Zusammenwirken mit der Kunst zu veredeln.
Diese Organisation arbeitet durch Propaganda und Er-
ziehung; ihre Mittel bestehen in Wanderausstellungen, die
von Stadt zu Stadt geschickt werden, ferner in der Einrich-
tung eines deutschen Museums für Kunst in Handel und
Industrie; schließlich in zahlreichen Veröffentlichungen und
der Verbreitung der Werkbundgedanken durch ausgezeich-
nete Redner. Die Gesellschaft zählt ungefähr tausend
Mitglieder. Sie setzen sich aus den bemerkenswertesten
Persönlichkeiten der Kunst, des Handels und der Industrie
zusammen. Um zu verhüten, daß das Milieu durch Intri-
guen gestört wird, erfolgt der Eintritt in den Bund nicht
auf Antrag der Kanditaten, sondern auf Einladung des Vor-
standes.

Eines der Organe des Werkbundes ist ein in München
bestehendes Unternehmungsbüro. Es vermittelt zwischen
den Künstlern einerseits und den Industriellen und Kauf-
leuten andererseits. Dieses Büro unterhält in den Gärten
der Bavaria eine ständige Ausstellung und gibt so dem
Publikum die packendste Belehrung, wie nützlich es ist,
die Kunst in Handel und Industrie anzuwenden.

Die vom Werkbund erzielten Erfolge sind beträchtlich.
Es wurden Gesellschaften gegründet, die den kompletten
Bau von Hotels bis in die kleinste Ausstattung vornehmen;
andere wieder, um Wasser, Gas und Elektrizität im Hause
anzulegen. Die Buchhandlung unterwirft sich ihren künst-
lerischen Anordnungen. Die großen Geschäfte schreiben
sich als erste Kunden ein. Schließlich werden Bahnhöfe wie
die von Darmstadt und Aachen nach ihren Plänen gebaut
und haben wirkliche Bedeutung erlangt. Die Spekulation
wird vorsichtiger gehandhabt und unterwirft sich der Richt-
schnur des Werkes. Gesamtpläne werden zum Bau ganzer
Städte entworfen. Man baut schon im voraus Auslaufrinnen,
Kanalisationen, Alleen und öffentliche Gärten. Die Bauten
unterstehen einem einzigen Architekten, welcher dem Häuser-
bild eine Einheitlichkeit sichert, die in den schönen architek-
tonischen Formen des 17. und 18. Jahrhunderts vorhanden ist.
Diese Jahrhunderte haben unseren größten Städten eine har-
monische Einheitlichkeit gelassen, die unter der unharmoni-
schen Nachbarschaft der Scheußlichkeiten des unzusammen-
hängenden modernen Stils leidet. Viele Städte wie Ulm
z. B. verschmähen Grundstücksspekulationen und kaufen
selbst Terrains. Eine strenge Bewachung beschränkt die
Gewinne der Unternehmungen auf 4 °/0- Der Überschuß

der so gesparten Summen wird der Verbesserung der Ge-
samtbauten zugewand.

Wäre es unmöglich, daß sich in Frankreich einige von
gutem Willen beseelte Männer und kompetente Fachleute
zusammentun, um eine Organisation im selben Sinne, wie
der Werkbund es ist, ins Leben zu rufen, und das sofort
vorzunehmende Werk des Wiederaufbaus unserer Ruinen
vorzubereiten? ... Es ist notwendig, das Projekt sofort
reifen zu lassen, und eine Art Generalstab sowie Ausfüh-
rungskomitees zu bilden.« gez. General Cherfils.

ÖFFENTLICHE KUNSTPFLEGE

Der Wiederaufbau Ostpreußens. Aus einer Denk-
schrift des Staatsministeriums des fnnernüber »Die Beseitigung
der Kriegsschäden in den vom feindlichen Einfall berührten
Landesteilen« heben wir folgende Stellen hervor:

Um das Handwerk, in erster Linie das ostpreußische,
in geordneter Weise beim Wiederaufbau zu beteiligen, und
um es zu befähigen, größere Aufträge zu übernehmen, haben
die zum ostdeutschen Kammertage vereinigten 14 ostdeut-
schen Handwerkerkammern unter der Bezeichnung:

»Verdingungsstelle der Handwerkskammern für den
Wiederaufbau Ostpreußens zu Königsberg i. Pr.«
eine gemeinnützige technische Beratungs- und Vermittlungs-
stelle für alle Fragen der Beteiligung des Handwerkes am
Wiederaufbau der Provinz Ostpreußen mit dem Sitz in Königs-
berg errichtet.

Die Aufgaben und Ziele dieser Verdingungsstelle sind
folgende:

1. Erteilung von Auskünften, betreffend Übernahme und
Weiterverteilung von Lieferungen für den Wieder-
aufbau der zerstörten Ortschaften.

2. Vermittlung von Handwerkszeug, Maschinen, Be-
triebsmitteln und Rohstoffen.

3. Förderung der Errichtung von Genossenschaften und
Lieferungsverbänden im Handwerk.

4. Technische Beratung.

5. Vermittlung von Arbeitskräften.

6. Schiedsgerichtliche Regelung von Streitigkelten ge-
werblicher Art.

Eine zweite Verdingungsstelle ist in Gumbinnen im
Anschluß an die dortige Handwerkskammer geschaffen
worden.

In Gemeinschaft mit diesen Verdingungsstellen ist der
»Kriegsverband ostpreußischer Genossenschaften«, eine Ver-
einigung der ostpreußischen Genossenschaftsverbände, be-
müht, das Ostpreußische Handwerk genossenschaftlich zu
organisieren, um ihm den Wettbetrieb mit den Großbetrieben
zu ermöglichen. Eine Unterstützung von 3000 M. ist ihm
durch den Handelsminister gewährt.

Während des Wiederaufbaues wird es nötig sein, den
Handwerkern bei Neueinrichtung von Werkstätten sowie
bei der Beschaffung der Werkzeuge und Maschinen mit
Rat und Tat zur Seite zu stehen. Zu diesem Zwecke sind
dem Oberpräsidenten für die Wiedereinrichtung der Ge-
werbebetriebe als sachverständige Berater, praktische, mit
den Bedürfnissen des Handwerks durchaus vertraute Männer
(Maschinenbauer) überwiesen worden. Der eine wird seinen
Amtssitzen Gumbinnen, der andere in Allenstein haben.
Sie werden in enger Fühlung mit den Gewerbeinspektoren,
den Kriegshilfsausschüssen und den Bezirksarchitekten ar-
beiten, die Provinz dauernd bereisen, das Vertrauen der
Handwerker zu gewinnen suchen und ihnen helfend und
fördernd zur Seite stehen. Auch werden sie als Sachver-
ständige von den Kriegshilfsausschüssen herangezogen
werden. —

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