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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 28.1917

DOI Artikel:
Jessen, Peter: Reisestudien, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4829#0124

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Tempelpark Uyeno, Tokio

cago, der Stiftung des Warenhausbesitzers Marshall Field,
hat unser Landsmann Berthold Laufer, der gründlichste Er-
forscher altchinesischer Kunst, vielseitige Bestände buddhi-
stischer Steinbildwerke, kostbarer, uralter Bronzen und die
überraschenden Tonfiguren aus chinesischen Gräbern, dem
Tanagra Ostasiens, vereinigt. Unentbehrlich für das Studium
des chinesischen Porzellans sind die Sammlung Walters in
Baltimore, die Stiftung Altmanns im Metropolitanmuseum
von New York und der kostbare Bestand, den ich noch
als Leihgabe Pierpont Morgans in demselben Museum ge-
sehen habe, und der kürzlich seinen Besitzer gewechselt hat.
In New York hat man gerade jetzt den bislang zerstreuten
ostasiatischen Besitz einheitlich zusammengefaßt und hofft,
mit der Zeit dem Museum in Boston ebenbürtig zu werden,
das seit langem unter Mitarbeit und teilweiser Leitung auch
japanischer Kenner sich zu einem Mittelpunkt für alle
Künste des fernen Ostens gemacht hat und in seinen Ge-
mälden und Holzschnitten wie in den Töpfereien, die der
ehrwürdige Dr. Morse vor langen Jahren in Japan gesammelt
hat und noch heule verwaltet, schwer erreichbare Höhe-
punkte besitzt. Der Weg von Amerika nach Japan ist näher
und lockender als der von Europa; der Dollar galt schon
bisher am Stillen Ozean mehr als die Mark; ja das Ver-
ständnis für die Werte ostasiatischer Kunst ist besser ge-
pflegt und verbreitet als bei uns. Ich habe in der Japan
Society in New York mit Sammlern und Förderern zu Tische
gesessen, deren Sachkunde und Geldmacht mich mit Neid
erfüllten, und im Museum von Boston der Gründungsversammlung eines Amerika-Instituts für Peking bei-
gewohnt, das nichts anderes werden sollte als eine Agentur für amerikanischen Kunstbesitz.

Aber auch in Japan selber wächst die eifersüchtige Liebe für die alte Kunst von Jahr zu Jahr. Die Japaner
empfinden, daß sie zu lange gleichgültig gewesen sind. Ich hörte aus den Äußerungen japanischer Bekannter
durch alle üblichen Höflichkeiten hindurch eine Art haßerfüllter Empörung über die Abwanderung so vieler
wertvoller Kunstwerke heraus. Man tröstete sich mit Recht damit, daß doch das wirklich Entscheidende,
die wahrhaft bedeutenden, uralten und urechten Malereien, die Masse der großen Bronzebildwerke und
eine nicht übersehbare Fülle von Gerätkunst aller Art in den Tempelschätzen, im kaiserlichen Besitz, in alten
Familien und neuerdings auch bei klugen, reichen Sammlern aus der neuen Geldaristokratie gesichert seien,
so lange Japan seine finanzielle Großmachtsstellung zu bewahren weiß. Nur ist es nach japanischen Ge-
wohnheiten unbequem und fast unmöglich, diese Schätze zu sehen oder gar nach unserer Art eingehend zu
studieren. Bekanntlich pflegt der Japaner wegen der vielen Feuersbrünste allen seinen Besitz nicht in den
brennbaren Wohnhäusern, sondern in feuer-
sicheren Speichern zu verwahren, doppelt dicht
verstaut und umhüllt, weil das feuchte Klima
durch Rost und Schimmel jegliches Material ge-
fährdet. Drum ist jedes einzelne Stück, je wert-
voller und höher geschätzt, in um so mehr
seidene Tücher und hölzerne Kästen einge-
schlagen, die sich nur so lange öffnen, wie der
Schatz dem befreundeten Kenner gezeigt wird.
So wird jede Besichtigung selbst planmäßiger
Sammlungen zu einer umständlichen, langwierigen
Bemühung des Besitzers, seiner Verwalter und
seiner Diener, ja auch des Besuchers selber.
Denn dieser muß in gut japanischen Häusern
dem Wirte die Höflichkeit erweisen, während des
gemeinsamen Kunstgenusses neben dem Wirte
auf den dünnen Sitzkissen und Matten des Fuß-
bodens zu knien und pflegt in dieser unge-
wohnten Haltung schon nach einer halben Stunde
schwer erträgliche Qualen zu leiden. Eingehen-
dere Notizen zu machen oder Kunstwerke auch
nur in demselben Haushalte zu vergleichen, ist Haupthaiie des ScMntotempeis von jzumo

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