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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 28.1917

DOI Artikel:
Jessen, Peter: Reisestudien, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4829#0178

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mit einigen jüngeren Mit-
gliedern der deutschen Ge-
sandtschaft zu einem Ausflug
nach der Nordinsel Hokaido
verwendet habe. Bekanntlich
ist das einstige Yezo durch
Klima und Pflanzenwuchs
von den Hauptinseln merklich
unterschieden. Im Sommer
etwa Norddeutschland ähn-
lich,geeignetzurErholungvon
der feuchten Hitze desSüdens;
im Winter lange und tief in
die Schneemassen gehüllt,
zu denen sich die Nebel des
ringsum brandenden Meeres
verdichten. Die Wärme langt
nicht mehr zum Reisbau.
Der japanische Bauer baut
nur mit Widerwillen Getreide
und läßt sich deshalb schwer
bestimmen, selbst unter gün-
stigem Angebot das viele
Brachland im Norden unter
den Pflug zu nehmen. Man
versteht hier, weshalb die
Sehnsucht Japans und der

Aus dem Nordpalast in Söul

Strom seiner Auswanderer
sich nach Süden wendet, bis
in die Südsee, die einstige
Heimat des malayischen Ur-
bestandes ihrer Rasse. Heute
hat die Regierung das Ho-
kaido zu einem Versuchsland
auch der Pferde- und Rind-
viehzucht, der dem Japaner so
fremden Molkerei zu machen.
Wir besuchten großzügige
Hafen- und Industrieanlagen
in den Häfen Hakodate und
Mormoran; tätige Lehr- und
Versuchsstellen für Landwirt-
schaft und Viehzucht in und
bei der Hauptstadt Saporo,
auch das berühmte Schwefel-
bad Noboribetsu - Onzen, in
köstlicher Hügellandschaft mit
dampfenden,buntschillernden
Schwefelquellen und-seen,zu-
gleich ein Beispiel unverfälcht
japanischen Gasthaus- und
Badelebens mit den uns so
fremden Zügen ursprüng-
licher Natürlichkeit.

Daneben haben wir auch die elenden Reste der Ainos aufgesucht, der jetzt so harmlosen Urbewohner,
die von ihren Bezwingern nach und nach in den Norden verdrängt sind und von ihnen heute fast planmäßig
zugrunde gerichtet werden. Nach Anleitung ihres Wohltäters und Schilderers, des ehrwürdigen Missionars
Batchelor, und unter Führung eines deutschen Bruders gingen wir durch die bescheidenen Wege und rauchigen
Holzhütten eines ihrer Fischerdörfer, sahen die benähten Kleider der Frauen, einige unbeholfene Tänze, kunst-
lose Holzschnitzereien und die abergläubisch gemiedenen Grabstätten. Wir wohnten auch hier dem traurigen
Schauspiel eines durch die Japaner untergehenden Volkes bei. PETER JESSEN.

Porzellanplatte mit eingelegten Ornamenten unter graugrüner Glasur

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