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Mander, Carel van; Floerke, Hanns [Übers.]
Das Leben der niederländischen und deutschen Maler (Band 1) — München, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.7515#0309

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Das Leben des Malers Aert Claeszoon von Leiden 289

und der Kopfbedeckungen: Hüte, Turbane und Mützen. Auch
an anderen Orten sind viele Arbeiten von ihm zu sehen.
Wenn jemand ein Bild bei ihm bestellte, ging er mit ihm
ins Wirtshaus, um über den Lohn zu verhandeln. Doch
wenn man nachts voneinander schied, ging er niemals nach
Hause, sondern suchte sich, sowie ihn seine Gesellschaft
verlassen hatte, andere und durchstreifte zu diesem Zwecke
die Strassen, wobei er auf einer deutschen Flöte blies, die
er stets bei sich hatte, mochte es auch noch so dunkel sein,
und er sah sich dabei nicht vor, so dass er zwei- oder drei-
mal im Spielen ins Wasser fiel, was ihm schliesslich auch
das Leben kostete. Wenn es sich aber traf, dass er keine
Gesellschaft fand, hatte er einen bestimmten Platz, den
er aufsuchte, um zu schlafen, denn in der betreffenden Nacht
ging er nicht nach Hause, da es nämlich in der Gegend um
sein Haus im Walkerquartier sehr unsicher war und er dort
einmal ein böses Erlebnis gehabt hatte. Als er nämlich eines
Nachts aus dem Wirtshaus kam, um sein Haus bei der
Walkerei aufzusuchen und dabei war, sein Wasser abzu-
schlagen, näherte sich ihm ein betrunkener Kerl von hinten
und brachte ihm mit einem Matrosenmesser einen Schnitt
in die Wange bei, was er in der Trunkenheit an dem ersten,
der ihm begegnen werde, auszuführen geschworen hatte.
Als Aertgen sich umwandte und fragte: „Wer tut mir das?"
erkannte der Betrunkene seine Stimme und bat ihn um Ver-
zeihung, die ihm sogleich gewährt wurde. Hierdurch etwas
ernüchtert, führte er Aertgen zum Barbier, der ihn verband.
Von da ab scheute sich Aertgen diesen Weg zur Unzeit zu
gehen.488 Einmal aber geschah es, dass er nach dem Mittag-
essen mit einem reichen Leydener Bürger namens Quirinck
Claesz. ausging, um das Geld für sein letztes Bild, ein
„Urteil Salomos", das augenblicklich noch in Delft hängt,
in Empfang zu nehmen. Und als er sich abends etwas spät ver-
abschiedete und seinen gewohnten Weg zu gehen meinte, kam
ihn ein Bedürfnis an und er zog seinen Rock aus, warf ihn auf
die Einfassung des Walkergrabens, und als er fertig war und
in der Richtung auf seinen Rock zu gehen meinte, griff er fehl,

van AUnder, Schilder-Boeck. jg
 
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