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Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 10.1967

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Nr. 1
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Kahlenberg, Käthe: Zur Diskussion gestellt: Die Bassariden, Gedanken zu einer Aufführung der Berliner Festwochen Oktober 1966
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https://doi.org/10.11588/diglit.33074#0008

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nur Fackeln leuchteten auf, sondern starke Taschenlampen, fast Autoschein-
werfer (Assoziation: modernes Verhör, Lichtfolter), die den gejagten Pentheus
immer enger umgaben und den am Boden Liegenden beleuchteten. Seine Ver-
nichtung erfolgte bei plötzlich einbrechender Dunkelheit. Eine ebenso spannungs-
geladene Szene ist der Dialog Kadmos-Agaue nach ihrer Rückkehr vom Kithairon
mit ihrer Beute im Arm, dem Haupt des Pentheus. Die allmähliche Befreiung
vom Trancezustand bei den Fragen des Kadmos wurde durch die großartige
schauspielerische Leistung der Darstellerin glaubhaft, die Haltung des Chors
(der sich von der Mutter des Königs abwandte) und die Gestaltung der Musik
ließen das wachsende, kalte Grauen, die lähmende Angst spürbar werden. Die
Bassariden mußten erkennen, daß sich ihnen erst jetzt das wahre Wesen des
Gottes offenbart hat; noch einmai (Schlußbild) zeigte sich der Gott, um seine
Rache zu vollziehen, Kadmos und seine Familie miissen Theben verlassen, aer
Kult am Grabe seiner Mutter Semele kommt wieder zu Ehren, der Palast des
Königs geht in Flammen auf. Man erwartete jetzt einen Dionysos, dessen Macht
sich in seiner äußeren Erscheinung manifestiert, - doch es erscheint vor dem
diisteren Hintergrund der Berge, neben den brennenden Trümmern des Palastes,
vor der betenden Menge, am Grabe der Semele ein lächelnder Geck in einem
Frack mit eng anliegenden Hosen (engl. Romantik s. oben), das ganze Gewand
in einem kalten, gleißenden Rot gehalten, dazu schwarzer Zylinder, kurzes
Stöckchen in der Hand. Kurz war sein Erscheinen, bei seinen letzten Worten war
seine Gestalt wieder verschwunden, nur die Stimme war hörbar für die Menge,
die dumpf vor zwei aufgetauchten Kultsymbolen neben dem Grab aer Semele
verharrte; sie ähnelten dionysischen Fruchtbarkeitssymbolen mit grober Mar-
kierung menschlicher Gestalt (Schlußchor:)

Bass. I Ah! Ah! Das Antlitz des Gottes
strahlet in Herrlichkeit
zu blendend für Sterbliche!

Wir verhüll’n die Gesichter
Wir knie’n und beten an.

Bassariden II Ah! Ah! Die Stimme des Gottes
tönet so machtvoll
zu heilig für Sterbliche!

Wir verstopfen die Ohren:

Wir knie’n und beten an.

Stimme Mutter, hör’mich,

steh’ auf von den Toten
und komm zum Sohn!

Zeus, der Allmächtige,
hat uns erhoben
zu den Unsterblichen,
daß ewig wir wohnen
in den Höhen des Himmels.

Komm’ Mutter,

Semele nicht länger:

Thyone nenn’ ich dich,

Göttin im All!

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