Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 10.1967

DOI issue:
Nr. 2
DOI article:
Buchbesprechungen:
DOI article:
[Rezension von: Otto Seeck, Geschichte des Untergangs der antiken Welt]
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.33074#0033

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Diskussion genommen. Interessant ist in diesem Zusammenhang die wohlabgewogene
Haltung Seecks gegenüber dem Semitentum und speziell gegenüber dem jüdischen Ein-
fluß im Imperium. Zur Stützung seiner Hauptthese zieht Seeck das Cölibat und seine
negative Wirkung für die Elitebildung in katholischen Ländern heran. (I, 552)

Der Wilhelm Raabe gewidmete Band II beschäftigt sich mit der Verwaltung des Rei-
ches und mit der Religion und Sittlichkeit. Eingehend werden Steuer- und Geldwesen,
insbesondere die Münzprägung behandelt. Dabei konnte noch nicht in dem gleichen
Maße wie das inschriftliche Material, das damals schon zur Verfiigung war, die Papyrus-
forschung herangezogen werden, die zur Zeit Seecks erst in den Anfängen stand. Seit
Rostowtzeff, - um nur einen Namen zu nennen, - sind auf diesem Gebiet Fortschritte
erzielt worden, durch die frühere Untersuchungen als überholt gelten müssen. Zum The-
maArmee und Offiziere finden sich Anspielungen, die nur dem Kenner Preußen-Deutsch-
lands vor 1914 ganz verständlich sind.Seltsam berührt uns Zeitgenossen ein Zitat Church-
ills nach der „Täglichen Rundschau“ XXI, Unterhaltungsbeilage S. 1027 (II, 470), in
der das englische und das römische Heer verglichen werden und über die Vorteile des
Gentleman als Offizier reflektiert wird: Auch in Churchills Zeit habe sich für den Offi-
zier, der aus dem Gemeinenstande hervorgegangen sei, ein Nachteil in der Kommando-
führung, besonders bei Truppenteilen aus Eingeborenen, gegenüber dem adligen Offizier
ergeben.

Sehr weit greift Seeck in die Frühzeit zurück, um über religiöse Probleme Aufschlüsse
zu gewinnen. Doch wird man sagen müssen, daß hier schwache Stellen seines Werkes zu
finden sind. Die Kategorien, mit denen die religiösen Phänomene betrachtet werden, er-
scheinen vereinfacht. Die Einflüsse E. Rohdes (Psyche), W. Mannhardts (Wald- und
Feldkulte) und Frazers (The golden bough) liegen auf der Hand.

Band III, dem Andenken A. Dieterichs gewidmet, setzt die Besprechungen von
Religion und Sittlichkeit fort. Auch hier wendet sich der Verf. den ältesten Mysterien
zu und geht dann im Anschluß an Dieterich und Harnack zu Mithras über, wobei er sich
Harnacks Behauptung, das Gebiet des Hellenismus habe sich dem Mithraskult verschlos-
sen, mit der Begründung widersetzt, die „griechischen“ Länder seien im Gegensatz zu den
„lateinischen“ noch nicht genügend bereist! Auch die griechische Philosophie wird - von
Thales an - in den Kreis der Betrachtung gezogen, wobei allerdings interessanterweise
Parmenides und Heraklit unerwähnt bleiben. Mit sehr ausführlichen Quellenangaben
wird die Zeit des siegenden Christentums, der ersten Konzile und Ketzereien bedacht;
dabei entsteht ein plastisches Bild des Donatismus.

Die Geschichte der Constantinischen Dynastie enthält der IV. Band. In ihm werden
mehrere Kapitel Julian gewidmet, der mit Sympathie, aber ohne Beschönigung seiner
Schwächen behandelt wird. Zustatten kommt diesen Abschnitten die Kenntnis der zeit-
genössischen Rhetorik, die sich Seeck als Herausgeber des Libanios erworben hat. Hin-
gegen hindert der bei der Verifizierung der Namen selbst zugegebene Mangel der
Sprachkenntnis (IV, 385) die Beleuchtung des geschichtlichen Bildes von der sassanidi-
schen Seite her.

Wie im vorhergehenden Band steht auch im V. die Geschichte einer Dynastie - die
des Valentinian - im Vordergrund. Im Zusammenhang mit der Charakteristik der Go-
ten, die aufgrund der Ergebnisse der modernen Bodenforschung nicht unwidersprochen
hingenommen werden wird, erfolgt - ebenfalls unkritisch - die Schilderung der damals
zuerst im Abendland bekannt werdenden Hunnen wörtlich nach Ammian. Auch das
Kapitel über das Reich des Attila (VI, 279) wird dem Problem der Frühgeschichte der
Hunnen und der Bedrohung des Südens und des Westens aus der „vagina gentium“
nicht gerecht. In dem Kapitel über die letzte Erhebung des Heidentums unter Eugenius
erfährt die Schilderung der militärischen Entscheidung eine ansprechende persönliche
Note: Seeck hat das Schlachtfeld vom Jahr 394 in der Nähe des Frigidus besucht und die

13
 
Annotationen