dem beleidigten Künstler zum Politiker geworden“, wie die antiken Biographen mei-
nen, sondern sein Epos ist von Anfang an „gegen Nero und die Tyrannei gerichtet“.
Aus der „Verzweiflung über den Abgrund zwischen der Idee des Kaisertums und der
Wirklichkeit“ wird er zum „Gegenvergil“ und „Politiker aus Not“. Das Publikations-
verbot zwingt ihn, seinem Werk „soviel an überzeitlichem Gehalt zu verleihen und
die ursprüngliche Tendenz fortzuführen, daß Einheitlichkeit der Konzeption und
Ewigkeitsanspruch zugleich erfüllt waren“. „Lucan starb als Opfer seiner Zeit; er
sehnte sich nach Größe und hoher Tat und fand Unterdrückung und Verurteilung zur
Passivität. Als er dennoch ein Römer sein wollte, scheiterte er.“ - P. Ciprotti: Der
letzte Tag von Pompeji. S. 40-54. Als Tag der Zerstörung wird heute allgemein der
24. August 79 angenommen. Die Tätigkeit des Vesuvs ist aus Plinius d. J. und Cassius
Dio bekannt. Aus den Skelettfunden rekonstruiert C. die menschlichen Tragödien bei
der Katastrophe. D. Ebner: Juvenal. Mensch, Dichter, Gesellschaflskritiker. S.55 bis
60. Der Aufsatz ist die gekürzte Fassung eines Vortrags vor Hörern aller Fakultäten
in Greifswald. - R. Gründel, Wünschen wir uns so die Popularisierung der Alter-
tumskunde? S. 61-63. G. nimmt Anstoß an der journalistischen Aufmachung mancher
Berichte über Funde aus der Antike. Er vermißt dabei den Hinweis auf die wissen-
schaftliche Arbeit, die zur Erschließung der Denkmäler führt. „Es gehört wohl mit
zu den Erfordernissen der sozialistischen Kulturrevolution, daß man den Bürgern des
sozialistischen Staates die verschiedenen Formen der Wissenschaft in geeigneter Weise
bekanntmacht.“!?
Das Altertum 10 (1964), Heft 2
R. Clauss: Afrikanische Probleme der alten Erdkunde. S. 67-75. Das Interesse der
Antike konzentrierte sich auf den Nil, seinen Ursprung und das Phänomen der Nil-
schwelle, die Erkundung der Küsten und die Ermittlung der Größe und Gestalt des
Kontinents. - A. Mauersberger: Der historische Aspekt des Polybios. S. 75-89. Für
Polybios’ Darstellung von Roms Aufstieg zur Weltherrschaft ist ein Aspekt von
grundlegender Bedeutung, den M. „teleologische Konvergenz“ nennt. Roms Herr-
schaft ist das „Ergebnis einer immanenten Zielstrebigkeit der Geschichte“. Die Tyche
ist dabei nichts anderes als das „Walten der Geschichte“. Das Einzelereignis gewinnt
erst unter universalhistorischem Gesichtspunkt seinen Stellenwert. Konstitutive
Aspekte der polybianischen Geschichtsschreibung sind: Aufzeigen der Ursachen, Dar-
stellen des Verlaufs, der Begleiterscheinungen, der Folgen und die Bewertung des Er-
reichten. Nur die Wahrheit kann den Zweck der Historiographie, das xphatuov si-
chern. Er liegt in der „didaktischen bzw. diorthotischen Wirksamkeit der Geschichte“.
Lob und Tadel sind mit der Geschichte eng verbunden. Nach Polybios’ protreptischer
Konzeption muß das Lob im Einklang mit der Wahrheit im Vordergrund stehen.
Wahrheitsgemäße Berichterstattung ermöglicht auch die Prognose. Mit diesem Pro-
gramm tritt Polybios in Gegensatz zur rhetorischen und zur tragischen Geschichts-
schreibung, in der die Tyche unerwartet ins Geschehen eingreift. Er hat bei seiner
Untersuchung der Ursachen für die Größe Roms die „strukturelle Ordnung der poli-
tischen Lebensformen“ und darüber hinaus die Menschen, die sie geschaffen haben,
in den Blickpunkt gestellt. Mit seiner „teleologischen Konvergenz“ riickt er dabei in
die Nähe des Glaubens der Augusteer an das Fatum. - I. Wille: Catulls Gedicht 76
als Spiegelbild seines Liebeserlebnisses und seiner Liebesdichtung. S. 89-95. c. 76 ist
im ersten Teil (1-16) bestimmt von Selbstbeherrschung und Entschlossenheit, die
Liebe zu überwinden. Im Kontrast dazu bricht im Götteranruf des zweiten Teils
(17—26) ein starkes, leidenschaftliches Gefühl durch. In diesem Gedicht sind wieder
zwei Charakteristika catullischen Dichtens vereint, die Bedeutung des Formalen und
das gestaltete persönliche Erleben. Das letztere ist Catulls eigener Beitrag zur römi-
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nen, sondern sein Epos ist von Anfang an „gegen Nero und die Tyrannei gerichtet“.
Aus der „Verzweiflung über den Abgrund zwischen der Idee des Kaisertums und der
Wirklichkeit“ wird er zum „Gegenvergil“ und „Politiker aus Not“. Das Publikations-
verbot zwingt ihn, seinem Werk „soviel an überzeitlichem Gehalt zu verleihen und
die ursprüngliche Tendenz fortzuführen, daß Einheitlichkeit der Konzeption und
Ewigkeitsanspruch zugleich erfüllt waren“. „Lucan starb als Opfer seiner Zeit; er
sehnte sich nach Größe und hoher Tat und fand Unterdrückung und Verurteilung zur
Passivität. Als er dennoch ein Römer sein wollte, scheiterte er.“ - P. Ciprotti: Der
letzte Tag von Pompeji. S. 40-54. Als Tag der Zerstörung wird heute allgemein der
24. August 79 angenommen. Die Tätigkeit des Vesuvs ist aus Plinius d. J. und Cassius
Dio bekannt. Aus den Skelettfunden rekonstruiert C. die menschlichen Tragödien bei
der Katastrophe. D. Ebner: Juvenal. Mensch, Dichter, Gesellschaflskritiker. S.55 bis
60. Der Aufsatz ist die gekürzte Fassung eines Vortrags vor Hörern aller Fakultäten
in Greifswald. - R. Gründel, Wünschen wir uns so die Popularisierung der Alter-
tumskunde? S. 61-63. G. nimmt Anstoß an der journalistischen Aufmachung mancher
Berichte über Funde aus der Antike. Er vermißt dabei den Hinweis auf die wissen-
schaftliche Arbeit, die zur Erschließung der Denkmäler führt. „Es gehört wohl mit
zu den Erfordernissen der sozialistischen Kulturrevolution, daß man den Bürgern des
sozialistischen Staates die verschiedenen Formen der Wissenschaft in geeigneter Weise
bekanntmacht.“!?
Das Altertum 10 (1964), Heft 2
R. Clauss: Afrikanische Probleme der alten Erdkunde. S. 67-75. Das Interesse der
Antike konzentrierte sich auf den Nil, seinen Ursprung und das Phänomen der Nil-
schwelle, die Erkundung der Küsten und die Ermittlung der Größe und Gestalt des
Kontinents. - A. Mauersberger: Der historische Aspekt des Polybios. S. 75-89. Für
Polybios’ Darstellung von Roms Aufstieg zur Weltherrschaft ist ein Aspekt von
grundlegender Bedeutung, den M. „teleologische Konvergenz“ nennt. Roms Herr-
schaft ist das „Ergebnis einer immanenten Zielstrebigkeit der Geschichte“. Die Tyche
ist dabei nichts anderes als das „Walten der Geschichte“. Das Einzelereignis gewinnt
erst unter universalhistorischem Gesichtspunkt seinen Stellenwert. Konstitutive
Aspekte der polybianischen Geschichtsschreibung sind: Aufzeigen der Ursachen, Dar-
stellen des Verlaufs, der Begleiterscheinungen, der Folgen und die Bewertung des Er-
reichten. Nur die Wahrheit kann den Zweck der Historiographie, das xphatuov si-
chern. Er liegt in der „didaktischen bzw. diorthotischen Wirksamkeit der Geschichte“.
Lob und Tadel sind mit der Geschichte eng verbunden. Nach Polybios’ protreptischer
Konzeption muß das Lob im Einklang mit der Wahrheit im Vordergrund stehen.
Wahrheitsgemäße Berichterstattung ermöglicht auch die Prognose. Mit diesem Pro-
gramm tritt Polybios in Gegensatz zur rhetorischen und zur tragischen Geschichts-
schreibung, in der die Tyche unerwartet ins Geschehen eingreift. Er hat bei seiner
Untersuchung der Ursachen für die Größe Roms die „strukturelle Ordnung der poli-
tischen Lebensformen“ und darüber hinaus die Menschen, die sie geschaffen haben,
in den Blickpunkt gestellt. Mit seiner „teleologischen Konvergenz“ riickt er dabei in
die Nähe des Glaubens der Augusteer an das Fatum. - I. Wille: Catulls Gedicht 76
als Spiegelbild seines Liebeserlebnisses und seiner Liebesdichtung. S. 89-95. c. 76 ist
im ersten Teil (1-16) bestimmt von Selbstbeherrschung und Entschlossenheit, die
Liebe zu überwinden. Im Kontrast dazu bricht im Götteranruf des zweiten Teils
(17—26) ein starkes, leidenschaftliches Gefühl durch. In diesem Gedicht sind wieder
zwei Charakteristika catullischen Dichtens vereint, die Bedeutung des Formalen und
das gestaltete persönliche Erleben. Das letztere ist Catulls eigener Beitrag zur römi-
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