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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 23.1980

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Nr. 4
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Röttger, Gerhard: Griechisch und Latein für ältere Lernanfänger
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https://doi.org/10.11588/diglit.33077#0076

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Sprache ist der zusätzliche Gewinn, den der Lernende durch die Beschäftigung
mit altsprachlichen Texten erwirbt.
Angesichts weitgehender Gleichgültigkeit, oftmals sogar Abneigung gegen
Fremdsprachen ist es wichtig, den Lernanfänger mit den Inhalten, die wir in
den altsprachlichen Texten zu bieten haben, zu locken, anstatt ihn durch über-
triebene Lautregeln abzuschrecken. Wie der Schulanfänger nicht mehr ,auf, ab,
auf, Pünktchen darauf malt, so kann der ältere Lernanfänger, ausgehend von
ihm längst bekannten Fremdwörtern die Originale der fremden Sprache entge-
gennehmen und an ihnen bereits erste Einsichten gewinnen. Sprachliche Syste-
matik ist in den Richtlinien der Länder kein Lernziel mehr, und Werner Jäkel
hatte recht mit seiner Feststellung, daß sie überhaupt nicht am Anfang, sondern
am Ende des Lernprozesses stehen sollte (Meth. S. 22. 59). Sie ist keine Hilfe
für den Anfänger, und es ist widersinnig, daß ein junger Referendar nach abge-
schlossenem Studium Einzelheiten der Laut- und Formenlehre für den Anfangs-
unterricht neu lernen soll, die er seither nicht benötigt hat. Eine Formentabelle
zeigt dem Anfänger an, wie das einzelne Wort und seine Form einzuordnen sind,
und er beobachtet, welche Ausdrucksmittel ihm laufend begegnen und welche
seltener Vorkommen. Eine gleichmäßige Intensität des Lernens wäre vergebens
aufgewandte Mühe. Natürlich erwarten wir, daß eine Stammformenreihe wie
öpaoj, Ö\popcu, eißov, ecbpana, cI3<pfrqv gelernt wird, ebenso wichtig ist jedoch
die weitere Kenntnis von Üppa, bpdd\pö<;, cnpiq sowie von 018a, da diese Wörter
etymologisch miteinander verwandt sind. Nicht ausreichend ist jedoch die ein-
seitige Gleichsetzung mit ,sehen1. Wenn Platon den Sokrates sagen läßt (apol.
22D) eouia yow tovtou ye apucpcp twi avT<p toütco ao^cbrepoc elvcu,'ön,äpfi
ot5a’ot)5e oi'opcu eißevai, so wäre als Wiedergabe zu erarbeiten: Ich habe nun
wohl das Ansehen gewonnen, im Vergleich zu ihm um ein kleines bißchen eben
in dem Punkte klüger zu sein, daß ich (auf den Gebieten), auf denen ich keine
Kenntnisse erworben habe, auch nicht meine, sie zu besitzen. Oder wenn Philon
(De Abrahamo 72) schildert cäipdrj 6e ö deoq rep ’Aßpaäp, dann ergäbe sich als
Übersetzung: Bewußt wurde der Gott dem Abraham. Geschildert wird mit dem
griechischen Prädikat ein Vorgang, jedoch wird dieser nicht von Abraham
veranlaßt, und es handelt sich also nicht um einen dativus auctoris. Diese Be-
zeichnung ist auch nur entstanden zur Rechtfertigung einer Übersetzung .wurde
von Abraham gesehen4; diese entspricht nicht der Redeabsicht des Autors. Nur
diese aber ist herauszuarbeiten. Wenn Plato (Laches 109A) den Lysimachos er-
klären läßt: ffjuib ovv tovtojv SeSoKrcu impeXpßfjucu, 7rcö? äv depanevfävres
yevouno äpioroi — Bei uns hat sich die Meinung gebildet, uns (derer) unserer
Söhne anzunehmen, wie behandelt sie wohl beste werden könnten / durch wel-
che Behandlung sie sich wohl am besten entwickeln könnten / damit sie sich
durch eine Erziehung bestens entwickeln. Hier folgen zwei mit dem -d-Infix
gebildete Aoristformen aufeinander, und zwar vom Verhaltensverb ämpeXeloßcu
und vom Handlungsverb depanebeiv. Wie ßovXecrdai, rropeveodcu u. a. hat auch
£mpe\ridfivcu nichts mit Passiv zu tun. Würde man das Paradigma der griechischen
Verben nicht auf naißeveiv aufbauen,hätten sich Bezeichnungen wie .Deponens

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