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Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 23.1980

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Nr. 2
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Zur Diskussion gestellt
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Fuhrmann, Manfred: Allgemeinbildung - Staatsethos - Alte Sprachen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33077#0031

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Zur Diskussion gestellt
Wir beginnen in diesem Heft mit dem Abdruck eines Aufsatzes, den der Her-
ausgeber und die Redakteure wegen seines Charakters als „Grundsatzreferat“
für besonders informativ und anregend halten. Zur Auseinandersetzung lädt
nicht nur der Textteil ein (in diesem Heft), sondern auch die negativen und
positiven Beispiele aus lateinischen Lehrbüchern, die der Verfasser ausgewählt
und kommentiert hat und die seine im Textteil entwickelten Thesen illustrieren
und verdeutlichen; ihr Abdruck folgt im nächsten Heft.
Wir würden uns freuen, wenn die Rubrik Zur Diskussion gestellt nicht eine
schöne Floskel bleiben, sondern möglichst viele und vielfältige Reaktionen bei
unseren Lesern auslösen würde. -
Herrn Prof. Dr. Fuhrmann danken wir sehr für die freundliche Nachdruck-
erlaubnis aus: IMPULSE 2, Herausg.: Kultusministerium Rheinland-Pfalz,
6500 Mainz, Mittlere Bleiche 61; Redaktion: Arbeitsstelle für Lehrplanentwick-
lung und -koordination des Landes Rheinland-Pfalz, Dr. Wolfgang Bietz, ebenso
dem Mainzer Kultusministerium als dem Herausgeber der Erstveröffentlichung.

Manfred Fuhrmann: Allgemeinbildung - Staatsethos - Alte Sprachen
1. Was Allgemeinbildung sei, läßt sich heutzutage schwer bestimmen. Allge-
meinbildung setzt einen Bildungskanon voraus, d. h. einen inhaltlich fixierten
Standard von Wissen und Einsichten, der zumindest für eine maßgebliche Ge-
sellschaftsschicht als verbindlich erachtet wird. Ein derartiger Kanon ist zur
Zeit nicht vorhanden oder jedenfalls nicht so deutlich greifbar, wie er es z. B.
noch zu Beginn unseres Jahrhunderts gewesen ist.
Immerhin kann man behaupten, daß es sich bei der Allgemeinbildung um
ein Gefüge von Kenntnissen, Einsichten und Fähigkeiten handele, das keine spe-
ziellen beruflichen Qualifikationen verschaffen soll. Dieses Gefüge muß wohl
vor allem in den Bereichen gesucht werden, in denen nicht Naturgesetze, Expe-
rimente oder Statistiken festlegen, was als wahr zu gelten hat, in denen man
sich vielmehr je und je über das Wahre und Richtige verständigen muß: in den
Bereichen
— des Ästhetischen,
— des Individualethischen und Kategorial-Menschlichen,
— des Sozialethischen und Politischen.
Zumal in diesen Bereichen vollzieht sich alle Kommunikation, die über die
Schranken des beruflichen und außerberuflichen Alltags hinausreicht; sie sind
daher in besonderem Maße auf ein differenziertes sprachliches Ausdrucksvermö-
gen angewiesen.
Diese Andeutungen wollen lediglich die Richtung bezeichnen, in der der
Mensch — als Individuum und als soziales Wesen — innerhalb eines nicht mehr

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