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Fößel, Amalie; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Königin im mittelalterlichen Reich: Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume — Mittelalter-Forschungen, Band 4: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.26280#0016
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die Möglichkeiten und Grenzen realer politische Herrschaft von Frauen im Mittelal-
ter auf der Basis historisch-kritischer Quellenanalyse aufzuarbeiten. Ein erster Ver-
such wird hier für die Königin vorgelegt.
In methodischer Hinsicht erscheint der begriffsgeschichtliche Zugang Thilo
Vogelsangs und sein Versuch, aus der Häufigkeit der cousors-Bezeichnung in den
Urkunden auf den Grad und die Akzeptanz der politischen Wirksamkeit der Köni-
gin zu schließen, als ein erster Schritt, um das zeitgenössische Verständnis einer Mit-
herrschaft der Königin zu rekonstruieren. Darauf aufbauend kann eine Bewertung
ihrer Stellung im politischen Leben des Mittelalters jedoch nur auf der Basis der
Realisierung der mit dem conscrs-Ideal zu verknüpfenden Inhalte erfolgen. Dies
darf sich nicht darin erschöpfen, die Mitherrschaft der Königin ausschließlich in den
politischen Aktivitäten zu suchen, die sie zusammen mit dem König oder in dessen
Stellvertretung übernahm. Vielmehr ist darüber hinaus zu fragen, ob sich bestimm-
te Aufgabenbereiche erkennen lassen, die der Königin Vorbehalten waren und die
sich gleichsam als ihr »Job« etablieren konnten. Schließlich verbindet sich damit die
in ihrer Tragweite für das Herrschaftsgefüge im mittelalterlichen Reich zentrale Fra-
ge nach dem »institutionellen« Rang der KöniginU
Um Antworten auf diese Fragestellungen zu finden, mußte induktiv vorgegan-
gen werden. Aufgrund der teilweise sehr lückenhaften, sporadischen und zufälli-
gen Informationen sowie der überdies sehr verstreuten und disparaten Quellenlage,
die eine Rekonstruktion der Handlungsweisen in vielfacher Hinsicht erschwert und
gelegentlich unmöglich macht, läßt sich die politische Dimension des »Königinnen-
tums« im Mittelalter nur erfassen, indem exemplarisch unterschiedliche Bereiche
und Formen ihrer Herrschaftsausübung aufgezeigt und in den Kontext eingeordnet
werden.
An den Beginn der Untersuchung sind dabei die den »Status der Königin« be-
stimmenden Faktoren - Krönung, Titel, Dos und Hofstaat - zu stellen, die in ideeller
wie auch faktischer Hinsicht als Voraussetzung für politisches Handeln gelten müs-
sen und die mehr oder weniger alle Königinnen miteinander teilten.
Ein zweites Kapitel beschäftigt sich mit den in der Forschung bislang un-
zulänglich und kontrovers diskutierten »Rahmenbedingungen für die Herrschafts-
ausübung der Königin«. Lediglich sporadisch aufgearbeitet ist dabei das Itinerar
der Königin und die damit verbundene Frage nach ihrer für die Herrschaftsaus-
übung notwendigen Präsenz am Hof. Kontrovers diskutiert wird in der jüngeren
Forschung der Problemkreis der Interventionen und Petitionen in den Königsur-

chungen zur politischen Rolle der Frau in den höfischen Romanen des 12., 13. und 14. Jahrhun-
derts (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 456,1986); Joachim BuMKE, Höfische Kultur. Litera-
tur und Gesellschaft im hohen Mittelalter, 2 Bde. (1986) bes. Bd. 2, S. 484-494; Ursula LiEBERTZ-
GRÜN, Frau und Herrscherin. Zur Sozialisation deutscher Adeliger (1150-1450), in: Bea LuNDT
(Hg.), Auf der Suche nach der Frau im Mittelalter. Fragen, Quellen, Antworten (1991) S.
165-187.
17 Auf die institutionelle Bedeutung der Königin hat verwiesen: Hagen KELLER in der Diskussion
zu seinem Vortrag über »Reichsorganisation, Herrschaftsformen und Gesellschaftsstrukturen
im Regnum Teutonicum«, in: 11 secolo di ferro: Mito e realitä del secolo X (19-25 aprile 1990)
(Settimane di Studia del Centro italiano di studi sull'alto medioevo XXXVIII, 1991) Bd. 1,
S. 159-195, Diskussion S. 197-203, hier S. 202f. - Erste Begründungen dafür gab Franz Reiner Er-
kens. Die Frau als Herrscherin in ottonisch-frühsalischer Zeit, in: Kaiserin Theophanu 2
S. 245-259 sowie DERS., »Sicut Esther regina». Die westfränkische Königin als consors regrn,
Francia 20/1 (1993)S.15-38.

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