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Fößel, Amalie; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Königin im mittelalterlichen Reich: Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume — Mittelalter-Forschungen, Band 4: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.26280#0318
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stände, die zu ihrer Gefangennahme führten, sind dabei ebensowenig klar wie die
politischen Vorstellungen, die Barbara möglicherweise veranlaßt haben könnten,
sich an den polnischen König zu wenden. Die langjährigen engen Beziehungen sind
kaum als hinreichende Erklärung anzusehen. Viel eher ist auf beiden Seiten politi-
sches Kalkül zu vermuten. Dabei sind die Absichten Barbaras weniger deutlich als
diejenigen des jungen Polenkönigs, der sich mit Hilfe der Königin eine Chance auf
den ungarischen Königsthron erhofft haben könnte, zumal der Beliebtheitsgrad
Albrechts II. in Ungarn wie auch in Böhmen ziemlich gering waD°T Unter der
Führung von Ptacek verweigerten die böhmischen Utraquisten Albrecht II. die An-
erkennung und boten 1438 Kasimir, dem jüngeren Bruder Wladislaws III., die
böhmische Krone an^. Solche Ambitionen Wladislaws werden nach dem Tod des
Habsburgers in den Quellen deutlich. Denn er ließ Königin Elisabeth von Ungarn,
der Tochter Barbaras und Witwe Albrechts, ein Heiratsangebot unterbreiten, das
von den ungarischen Magnaten unterstützt wurde. Die Geburt des Ladislaus Postu-
mus im Februar 1440 und das Bestreben Elisabeths, ihrem Sohn die Nachfolge zu si-
chern, vereitelten freilich diese Hoffnungen und führten schließlich zum Krieg^T
Die Frage nach den politischen Plänen der Barbara von Cilli aber ist nach wie
vor offen. Für die These, daß sie die Intention verfolgt habe, »ein selbständiges Kö-
nigreich in Böhmen und Ungarn zu begründen«^, gibt es nur sehr vage Indizien.
Die Andeutungen des Enea Silvio Piccolomini, der Barbara generell negativ dar-
stellt und mit gehässigen Behauptungen über sie keineswegs spart^, sind dafür je-
denfalls nicht ausreichend^. Solchen Plänen widerspricht in gewisser Weise auch
die Tatsache, daß sie die Jahre bis 1441 scheinbar untätig in Polen verbrachte und
nicht entsprechende Initiativen ergrifHA

302 Zur böhmischen Opposition vgl. auch HÖDL, Albrecht II. S. 126-137.
303 CrnLiAN, Barbara von Cilli S. 47f.; SEiBT, in: Handbuch der Geschichte der Böhmischen Länder
S. 540.
304 CrnLiAN, Barbara von Cilli S. 57f.
305 So CmnAN, Barbara von Cilli S. 53.
306 Während CrnLiAN, Barbara von Cilli S. 9, Piccolominis tendenziöser Darstellung zurecht wenig
historische Authentizität zubilligt, hält er S. 53 die von diesem mitgeteilten Verschwörungsplä-
ne für »höchst glaubwürdig«, denen zufolge Barbara und die antihabsburgisch-böhmischen
Utraquisten ein Komplott gebildet hätten.
307 ... Barbara z'zzzpgrafrz'x & rgfz'rzgzzdo z'zzipgrz'o soPz'cPa Hgrzrz'cMzzr PHscorzgzzi, Alscz'ozzgzz! Stgrgzzzbgrgz'Mzzz,
Ggorgz'zzzzz Pogz'gbrapMzzz gf aiz'os pProszyzzg barozzgs, z?Mornzzz HMcfon'fas apzzd Boizgzzios pofz'or, ciazzcHUzzz
ad sg uocaf, Sz'gz'srzzMzzdMzzz brguz zzzorztzirzzzzz assgrz'h/Mhzras zu rggzio Pzrbas, zzz'sz rgz szzag z^zzazz! cgigrrz'zzzg
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zzg gf zu Hzzzigarz'a gf za Bobgzzzz'a oppz'da zaaaz'fz'ssz'zaa casiodz'rz; cozaz'fgs Cz'Pag, aPgrzzzzz Jr^Pezzz, aPgrzzzzz
zzgpofgzzz aaxdz'a pragbz'fzzros, zzzzzPos z'a Haagarz'a procgrgs saas parfz's cozapPxazns. Placgf Bobgzzzz's z'zzzpg-
rafrz'cz's coasz'Paza daPsz^zzg dgxfn'sybgdas z'agaaf, Enea Silvio, Historia Bohemica, ed. Dana MARTiN-
KOVÄ, Alena HADRAVOVÄ, Jiri MATL (Fontes rerum Regni Bohemiae 1, 1998) c. LIII S. 174. Den
hier angesprochenen Eheplan zwischen der 45jährigen Barbara und dem 13jährigen Polenkönig
hält CrnLiAN, Barbara von Cilli S. 59 für nicht glaubhaft. - In seiner Biographiensammlung »De
viris illustribus« erwähnt Piccolomini in seinem Abschnitt Dg Barbara z'zzzpgrafrz'cg davon nichts
mehr, ed. Adrianus van HECK (Studi e testi 341,1991) S. 91.
308 Die Frage nach den politischen Ambitionen läßt sich weiterhin nur im Rahmen einer genaueren
Untersuchung zum politischen Handlungsspielraum der Barbara von Cilli unter Einbeziehung
der komplizierten machtpolitischen Interessen in Osteuropa klären. - Eine Neubewertung der
»politischen Perspektiven Barbaras« ist auch von HEiMANN, Herrscherfamilie und Herr-
schaftspraxis S. 56f. angemahnt worden.

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