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Fößel, Amalie; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Königin im mittelalterlichen Reich: Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume — Mittelalter-Forschungen, Band 4: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.26280#0392
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Die politischen Handlungsspielräume dieser ungarischen, römischen und
böhmischen Königin scheinen in gewisser Weise der Stellung der Königin im hohen
Mittelalter zu ähneln. Trotz aller Unterschiede, die aus einem völlig veränderten
Reichsganzen, seiner Strukturen und Machtzentren resultierten und dem Königtum
eine andere Kompetenz abverlangten, erweisen sich Barbara und Sigmund als ein
Herrscherpaar, das über persönliche Schwierigkeiten und Probleme hinweg^ nicht
nur gelegentlich, sondern kontinuierlich als »Arbeitsteam« funktionierte und herr-
scherliche Aufgaben aufzuteilen wußte. In dieser Kontinuität einer gemeinsamen
Regierung liegt wohl die Bedeutung dieses Königspaares und der Stellung Barbaras
als Königin im Vergleich mit ihren spätmittelalterlichen Vorgängerinnen und Nach-
folgerinnen. Dabei handelte es sich jedoch nicht um eine paritätische Aufteilung der
Herrschaft, denn Sigmund überließ seiner Gattin keine der politisch und diploma-
tisch brisanten Verhandlungen und Entscheidungen, die er selbst in der Hand be-
hielt und sie allenfalls mit ihrer Unterstützung zu bewerkstelligen suchte.
Insgesamt ist jedoch nicht zu übersehen, daß vor allem zwei wichtige Faktoren
zusammentrafen und diese Situation eines herrscherlichen cowsorÜMm im späten
Mittelalter bedingten: das Interesse Barbaras an Politik und Wirtschaft und ihre
Durchsetzungskraft sowie das in sie gesetzte Vertrauen Sigmunds und der Fürsten,
die ihr diesen Handlungsspielraum zubilligten.
Eine derartige Stellung ist für die Königinnen im spätmittelalterlichen Reich
ansonsten nicht erkennbar. Auch die Fandesherrschaft der Margarete von Henne-
gau ist damit kaum vergleichbar, da hier Erbrecht und Kirchenbann über Fudwig
den Bayern eine besondere Ausgangslage geschaffen haben. Zudem besitzen die
politischen Ambitionen Margaretes als Gräfin in Hennegau eine ungleich größere
Aussagekraft für die in vielen Rändern Europas anzutreffende Herrschaft einer Für-
stin als über die politische Stellung der Königin im Reich.

325 Zum persönlichen Umgang des Herrscherpaares vgl. zuletzt HoENsen, Kaiser Sigismund
S.495-499.

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